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Abgesehen davon, dass in den
letzten Jahren hie und da ein
Braunbär sich von den Karawan-
ken in unsere Gegend verirrt hat,
ist der Meister Petz bei uns aus-
gerottet. Nicht wenige ehemalige
Bärenfallen und auch Flurnamen
erinnern daran, dass er auch unse-
re Wälder durchstreift hat und zur
Jagdbeute zählte. 1962 war im
Ost. Bote nachstehender Bericht
von „der letzten Bärenjagd in der
Sillianer Gegend“ von Peter Lei-
ter zu lesen, wonach dieser im
Hollbrucker Tal erlegt worden
sei:
Es war um das Jahr 1840 im
Spätherbst an einem Sonntag-
nachmittag. Wie üblich gingen
die Erwachsenen zur nachmittägi-
gen Andacht in die Kirche. Da-
runter waren auch die Eltern und
Dienstboten des Asthofes. Die
sieben Kinder, im Alter von 3 -
12 Jahren, wurden daheim in der
Stube eingesperrt.
Während die Kinder nun in der
Stube vergnügt spielten, schaute
plötzlich ein großer, zottiger Bär
beim Stubenfenster herein. Die
Kinder erschraken heftig und
flüchteten alle auf den Stuben-
ofen. Der Bär ging aber nicht
vom Stubenfenster weg, sondern
schaute stur auf die furchtsam
versammelte Schar auf dem Ofen.
Da der Bär nicht hereinzubrechen
versuchte, erholten sich die Kin-
der bald vom ersten Schreck. Der
12-jährige Bub bekam Mut. Er
nahm ein Brett aus dem Ofenge-
länder, ging zum Fenster und
drohte dem zottigen Gesellen mit
dem Ofenbrett. Darauf verließ der
Bär das Fenster, ging aber dann
zum Hoftor und versuchte, dort
einzubrechen. Als ihm das nicht
gelang, kehrte er wieder zum Stu-
benfenster zurück. Wieder nahm
der älteste Bub das Brett und
drohte dem Bär. Diesmal aber
ließ sich das Tier nicht mehr so
schnell abschrecken, sondern
schaute sich ruhig die Lage in der
Stube an. Die Stubenfenster wa-
ren mit Eisenstäben in den Fens-
terstöcken gesichert, sodass ein
Eindringen des Bären durch die
Fenster unmöglich war. Nach ei-
ner Weile entfernte sich der Bär
wieder und versuchte es noch ein-
mal beim Hoftor. Doch dieses
war fest verriegelt und hielt dem
Kratzen und Poltern des Bären
stand. Nun trottete Meister Petz -
ohne Beute - wieder dem Walde
zu.
Als die Leute von der Kirche
nach Hause kamen, erzählten die
Kinder, was sich zugetragen hat-
te. Noch am selben Abend wur-
den die Jäger von Sillian und
Umgebung von dem Vorfall in-
formiert. Die Jäger versammelten
sich in derselben Nacht und be-
schlossen für den nächsten Tag
eine große Treibjagd.
Es war Montagfrüh. In der Nacht
hatte es - so wird erzählt - ein
„Schuichschneabl“
(schuhtief
Schnee) gemacht. Dies war für
die Jäger ein großer Vorteil. Bald
kamen sie auf die Spur des Bären
und konnten auch sein Versteck
am so genannten Schölmberg
ausfindig machen. Der Schölm-
berg liegt etwa eine gute Geh-
stunde von Sillian an der Schatt-
seite. Nun teilten sich die Jäger in
zwei Gruppen, in die Treiber und
Aufpasser. Letztere wurden vom
Jagdführer so aufgestellt, wie sie
nach Meinung aller Jäger am bes-
ten zu Schuß kommen konnten.
Den „Schneider Niggl“ von Holl-
bruck, der bei den Jägern als ein
etwas feiger Schütze bekannt war,
stellten sie an einen Ort, wo sich
die Jäger sagten, hier kommt der
Bär ja doch nicht vorbei, für alle
Fälle sollte aber auch diese Stelle
besetzt sein. Nun begannen die
Treiber Lärm zu machen. Es dau-
erte auch nicht lange und der Bär
flüchtete aus seinem Versteck. Er
lief zwar in die Richtung der Auf-
passer, jedoch nicht dorthin, wo
die tapfersten standen, sondern
gerade zum Standplatz des
Schneider Niggl hin. Dieser be-
gann zu zittern wie Espenlaub. Er
getraute sich keinen Muckser zu
tun und schon gar nicht zu schie-
ßen. Der Bär lief beim Schneider
Niggl vorbei und entkam so den
Jägern. Da schon später Nachmit-
tag war, mussten die Jäger ohne
Erfolg nach Hause gehen. Den
armen Niggl aber schimpften sie
aus, wie einen Spitzbub. Doch die
tapferen Weidmänner gaben ihr
Vorhaben nicht auf. Schon am
nächsten Tag brachen sie wieder
in aller Früh auf. Da sich der
Schnee vom Vortag noch gut ge-
halten hatte, kamen sie bald wie-
der auf die Bärenspur. Diese führ-
te ins Hollbrucker Tal. Es dauerte
nicht lange und die Jäger beka-
men den Bären in Sicht und bald
darauf zu schießen.
Seither hat nie mehr ein Bär die
Gegend um Sillian unsicher ge-
macht. Diese letzte Bärenjagd
wurde aber von Generation zu
Generation weitererzählt und
blieb lebendig bis auf den heuti-
gen Tag.
Aus Ostt. Bote 17. Jg./1962, Nr. 47, v.
22. 11. 1962, S 14.
Ludwig Wiedemayr
Die letzten Bären im Oberpustertal?