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GESCHICHTE

PUSTERTALER VOLLTREFFER

MÄRZ/APRIL 2018

5

Vernichtungslager KZ Auschwitz, Polen, abgerissene Lager-

baracken.

Foto: Ludwig Wiedemayr, 2006

Ludwig Wiedemayr tritt nicht zum

ersten Mal mit einer umfang-

reichen Publikation an die

Öffentlichkeit. Viel beachtet

wurde bereits sein Buch

„Weltkriegschauplatz

Osttirol“. Diese Neuerscheinung darf

man als Fortsetzung sehen:

die Jahre zwischen den beiden

Weltkriegen, die mit dem „Anschluss“

an Deutschland in der NS-Zeit münden. Im Buch kommen

erschöpfend viele Bereiche sowohl für die Zwischenkriegs- als auch

die NS-Zeit zur Sprache. Der Autor scheut sich nicht, auch negative

Seiten anzureißen wie den hier vorzufindenden Antisemitismus. Nicht hoch

genug kann auch der Wert des Abbildungsmaterials eingeschätzt werden.

Die Bilder wollen nicht etwa bloß den Text „auflockern“, sondern besitzen

zum großen Teil echten Quellen- bzw. Aussagewert. Fachlich begleitet

wurde der Autor bei diesem Buch von Univ.-Doz. Dr. Meinrad Pizzinini,

der auch das Vorwort schrieb.

Das Buch/die Bücher können direkt in unserem Verlagshaus in der

Schweizergasse 26, 9900 Lienz, gekauft werden oder unter Angabe

der genauen Liefer- und Rechnungsadresse per E-Mail:

abo@osttirolerbote.at

bzw. auf

www.osttirol-online.at

Ludwig Wiedemayr

Zwischenkriegs- und NS-Zeit

im Osttiroler Oberland

Ludwig Wiedemayr

Zwischenkriegs- und NS-Zeit

im Osttiroler Oberland

360 Seiten, ca. 300 großteils historische Fotos,

160 x 230 mm, erschienen im Verlag Osttiroler Bote

Weiters ist das Buch im gut sortierten Buchhandel erhältlich.

58661

29,90

neuerscheinung

Wiedemayr:

„Die 14-jährige

Aloisia kam als Pflichtjahrmäd-

chen nach Waiern bei Feldkir-

chen i. K. und die neunjährige

Edith mit dem Ziehsohn Erich

in die NS-Erziehungsanstalt

Harbach bei Klagenfurt und

später zu Unterkärntner Bauern.

Teile des Hausinventars der Fa-

milie Stallbaumer wurden von

der Gestapo enteignet. Weniger

Aufsehen erregte die Festnahme

von vier Wiener Juden auf dem

Bahnhof in Sillian, die nach Ita-

lien flüchten wollten, wie am

13. Mai 1942 in der ‚Lienzer

Zeitung‘ zu lesen war. Sie wur-

den dem Amtsgericht in Lienz

übergeben. Ihr weiteres Schick-

sal lässt sich erahnen.“

Traurig endete noch ein

weiterer Fall von Beihilfe zur

Flucht.

Wiedemayr:

„Ja. Mitte Au-

gust 1942 kamen zwei Frauen

und ein Mädchen, die sich als

Berlinerinnen ausgegeben hat-

ten, zum grenznahen Perlunger-

hof der Geschwister Schneider

in Sillianberg, nördlich von

Arnbach. Der Bauer Georg

stand schon länger unter Beob-

achtung der Gestapo und musste

eine Fluchthilfe ablehnen. Wohl

aber erklärte er ihnen den Weg,

und seine Schwester Gertraud

gab den Frauen zu essen und zu

trinken. Am nächsten Tag gin-

gen die Frauen Richtung Grenze

weiter. Einige Tage später wur-

den Georg und Gertraud Schnei-

der sowie Gertrauds Sohn Albert

von der Gestapo abgeholt, ver-

haftet und beschuldigt, die

Frauen über die Grenze ge-

bracht zu haben, was die Ge-

schwister entschieden bestritten.

Die antinazistische Einstellung

des Perlungerbauern war be-

kannt, im Frühjahr 1942 hatte er

sich als Hauptmann der Sillianer

Schützenkompanie geweigert,

der NSDAP beizutreten. Wohl

auch deswegen war das Verhör

durch König äußerst brutal.“

Was ist passiert?

Wiedemayr:

„Georg wurde

der linke Kieferknochen gebro-

chen und der Schwester ein

Zahn ausgeschlagen. Über

Lienz und Klagenfurt wurden

beide ohne Verhandlung in Kon-

zentrationslager

deportiert.

Georg kam Mitte September

1942 nach Dachau und Ende

September ins KZ Buchenwald,

von dem er am 29. Oktober

1943 probeweise entlassen

wurde. Seine Schwester Ger-

traud wurde über Betreiben

Königs über Brünn ins Vernich-

tungslager Auschwitz depor-

tiert, in dem sie von Jänner bis

August 1943 inhaftiert war. Ihr

Sohn Albert kam nach einem

Tag Haft und Prügel durch Ge-

stapochef König frei. Die drei

Jüdinnen waren verraten und in

Innichen/Südtirol festgenom-

men worden. Besonders ver-

werflich war dabei das Verhalten

Königs, der die Jüdinnen als

seine Gattin, Tochter und

Schwägerin ausgab und so ille-

gal über die Staatsgrenze nach

Sillian bzw. Lienz brachte. Die

Spur der Bedauernswerten ver-

liert sich ab Klagenfurt, die De-

portation in ein Vernichtungs-

lager ist aber naheliegend. Laut

Johannes E. Trojer wurden im

Raum Innichen/Toblach aufge-

griffene jüdische Flüchtlinge

von hiesigen Gestapobeamten

wiederholt persönlich abgeholt,

in der Regel aber per Bahn-

transport von den italienischen

Behörden übernommen, wobei

vom zuständigen Grenzpolizei-

kommissar Weimann, Lienz,

die Überstellung größerer

Transporte bewusst dem Gesta-

pochef König von Sillian über-

lassen wurde.“

Und dann?

Wiedemayr:

„König versah

die Flüchtlinge mit 30 x 70 cm

großen Judensternen aus Papp-

karton auf Brust und Rücken.

Bei Verlieren oder Beschädi-

gung wurde mit sofortigem Er-

schießen gedroht. In dieser Auf-

machung trieb König seine

Opfer durch Lienz zum Gefäng-

nis, wobei an der Aufmachung,

zerzausten Haaren und zerrisse-

nen Kleidern der Flüchtlinge zu

erkennen war, dass sie schwer

misshandelt worden waren.“

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Rosa Stallbaumer, Sillian,

1897 - 1942, Hausfrau,

Fluchthelferin, NS-Opfer.

Völlig schuldlos wurde sie in

das KZ Auschwitz deportiert,

wo sie am 23. November 1942

verstarb, Todesursache unbe-

kannt. Der Staat Israel

würdigte 2008 ihre Verdienste

als Fluchthelferin, zu ihrem

Gedenken wurden in den

Bergen Jerusalems zehn

Bäume gepflanzt.

Archiv Peter Leiter, Sillian/

Fam. Anton Bodner, Sillian

Gestapoterror