Table of Contents Table of Contents
Previous Page  26 / 48 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 26 / 48 Next Page
Page Background

GESCHICHTE

PUSTERTALER VOLLTREFFER

NOVEMBER/DEZEMBER 2017

26

Auf Schloss Sigmundskron

wurde 1957 das Schlagwort

und Ziel „Los von Trient“ ge-

prägt. Und dort schlug am 17.

November die große Stunde

des erst wenige Monate zuvor

zum SVP-Obmann gekürten

Silvius Magnago. Er schaffte

es, den in der Luft liegenden

Marsch nach Bozen zu verhin-

dern. Sigmundskron bildete

den Startschuss für Südtirols

Autonomieprozess.

Im Einzelnen

Die Südtiroler Volkspartei

sagte für diesen Tag eine Pro-

testkundgebung des Südtiroler

Volkes wegen Nichterfüllung

des „Pariser Vertrages“ an. In

einer machtvollen Kundgebung

rief Südtirol seine Not in alle

Welt hinaus. Über 35.000 Süd-

tiroler versammelten sich auf

Schloss Sigmundskron, um Ge-

rechtigkeit zu fordern. Eine Re-

solution, die einstimmig ge-

nehmigt wurde, bildete den

Auftakt zum Kampf für die Si-

cherung der Rechte des Südti-

roler Volkes. Rom wollte aber

diese maßvolle Sprache der

Südtiroler nicht verstehen und

hielt weiterhin an seiner Ent-

nationalisierungspolitik in Süd-

tirol fest.

Mustergültig

Das damalige „Los von Trient“

bescherte dem Land in wechsel-

voller Geschichte einen erhebli-

chen Grad an Selbstverwaltung.

Die hart errungene Minderhei-

tenschutzpolitik wurde vor allem

in Rom als mustergültig bezeich-

net. Magnagos Ziel war es, eine

politisch realistische Autonomie

für das mehrheitlich deutsch-

sprachige Südtirol zu fordern,

nachdem bis dato die autonomen

Befugnisse lediglich der mehr-

heitlich italienischsprachigen und

von Trient regierten Region Tren-

tino-Südtirol zugestanden wor-

den waren.

Anlass

Zur Großkundgebung von

Sigmundskron kam es, weil

trotz aller Anstrengungen das

inhaltlich schon sehr be-

schränkte Autonomiestatut vom

Jahre 1948 in einigen wichtigen

Teilen nicht durchgeführt wor-

den war. Zudem hatte der da-

malige Minister für öffentliche

Arbeiten angekündigt, in Bozen

einen neuen Stadtteil mit 5.000

Wohnungen errichten zu wol-

len. Die autonome Provinz

Bozen hatte zu jener Zeit im

Bereich des sozialen Wohn-

baues nur sehr beschränkte Zu-

ständigkeiten, die zudem durch

Durchführungsbestimmungen

ausgehöhlt wurden. Die Errich-

tung von 5.000 Wohnungen

hätte somit eine weitere stärkere

Zuwanderung von Italienern

aus dem Süden bedeutet.

Gefahr verspürt

Deshalb hatten damals die

Südtiroler das Empfinden, dass

ihnen Gefahr drohe und sie sich

zur Wehr setzen müssten und die

damalige Autonomie niemals

ein ausreichendes Instrument

zum Schutz und Fortbestand

ihrer Volksgruppe darstellen

könne, wie es ihnen auf Grund

des Pariser Abkommens zu-

stand. In Sigmundskron wurde

offiziell das „Los von Trient“

ausgerufen: Man verlangte die

Auflösung der Region und die

Übertragung ihrer Zuständigkei-

ten in Gesetzgebung und Ver-

waltung an die beiden Provinzen

Bozen und Trient. Magnago

dachte damals an eine neue, um-

fangreichere Autonomie, die die

Südtiroler dann großteils über

das Paket erhielten, ohne aber

schon genauere Vorstellungen zu

haben und vor allem auch ohne

die sichere Zuversicht, die ange-

strebte Autonomie zu erreichen.

Wendepunkt

Magnago wörtlich: „Südtiro-

ler! Es ist mir durch den Ablauf

der Kundgebung wohl bewusst

geworden, dass 35.000 von euch

hinter denen ganz Südtirol ge-

standen ist, bereit gewesen

wären, nach Bozen zu marschie-

ren. Ihr habt es nicht getan, und

ich danke euch, dass ihr meinem

Appell Folge geleistet habt!“

Mit Sigmundskron und der

dort erfolgten Ausrufung „Los

von Trient“ trat ein Wendepunkt

in der Politik der Südtiroler

Volkspartei ein. Die Partei be-

trieb seitdem konsequent und

hartnäckig diese Politik mit Er-

folg.

Die heutige Lage in Südtirol

ist eine wesentlich verbesserte

und gesichertere als jene vor

Sigmundskron und vor dem

Inkrafttreten des neuen Autono-

miestatutes. Sigmundskron war

somit nicht nur eine beeindru-

ckende Kundgebung des Wil-

lens der Südtiroler, sondern

auch ein Startschuss für eine er-

folgreiche Politik der Südtiroler

Volkspartei.

Heinz Wieser

Erinnerungen an eine

gewichtige Kundgebung

Am 17. November jährt sich zum 60. Mal die historische Kundgebung auf

Schloss Sigmundskron vor den Toren der Landeshauptstadt Bozen. Damals

versammelten sich 35.000 Südtiroler in der Burgruine, um gegen die

Italienisierungspolitik Roms zu protestieren, also gegen die massive

Zuwanderung von Italienern nach Südtirol und für eine Landesautonomie,

losgelöst von Trient, einzutreten.

SVP-Ob-

mann

Silvius

Magnago

hält im

gedrängt

vollen

Burghof

seine

berühmte

Rede.

Foto:

Samm-

lung

Tabone,

Rom,

Repro

Heinz

Wieser

Alt und jung sind aus ganz Südtirol herbeigeeilt. Eine der Forde-

rungen von Sigmundskron: „Südtirol vor die UNO“. Am 28. Juni

1960 fasste der Ministerrat in Wien dann einen entsprechenden

Beschluss.

Foto: Österreichisches Staatsarchiv,

Archiv der Republik, Wien, Repro Heinz Wieser