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1898 - Großbrand im Oberdorf
Sept. 2018
1898 - Großbrand imOberdorf
A
m 11. September 1898 um
3 Uhr Nachmittag brach beim
Schneiderbauer in Tristach, Haus Nr.
27, ein Schadenfeuer aus, angefacht
von zwei Kindern, eines vom Brunner
das andere vom Schneider, im Alter
von 3 und 4 Jahren. Da schon eini-
ge Zeit große Trockenheit geherrscht
hatte, griff das Feuer mit rasender
Geschwindigkeit um sich, zumal kei-
ne Hilfe zu erlangen weil Sonntag
war, und die meisten Leute sich in
der Umgebung zerstreut hatten. Nach
wenigen Minuten stand das Haus des
Max Berger, Bucherbauer, in vollen
Flammen. Ebenso ergriff das Feuer
die Gebäude des Brunnerbauern, wel-
cher zwei Wohnhäuser besaß, deren
oberes, der Kirche zu gelegen, früher
das Mesnerhaus hieß und in welchem
1729 auch Feuer ausbrach, das das
ganze Oberdorf und die Kirche ver-
wüstete.
Bevor noch Hilfe ankam, brann-
te schon das Pfarrwidum und dessen
Futterhaus, sowie das östlich an das
Schulhaus angebaute Futterhaus des
Lorenz Oberhuber, Veidlerbauer, Haus
Nr. 19, und das Schulhaus. Nun war
die Kirche zum heiligen Laurentius
nicht mehr zu retten, und sie brann-
te samt dem schönen Kuppelturme
nieder, was noch schrecklicher an-
zusehen war, als das Feuermeer der
brennenden Bauernhäuser. Unterdes-
sen waren Feuerwehren von Leisach,
Amlach, Lienz, Nußdorf, Oberlienz
und mit ihnen viele andere Leute
angekommen und hielten mit über-
menschlicher Anstrengung das Feuer
vom Vorwärtsschreiten ab, so dass die
Häuser beim Wastler, Veidler, Ortner
und Wahler verschont blieben; jedoch
das Futterhaus des Josef Mitterhofer,
Ortner, welches am westlichsten Teil
des Dorfes gegen Amlach stand, wurde
durch das unglaublich starke Flugfeu-
er des Kirchturmes in Brand gesteckt
und wurde trotz aller Anstrengungen
ein Raub der Flammen. Dies alles
geschah in weniger als 2 Stunden,
welche uns aber eine halbe Ewigkeit
schienen. Die Leute schrien, die Kin-
der jammerten, Mütter weinten, Vä-
ter, deren Hab und Gut nun Rauch
und Asche waren, suchten vergebens
ihre Tränen zu verbergen. Obwohl das
Mauerwerk des Kirchturms durch ei-
nen Estrich gegen das Holzwerk ab-
geschlossen war, fing der vor wenigen
Jahren vom Glockenstuhlbauer Anton
Klara von Enneberg hergestellte Glo-
ckenstuhl dennoch Feuer und es war
die größte Gefahr, daß die Glocken
schmolzen, so wie das Sterbeglöcklein
in der Kuppel schon geschmolzen war.
Da wagten einige Oberlienzer Bauern,
voraus ein Zimmermann, ihr Leben,
stiegen mittels Leitern auf den bren-
nenden Kirchturm und retteten un-
ser schönes Geläut, welches im Jahr
1874 Josef Graßmair in Wilten, Inns-
bruck gegossen hatte. Bislang hatte
der Wind eine südöstliche – nordwest-
liche Richtung. Plötzlich drehte er
sich und gegen Osten, so daß durch
das heftige Flugfeuer die Egarte in
größte Gefahr kam. Weil jedoch aus
allen Dörfern der Umgebung sehr viele
Leute herbeigekommen waren und die
allmeisten tapfer zugriffen, so blieb
das Feuer auf seinen Herd beschränkt.
Das Elend war sehr groß. Mit Aus-
nahme des hochwürdigen Hr. Pfarrers
Johann Kircher, welcher von seiner
Hauseinrichtung nicht viel zu beklagen
hatte, konnten die Abbrändler fast gar
nichts retten. Beim Bucher verbrannte
ein Schwein und beim Schneider ein
Kalb. Diese zwei Bauern waren mit ih-
rer Mobilität nicht versichert, sondern
nur mit den Häusern.
Vor 120 Jahren brannte Tristach
Vor vielen Jahren wurde bei Renovierungsarbeiten an der Tristacher Kirche in der Turmkugel ein Bericht
vom Tristacher Lehrer Johann Oberhuber vom 18. August 1899 gefunden in dem vom Brand 1898
erzählt wird. Hier ein Auszug davon:
Katasterplan Ausschnitt 1859 - Im weißen Oval das Oberdorf