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FODN - 66/02/2017

BUNT GEMISCHT

Von Friedl Klein,

Urenkelin von Johann Stüdl

Liebe Kalserinnen und Kalser!

E

s ist kaum zu glauben, dass es

schon 150 Jahre her ist, als ich das

1. Mal nach Kals kam. Bei schlech-

tem Wetter stapften wir, mein Bruder

Franz und ich über das Berger Thörl.

Als wir aber ins Dorf kamen, ging mir

gleich das Herz auf! Es war Sonntag

und Eure Vorfahren zeigten sich in der

Festtagstracht. Ein Bild zum Malen!

Schade, dass ich es nicht sofort gemacht

habe, aber wir wurden gleich so freund-

lich willkommen geheißen und fanden

beim Groder – Wirt im unteren Gasthof

so zuvorkommende Aufnahme, dass ich

zum Zeichnen keine Zeit fand.

Eigentlich wollten wir ja am nächsten

Tag den Glockner besteigen, aber das

Wetter – Euer Wettergott – ließ es nicht

zu! In der Gaststube hörten wir dann

von den Überlegungen in Kals, wie man

– so wie in Heiligenblut – auch von den

Touristen profitieren könnte. Freilich

lag Euer Ort dafür nicht gerade günstig

und die Straße von Huben herauf gab

es ja damals auch noch nicht; aber es

hatte sich doch schon herumgesprochen,

dass die Wirte in Kals nicht so unver-

schämt waren, wie in Heiligenblut und

die Führer besser und billiger!

Der Ingenieur Egyd Pegger aus Lienz,

der bald auch zu meinen Freunden zähl-

te, hatte 2 Jahre zuvor, am 16. August

1865, mit den Kalser Führern schon je-

nen Grat begangen, der sich vom Groß-

glockner nach Süden herunterzieht

Heute heißt er Stüdlgrat. Eigentlich hät-

te dieser Anstieg Pegger-Grat genannt

werden müssen und, denn er, Pegger,

hatte die Idee, dass man den Weg her-

richten und versichern sollte. „Könnte

man außerdem auf der Vanitscharte

noch eine Unterkunftshütte errichten“

meinte er, so würden sicher viele Tou-

risten gerne nach Kals kommen, um von

hier aus kürzer und bequemer und ohne

die gefährliche Gletscher-Überquerung

den Glockner-Gipfel zu erreichen. Was

zur Ausführung dieser Projekte fehlte,

war das liebe Geld. Die Arbeiten woll-

ten die wackeren Kalser gerne leisten.

Ich war damals schon Mitglied bei

dem kürzlich gegründeten Österrei-

chischen Alpenverein (1863), der in

seinen Statuten auch festgeschrieben

hatte, „die Erschließung der Alpen zu

fördern“. Das wäre doch ein Projekt,

dachte ich, das man bei der Vereinslei-

tung sicher gerne unterstützen würde.

Daher versprach ich den Kalsern, die

nötigen Mittel aufzutreiben. Die Ant-

wort aus Wien auf meine Anfrage war

aber enttäuschend. Der Betrag, den

man beisteuern wollte, war höchstens

ein Tropfen auf den heißen Stein.

Nun hatte ich den Menschen in Kals

aber schon Mut gemacht, praktisch eine

„Gruß aus dem Jenseits“

Am 25. August 1867, also vor 150 Jahren, kam Stüdl mit seinem Bruder Franz das erste Mal

nach Kals am Großglockner. Stüdl selbst würde gerne anlässlich dieses Jubiläums seine Ein-

drücke von damals und auch Gedanken über seine 2. Heimat, wie er sie heute sieht, den Kal-

sern übermitteln wollen.

Kals und der Untere Wirt aus Stüdls Skizzenbuch von 1868/69 (Ausschnitt).

Johann Stüdl mit seinem Bruder Franz