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titscher Bauern beklagten

, dass

trotz der allgemeinen Notlage,

wonach jedes kleinste Feld zu

beackern wäre, seit drei Jahren

staatlich

konfiszierte Feldflächen

,

die inzwischen vom Militär nicht

mehr benötigt wurden, nicht land-

wirtschaftlich genutzt werden

durften und

brach liegen

bleiben

mussten. Mit dem Ernteertrag

jedes Quadratmeter Ackers wäre

die Hungersnot verbessert wor-

den.

Nach dem erfolgreichen

Vor-

marsch

der ver bündeten Tr up-

pen im November 1917 bis zur

Piave hoffte man vergebens auf

ein

baldiges

für Österreich

sieg-

reiches Kriegsende

. Über r a-

schend schnell und mit Hilfe der

Entente (Frankreich und Eng-

land) konnte sich das geschlagene

italienische Heer westlich der Pi-

ave

reorganisieren

und mit dem

Eintritt der USA

in das Kr iegs-

geschehen im Dezember 1917

war

kein Ende

der Kampfhand-

lungen abzusehen.

Tatsächlich war auch das österrei-

chische Heer

völlig erschöpft

und

nachdem die bei der siegreichen

Isonzoschlacht erbeuteten

Kriegs-

güter

aufgebr aucht waren, fehl-

te es an

beinahe allem

. Zu Aus-

rüstungs-, Proviant- und Kriegs-

geräte-Mangel kamen

Hunger

,

Kampfmüdigkeit, Demoralisie-

rung und bereits Meuterei mit De-

sertation fremdsprachiger Trup-

Krieg abgeliefert werden und in

Hollbruck wurde am 22. Juni

1918 noch die

2. Kirchenglocke

eingezogen, nachdem die große

Glocke bereits im August 1917

abgeholt wurde.

Die im Frontabschnitt 10/c noch

verbliebenen Militäreinheiten

und

Kriegsgefangenen

wurden

unter dem in Kartitsch stationier-

ten Rücklass-Kommando mit

Frontrückbaumaßnahmen

be-

traut, etwa Abtragung von Seil-

bahnen und Militärgebäuden im

Tal und ab Frühjahr an der Ge-

birgsfront, Räumung von Lager-

plätzen und Rücktransport von

Kriegsgut. Ebenso oblag ihnen

die

Überwachung

der verbliebe-

nen Militäreinrichtungen und -

Lager einschließlich der

Stallun-

gen

in Tassenbach und des

Fas-

sungslagers

in Panzendor f.

Ludwig Wiedemayr

pen.

Das inzwischen stark dezimierte

Standschützenbataillon Sillian

,

in dem auch die Kartitscher

Standschützen dienten, wurde ab

16. Jänner 1918 vom Cadore an

die

italienische Kriegsfront

ver-

legt, Folgaria, Passubio-Front,

Borcola, Monte Mayo, wo es bis

zum bitteren

Kriegsende

in Ein-

satz war.

Aber auch daheim ging trotz Not

und Entbehrung das

Kriegsge-

schehen weiter

. Bei der Muste-

rung der

17-Jährigen

im J änner

1918 war von den

sechs

Kartit-

scher Burschen nur

einer

tauglich,

ungebrochen blieb der Patriotis-

mus und groß die

Enttäuschung

der Untauglichen, dem Vaterland

nicht dienen zu dürfen. Im April

mussten von der Kartitscher

Pfarrkirche noch

Orgelpfeifen

und

Messing

-Sakralgeräte für den

Zwischenpark Monegge

Foto TAP

Historisches

Die Blattern- und

Typhus-Epidemie

Neben Unglücksfällen sowie

Brand- und Naturkatastrophen

wurden die Bewohner der Kar-

titsch-Tilliachertales seit Beginn

der Besiedlung immer wieder

auch von Krankheiten und Epide-

mien heimgesucht. War im Mit-

telalter weitum die Pest verbrei-

tet, so zählt die Blattern- und Ty-

phus-Epidemie von 1873 in Tilli-

ach und Kartitsch zu den bekann-

testen der neueren Geschichte.

Blattern - auch Pocken (lateinisch

Variola) trat in verschiedenen

Formen auf. Schwere Hauterkran-

kung mit hohem Fieber, Rachen-

katarrh, Ausschlag und Entzün-

dung mit eitrigen Blasen. Beson-

ders gefährdet waren Kinder, aber

auch bei Erwachsenen konnte die

Krankheit tödlich enden. Es gab

kein bekanntes Heilmittel, bis zur

Vorbeugung

Schutzimpfungen

eingeführt wurden. Seit 1980 gilt

die Krankheit weltweit als ausge-

rottet.