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OSTTIROLER

NUMMER 8-9/2015

3

HEIMATBLÄTTER

waren vom Umgeld befreit! Der Bescheid

aus Salzburg muss negativ gewesen sein,

denn 1681 und 1685 versuchte es Perger

erneut. Die abschlägige Antwort kam im

November 1685. Dazu beigetragen hat

sicher die Aussage des Wirtes in der Rau-

riß, der berichtete nämlich, dass er weder

Wein noch Branntwein ausschenke, son-

dern nur Milch und Wasser.

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Das Gebäude der Gastschwaige

1547 werden Rauchkuchl, Kuchlstube

und Unterkünfte für die Knechte erwähnt;

1630 sechs Gastbetten, Kuchl und Kuchl-

stube. Die Neuerrichtung der Gastschwaige

lässt sich durch folgenden Schriftverkehr

auf Mitte des 18. Jahrhunderts eingrenzen.

1739 ersuchte Stephan Perger in Salzburg

um einen Zuschuss zum Neubau an. Er

schrieb, dass die Wirtstafern baufällig sei

und es an Räumlichkeiten fehle, in denen

hochgestellte Persönlichkeiten oder Kranke

separat – also nicht zusammen mit dem ge-

meinen Volk – untergebracht werden kön-

nen. Die Baukosten schätzte er auf 600

Gulden – viel zu viel für ihn – und er bat

deshalb „

fuessfahlend

“ um eine Beihilfe.

Diese sah folgendermaßen aus: Getreide

imWert von 60 Gulden für die Verpflegung

der Handwerker und für drei Jahre Befrei-

ung vom Umgeld.

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1761 erwähnt Perger

die neue Behausung.

Die Wirte der Gastschwaige

unterm Tauern

Urbare, Kataster, Verfachbücher des Ge-

richtes Windisch-Matrei und Kirchen-

bücher

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im Tiroler Landesarchiv sowie

Quellen im Archiv der Erzdiözese Salz-

burg lieferten die Grundlagen für die fol-

gende Geschichte der Gastschwaige und

der Familien Teisl/Perger, die fast drei-

hundert Jahre dort Wirte waren.

Obwohl die Gastschwaige unterem Tau-

ern Freistiftgut

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war, übernahmen nach

Jakob Teisl viele Generationen dieser

Familie die Gastschwaige. Die Salzburger

Fürsterzbischöfe müssen demnach mit den

Leistungen der Wirte zufrieden gewesen

sein, sonst wären diese bei der jährlichen

„Stift“ wohl durchgefallen.

Die Gastschwaige wurde wahrscheinlich

schon um 1390 nur mehr im Sommer oder

während warmer, schneearmer Winter be-

wirtschaftet. Der Salzburger Fürsterzbischof

Pilgrim kaufte nämlich am 19. April 1390

u. a. das Gut Kaltenhaus in Windisch-

Matrei

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, das die Wirte der Gastschwaige

im Winter bewohnten. Gastschwaige und

mals als Wirt erwähnt. Um 1556/57 starb

Sigmund und hinterließ seine Frau Ursula

mit sieben Kindern.

1557 wurde der Bruder des Sigmund,

Wolfgang Teisl, zu einer Hälfte, die un-

mündigen Kinder des Sigmund bzw. deren

Gerhaben

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zur anderen Hälfte ins Urbar

eingetragen. Ursula und Wolfgang bewirt-

schafteten die Gastschwaige vermutlich

mehr schlecht als recht, denn die Gerhaben

der Kinder beklagten bei Gericht, dass die

neuen Wirte das Haus verwahrlosen ließen.

Es wurde daher in Erwägung gezogen, der

Witwe die Wirtschaft zu entziehen und an-

deren Familienmitgliedern zu übergeben.

Ursula sollte binnen vier Wochen entschei-

den, ob sie bleiben oder gehen wollte; sie

entschied, gemeinsam mit Wolfgang die

Wirtschaft weiterzuführen. Das Gericht war

einverstanden und übergab ihnen „Grund

und Boden“ für ein Jahr.

Wolfgang heiratete 1559 Lucia Lantaler

und brachte damit eine zweite Wirtin in die

Gastschwaige. Lucia war die Tochter des

Kaltenhaus waren

bis 1700 untrennbar

mitein-ander verbun-

den. Die Wirte der

Gastschwaige wur-

den als Bewohner

des Gutes Kalten-

haus auch „Kalten-

hauser“ genannt.

Aus den Pfarr-matri-

keln ist jedoch der

Familienname des

Jakob „Kaltenhau-

ser“ bekannt: Seine

Nachkommen wer-

den „Teisl“ genannt;

sie wurden als Kin-

der des Jakob

„sub

turone“

eingeschrie-

ben.

1448 saßen Fritz,

Lazarus, Anna und

Hänsl auf dem Gut

Kaltenhaus.

Die Gastschwaige

besaßen Lienhard

Lasather, Fritz Kal-

tenhauser, Lazarus,

Anna und Hänsl.

Der Zins setzte sich,

außer dem „Zins-

pfennig“, vorwie-

gend aus Naturalien

zusammen:

300

Käse, Schafe, Wolle,

Weizen, Roggen und Gerste.

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1530

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bewirtschafteten Ambros, Jakob

und Ruep das Gut Kaltenhaus; Jacob und

Ruep – ohne Ambros – auch die Gast-

schwaige. Zwischen 1448 und 1530 war

der Naturalzins der Gastschwaige reluiert,

d. h. in Geldzins umgewandelt worden.

1547 kam es zu einem für jeden Wirt un-

angenehmen Vorfall in der Gastsschwaige:

einen Diebstahl! Wolfgang Mayr war vom

Lienzer Bürger Hans Amtmann nach Kitz-

bühel geschickt worden, um Geld zu

holen. Am Rückweg musste Mayr in der

Gastschwaige übernachten. Als er am

nächsten Morgen die Zeche bezahlen

wollte, stellte er fest, dass sein Rucksack

leer, das Geld gestohlen worden war. Be-

fragungen der Säumer ergaben nichts,

ebenso hatten spätere Nachforschungen

durch den Pfarrer und Hans Amtmann kei-

nen Erfolg.

Jakob Teisl starb zwischen April und

Oktober 1553. Sigmund Teisl war Nach-

folger seines Vaters; er wurde 1553 erst-

Gäste vor dem Matreier Tauernhaus, Aufnahme vom 19. November 1924.

Foto: unbekannter Fotograf

(TAP – Sammlung Stadtgemeinde Lienz)

Einträge aus salzburgischen Urbaren der Herrschaft

Windisch-Matrei von 1448: „Item die Erst swaig daselbs

ist genant die gast swaig“ (links) und „It[e]m ain Guet

zu Kaltenhausen“.

Fotos und zur Verfügung gestellt vom Archiv der Erz-

diözese Salzburg (U345a, fol. 5, und U346a, fol. 52‘)