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REPORTAGE

PUSTERTALER VOLLTREFFER

APRIL/MAI 2018

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„Ich bekomme oft von den ge-

samten Vorträgen nichts mit,

während die anderen Teilneh-

mer schon alles kapiert haben.

Mein Hirn schaltet dann ein-

fach ab und will absolut nichts

mehr aufnehmen. Ich verspüre

dann einen solchen Druck im

Kopf, dass ich am liebsten den

Lehrraum verlassen möchte. So

sehr nehmen mir die Umge-

bungsreize meine Ressourcen.“

Allein geht besser

Erst wenn sich Nadja wieder

in den eigenen vier Wänden und

in absoluter Ruhe den vorgetra-

genen Themen widmet, kann sie

diese voll und ganz aufnehmen.

Die Resultate bei den Prüfungen

verwundern sie oft selbst. Denn

sie sind ausgesprochen gut bis

sehr gut. „Dann heißt es oft, dass

ich so intelligent sei. Aber ich

fühle mich häufig ausgespro-

chen dumm.“ Sie lernt zudem

auch nicht viel, weil sie wenig

Zeit dafür hat. „Ich kann mich

für vieles nicht motivieren und

werde sehr faul und lethargisch.

Ich brauche extremen Druck,

damit ich etwas schaffe.“ Sie

erntete häufig schon während

der Schulzeit Neid und Miss-

gunst. „Denn andere mussten

Nachhilfestunden nehmen, da-

mit sie weiterkommen, und ich

tat mir in deren Augen unge-

rechterweise extrem leicht.“

Ihr Schreibtisch ist oft völlig

überladen mit den verschie-

densten Unterlagen. Alles liegt

drunter und drüber. „Oft habe

ich null Überblick und handle

nur mehr aus meinem Gefühl

heraus.“ Auch leidet sie häufig

an Schlafstörungen und stürzt

sich in Neues, ohne darüber

nachzudenken, ob sie das über-

haupt schaffen kann. „Aber

irgendwie kratze ich – häufig

mit Hilfe von anderen – im

letzten Augenblick die Kurve.“

Depressionen

Nadja leidet auch immer wie-

der an Depressionen und Angst-

störungen. „Ich nehme schon

lange Antidepressiva dagegen,

aber sie wirken nur beschränkt.“

Von der Essstörung konnte sie

sich vor Jahren wieder befreien.

„Aber das war ein harter Weg.

Ich wusste genau, wenn ich

diese Ess-Brechsucht nicht auf-

geben kann, dann sterbe ich. Das

war ein extremes Druckmittel.“

Auch geht sie immer wieder in

Psychotherapie. „Ich brauche

das einfach, weil ich mir mit

einem Coach im Leben einfach

leichter tue. Er gibt mir viel bes-

sere Orientierung. Und das be-

ginnt schon bei Kleinigkeiten im

Alltag.“

Erst vor zwei Jahren kam man

bei ihr dahinter, dass sie an Er-

wachsenen-ADHS leidet. „Über

meinen jetzigen Lebenspartner,

der früher immer wieder Freun-

dinnen mit ADHS-Kindern

hatte. Er erzählte mir oft, wie

schwierig das Verhalten der

Kinder für ihn war. Dabei erfuhr

ich viel von den ADHS-Symp-

tomen, die mir unglaublich be-

kannt vorkamen.“ Nadja machte

sich auf die Suche nach einem

Arzt, um feststellen zu lassen,

ob sie nicht auch an ADHS lei-

den könnte. Und so war es dann

auch. „Irrtümlicherweise geht

die Meinung um, dass sich

ADHS bei Erwachsenen immer

auswächst. Aber das stimmt so

nicht. ADHS im Erwachsenen-

alter ist zudem erst seit Mitte

der 1990er-Jahre einer breiteren

Öffentlichkeit bekannt.“

Martina Holzer

Wohnkultur Nussbaumer GmbH + Co KG

A-9900 Lienz, Tiroler Straße 25

Tel. +43-(0)4852-64640,

www.wkn.at

Der ganzheitliche Einrichter!

53978

1963

Bis heute muss Nadja auch mit Depressionen und Angststörungen

zurechtkommen.

de an ADHS“