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Die Sonnseiten

Nummer 59 - Mai 2018

Nachrufe

„Zu Ostern kimm i wieder“...

welch‘ bedeutungsschwere Worte

„Zu Ostern kimm i wieda!“

sagte der „Wertl Hansl“ noch

so manchen Freunden in der

Woche vom 03. bis 10. März,

als er einige seiner Kunden

hier in Gaimberg und auf

dem Zettersfeld verwöhnte.

So wie er es in den vergange-

nen Jahrzehnten immer wie-

der getan hatte. Dass dieses

Wiedersehen ein „Leb wohl“

werden würde, war für uns

alle einfach nur ein unsägli-

cher Schock.

Auf der Rückfahrt in die Nie-

derlande lähmten ihn Schüt-

telfrost und Fieber als Folge

einer Hirnhautentzündung.

Nach einem zweiwöchigen

Aufenthalt im Krankenhaus

verstarb er am 24. März 2018

in Amsterdam.

Mag. Wolfgang Schneeber-

ger

, der im Kreis um Bgm.

Bernhard Webhofer und Ge-

schäftsführer Wolfgang Han-

ser auch die Begräbnisfeier-

lichkeiten am Osterdienstag,

3. April mitorganisierte, gab

einen berührenden Rückblick

auf das Leben des so plötzlich

verstorbenen Unternehmers

und Inhabers des „Holunder-

hofes“.

„Johann Oberegger wurde

am 17. August 1950 in Lienz

geboren. Von allen liebevoll

„Hansl“ genannt, wuchs er in

bescheidenen Verhältnissen

inmitten von Hennen, einem

Hahn und Ziegen - typisch

für einen Kleinhäusler, wie

es sie in der Nachkriegszeit

zahlreich gegeben hat, bei

seinen Eltern Engelbert - des-

halb nennt man ihn auch den

Wertl-Hansl - und There-

sia, der er laut ihrer Aussage

ähnlich war - und Schwester

Margaretha auf. Von seinen

Mitschülern, mit denen er die

achtklassige Volksschule be-

suchte, wurde er als ruhiger,

fast stoischer Bub beschrie-

ben.

Eines suchte er aber damals

schon: die Freiheit! Und so

kam es, dass er sich im drit-

ten Lehrjahr - er war gerade

in der Kochausbildung im Li-

enzer „Hotel Post“ - eine län-

gere Auszeit nahm. Die 68er

Bewegung hat auch ihn mit-

gerissen: mit seinen langen

Haaren, Glockenhose, Le-

derjacke und der für ihn da-

mals typischen roten Kappe

machte er sich auf den Weg.

Er trampte, sich mit Gelegen-

heitsjobs über Wasser haltend

mehrere Monate über Mün-

chen bis nach Spanien. Ein

Trip, der in ihm einen star-

ken Wandel bewirkte: weg

von der „Manana“-Mentalität

zum Wunsch, etwas Größeres

zu schaffen. Daher musste

als erstes der Abschluss der

Kochlehre her. Also stoppte

er 1969 wieder nach Hause.

(Vom Eiberg bei Kufstein weg

chauffierte ihn unser ehe-

maliger Bürgermeister Bartl

Klaunzer, der damals als

Kraftfahrer der Fa. Drexl im

Zementtransport beschäftigt

war.)

Hansl beendete seine Lehre

im Glocknerhof und machte

sich auf seinen neuen Lebens-

weg. Er arbeitete mehrere

Jahre als Koch in Deutsch-

land und Österreich und lan-

dete schließlich in einem Ho-

tel in Saalbach-Hinterglemm.

Er lernte 1972 seine Carin

kennen, die dort gemeinsam

mit Freunden einen Schiur-

laub genoss. Ihr imponierte

der fesche Koch und so lud

sie ihn ein, sie in Amsterdam

zu besuchen. Beim Besuch

blieb es freilich nicht: sie ver-

liebten sich und Hansl war ab

dann als Koch in Amsterdam

tätig.

Die Gesellschaft war dort of-

fener als er sie aus Osttirol

kannte. Die Holländer ernähr-

ten sich anders und darin sah

er eine Marktlücke. So stu-

dierte er als Nichtholländer

zunächst deren Lebens- und

Essgewohnheiten. Während

der Arbeitswoche verbrachte

er seine Freizeit damit, Ma-

yonnaisesalate mit Fisch, Ge-

müse und Meeresfrüchten zu

kreieren. Viel von dem Geld,

das er in den vier Jahren als

Koch in Amsterdam verdient

hatte, steckte er in diese Ex-

perimente. Carin unterstütze

ihn dabei sehr. Die Herstel-

lung erfolgte auf einer klei-

nen Produktionsfläche von 35

m² in einer alten, gemieteten

Metzgerei in Amsterdam.

Hansl stellte seine kulina-

rischen Schöpfungen selbst

den Imbissstuben und Ge-

schäften zu. 12-Stunden-Tage

waren damals die Regel. Die

Unruhe stieg: er wollte selbst-

ständig werden.

Zuvor heirateten Carin und

Hansl aber noch - am 20. Fe-

bruar 1974. Der berufliche

Wandel war ab da nicht mehr

aufzuhalten. Ungebremstes

Aufwärtsstreben und steigen-

der Absatz machten bald den

Umzug in ein größeres Ge-

schäftslokal erforderlich und

so gründete er 1976 die Firma

„Hansel Salades en Sauzen“

und wurde endgültig selbst-

ständig. 1979 bereicherte die

Geburt von Roberto die junge

Familie. Schon damals zog es

Hansl wieder in seine Heimat.

Die ersten Urlaube im Hotel

Stocker in Gaimberg sollten

auch seiner Familie Osttirol

näher bringen. Und seine Fa-

milie, die für ihn immer im

Vordergrund stand, fand viele

Freunde hier.

Zurück in Holland hieß es

wieder: arbeiten, arbeiten,

arbeiten. Um 06:00 Uhr am

Morgen begann er seinen

Arbeitstag, um 20:00 Uhr be-

endete er ihn. Mit viel Fleiß,

Ausdauer,

Zielstrebigkeit,

und einer gewissen Bauern-

schläue schaffte er es: 1984,

im Alter von 34 Jahren konn-

te er mit seinem Ersparten

und hohen Darlehen eine ei-

gene Fabrik in Zaandam nahe

Amsterdam bauen. Auch der-

zeit wird dieser Standort zum

wiederholten Mal erweitert,

da die Produktionskapazi-

tät wieder nicht mehr reicht.

„Wertl Hansl“ am 08. März 2018 noch in bester Laune am

Zettersfeld.

Foto: Peter Unterweger