90
FODN - 66/02/2017
Von Martin Gratz
D
en Wunsch, einmal für ein paar
Monate in einem anderen Land
zu leben, habe ich schon lange
in mir getragen. Um es schlussendlich
tatsächlich machen zu können, braucht
es dann einiges an Vorbereitung, ein
bisschen Mut und das wichtigste, eine
verständnisvolle Familie. All diese Rah-
menbedingungen waren da und so ent-
schloss ich mich bereits 2015, also ein
Jahr vor der Abfahrt es wirklich in An-
griff zu nehmen.
Die Frage, wo hin es gehen sollte,
war sehr schnell beantwortet. Es ging
ja nicht darum, nur irgendwo Urlaub
zu machen, sondern nachhaltig davon
profitieren zu können. Da Englisch in
meinem beruflichen Umfeld unabding-
bar ist, war ein mehrwöchiger intensiv-
Sprachkurs in England sicher eine gute
Wahl. England ist zudem auch das Land,
in dem die Brass-Band Musik ihren Ur-
sprung hat und auf höchstem Niveau
praktiziert wird. Für einen Trompeter
wie mich also ein Traumziel. Zu aller-
erst waren dazu allerdings einige Kon-
takte notwendig. Im Jänner 2016 stellte
ich dafür dann die Weichen beim Brass-
Band Workshop in Linz. Ian Porthouse,
Musiker und Dirigent aus Cumbria im
englischen Wales dirigierte die Brass
Band Oberösterreich. Nach dem Ge-
spräch mit ihm war ich, ausgestattet mit
einigen Adressen und Telefonnummern,
nun fast schon vernetzt. Bei diesem
Meeting in Linz war auch Matthias Höfs
mit German Brass vor Ort. Ich besuch-
te seinen Workshop und die Tatsache,
dass dieser großartige Trompeter auch
als Gast Dozent in der Royal College of
Music in London tätig ist, öffnete mir
auch diese Tür.
Meine Reise startete ich dann nach
dem Konzert am Kalser Kirchtag mit
dem eigenen Auto. Einen Tag vorher
ging ich aber noch mal schnell auf den
Glockner, denn ein bisschen Energie
mitnehmen wird wohl nicht schaden.
Meine Radio Osttirol live Sendung
„Volksmusik Hoagascht“, brachte es mit
sich, dass ich mich etwas beeilen muss-
te. Da mir die neuen Bergschuhe zu
klein waren und die Zehen schwer Platz
hatten, musste ich dann am Abend noch
mal ins Krankenhaus um mir den Na-
gel vom großen Zeh aufbohren zu las-
sen. Wäre es nach dem Arzt gegangen,
hätte dieses Missgeschick meine Reise
wohl etwas verzögert. Die Prozession
am Kirchtag mit den engen Trachten-
schuhen wird mir ewig in Erinnerung
bleiben.
Nach dem Konzert ging es dann aber
los. In Geldern, einer kleinen Stadt 100
Kilometer nördlich von Köln, war ich
noch eingeladen gemeinsam mit dem
Berliner Jazz Pianisten Ludgar Wir-
sig „Herbst Art“, eine internationale
Kunstaustellung von Andreas Janicke,
musikalisch zu begleiten. Das war auch
der Grund warum ich mit dem eigenen
Auto und nicht mit dem Flugzeug nach
England gereist bin. Denn von dort wa-
ren es nur noch ca. 600 km zu meinem
Ziel auf der Insel.
Von Geldern ging meine Reise über
Holland, Belgien bis nach Dünkir-
In meiner kurzen Auszeit durfte ich viele neue Erkenntnisse gewinnen, Erfahrungen sammeln
und Erlebnisse genießen.
„Ich bin dann mal kurz weg“
MENSCHEN
Martin Gratz und Matthias Höfs - German Brass
Martin mit Musikern der Glyndeborne Opera