wende breit. Sie erzählt: „Wir
hatten einmal das Buch einer
gewissen Aemiliana Löhr mit
dem Titel ‚Das Herrenjahr‘ ver-
legt. Die Autorin beschreibt
darin das Mysterium Christi im
Jahreskreis der Kirche. Sie
wollte damit deutlich machen,
dass das Christusereignis im
Zentrum der Fest- und Ge-
denktage steht. Diese nehmen
die biblischen und historischen
Ereignisse zumAnlass, um das
Heilswirken Gottes zu verge-
genwärtigen. Auch wiederkeh-
rende Feiertage und Heiligen-
feste sind ganz auf das Myste-
rium Christi bezogen und
wollen darstellen, dass dieses
Geheimnis noch verborgen und
dem Lauf der Zeit unterworfen
ist“, so die Altäbtissin.
„Wieder auf den Weg
gebracht“
Dieses Buch habe jedenfalls
viel in ihr bewegt. „Ich legte
mir ein schwarzes Tuch um und
spielte Nonne. Just in dieser
Zeit befand ich mich in einer
Glaubenskrise. Ich war der
Meinung, dass der Leib mit der
Seele stirbt.“
Löhr hatte Elisabeth dann
wieder auf den Weg gebracht,
den sie für sich verloren glaubte.
Sie versprach sich damals:
„Wenn ich Einsicht bekomme,
dann gehe ich ins Kloster. Ich
hab‘ nämlich dem lieben Gott
nicht zugetraut, dass er so etwas
mit mir vorhaben könnte, dass
er mich berufen könnte, dass
das Leben im Kloster für mich
eine Möglichkeit wäre.“.
Löhr war zu dieser Zeit
Nonne im Kloster Herstelle bei
Kassel. Mit 30 Jahren trat
Elisabeth selbstbestimmt dann
tatsächlich in ebendieses Klo-
ster ein und wurde Benedikti-
nerin wie ihr großes Vorbild.
Ihre Familie war nicht beson-
ders überrascht, denn Elisa-
beths Schwester Mandi war
schon vorher ins Kloster Pie-
lenhofen bei Regensburg als
Maria Assumpta eingetreten.
Sie wurde Salesianerin.
CHRONIK
PUSTERTALER VOLLTREFFER
MÄRZ/APRIL 2019
14
Eine glückliche Kindheit im Garten der Pustet-Villa.
Schüchtern und doch
selbstbewusst.
Familienfoto für den Vater im Krieg.
Kein Interesse am
Haushalt
„Die Pflege und Versorgung
der Eltern im Alter wäre an Eli-
sabeth hängen geblieben, doch
wollte sie diese Aufgabe nicht
gern übernehmen. Für Haushalt
und Kochen hatte sie nichts
übrig“, erzählt Mader. Ihrer Mut-
ter sagte Elisabeth tröstend: „Ich
bleib doch nicht im Kloster.“
Auch Professor Engelhardt riet
ihr ab. „Eigentlich hab‘ ich
nichts verstanden“, bekennt sie
freimütig, aber als sich die Türen
der Klausur hinter ihr geschlos-
sen haben, hatte sie das Gefühl:
„Jetzt bin ich daheim.“ Im Jahr
1954 erfolgte die Einkleidung.
Elisabeth empfing den Schleier
von der Äbtissin, Mutter There-
sia, der Frau, die sie selbst immer
mit demAttribut der leuchtenden
Augen versieht, und den Klo-
sternamen Marcellina benannt
nach der Schwester des heiligen
Ambrosius, einer geweihten
Jungfrau der Alten Kirche.
„Fühlte mich wie ein
Tiefseetaucher“
„Sie fühlte sich damals ,wie
ein Tiefseetaucher 15 Meter
unter dem Meeresspiegel mit
Schleier‘“, weiß die Autorin.
Ihre Mitschwestern waren
großteils Künstlerinnen, pro-
movierte Akademikerinnen,
Autorinnen wie Löhr oder Wis-
senschafterinnen, mit denen
sie lernte, das Chorgebet zu sin-
gen – mit Inbrunst und großer
Präzision. Die Hersteller Bene-
diktinerinnen waren für ihren
Chorgesang berühmt. „Warum
sie nach 15 harmonischen Jah-
ren einen Wechsel ins Auge
fasste, ist mir nicht bekannt.
Vielleicht suchte sie nach dem