Ila Egger verband Südtirol
immer mit einer glücklichen
Kindheit und dem Grünwaldhof
im Stadtteil St. Justina in
Bozen, wo sie mit ihrer Familie
seit 1913 lebte. Sie verband mit
Südtirol auch zahlreiche Be-
kannte ihres Vaters, die nach
seinem Tod 1926 in ihren Be-
kanntenkreis übergingen. Als
der Zweite Weltkrieg im Sep-
tember 1939 ausbrach, war Ila
27 Jahre alt. Die kleine, zierli-
che, junge Frau hielt sich vor-
erst in München, dann in Wien
auf. Der immer bedrohlich wer-
dende Luftkrieg veranlasste sie
letztendlich die Großstadt zu
verlassen. Gemeinsam mit ihrer
um zwölf Jahre älteren Schwes-
ter Lorli suchte sie Zuflucht in
Lienz, der Heimatstadt ihres Va-
ters Albin Egger-Lienz. „In
Lienz begann sie ein Tagebuch
zu schreiben, das am 4. No-
vember 1944, am Todestag des
Vaters einsetzt“, informiert HR
Wilfried Beimrohr, Landesar-
chivdirektor i. R., im Vorwort
des Buches „Kriegsende in
Lienz – das Wintertagebuch der
Ila Egger-Lienz 1944 bis 1945“.
Es wurde von Roland Sila, Kus-
tos der Bibliothek des Tiroler
Landesmuseums Ferdinan-
deum, aufgearbeitet.
Hoffte auf die Südfront
„Wer, wie Ila, den National-
sozialismus ablehnte und ein
baldiges Kriegsende herbei-
sehnte, hoffte auf die Südfront,
die Front in Italien, wo sich die
5. US-Armee und britische 8.
Armee mühsam vorkämpften
auf einem Terrain, das ge-
schickt und hinhaltend von der
deutschen Heeresgruppe C ver-
teidigt wurde“, so Beimrohr. So
notierte Ila am 8. November in
ihrem Tagebuch: „Heute geht
das Gerücht um, die Alliierten
wären in Triest gelandet. Wie
schön wäre das! Aber es ist ge-
wiss nur eine Erfindung. Sich
darüber Gewissheit zu ver-
schaffen, liegt hier außerhalb
unserer Möglichkeiten.“ Ilas
Skepsis sollte sich bewahrhei-
ten und die Alliierten, in diesem
Fall die Briten, Triest erst An-
fang Mai 1945 erreichen.
Offene Kritik
„Es war ihr durchaus be-
wusst, dass das künstlerische
Werk ihres Vaters für Propa-
gandazwecke, gerade auch in
Lienz, eingesetzt wurde und sie
und ihre Familie damit auf
einen gewissen Schutz des Re-
gimes zählen konnten. Den-
noch brachte sie ihre Kritik er-
staunlich offen zu Papier, wenn
man bedenkt, dass das Tage-
buch in mehreren Teilsendun-
gen postalisch an einen Freund
verschickt wurde und damit zu-
mindest theoretisch einer Zen-
sur ausgesetzt war“, so Heraus-
geber Roland Sila. Schloss
Bruck in Lienz war von der na-
tionalsozialistischen Kultur-
politik zum zentralen Präsenta-
tionsort des Werkes von Albin
Egger-Lienz erwählt worden,
im Juni 1943 wurde es als
„Osttiroler Heimathaus Schloß
Bruck“ eröffnet.
Ila Egger, Tochter des berühmten Malers Albin Egger-Lienz, verbrachte eine
glückliche Kindheit in Südtirol. Umso härter war es für sie während des
Zweiten Weltkrieges. Sicherheit erhoffte sie sich in der Geburtsstadt ihres
Vaters, Lienz. Sie schrieb viele Erlebnisse in dieser Zeit in ein Tagebuch,
das von Roland Sila, Kustos der Bibliothek des Tiroler Landesmuseums
Ferdinandeum nun aufgelegt wurde. Es trägt den Titel „Kriegsende in Lienz
– das Wintertagebuch der Ila Egger-Lienz 1944 bis 1945“.
Ila Egger-Lienz
kurz vor ihrem
Tod 2003 – in
ihrer Wohnung
in Innsbruck.
Foto: Martina
Holzer
Ila Egger-Lienz, Tochter des Malers Albin Egger-Lienz, versank
während der Kriegszeit in Lienz in große Hoffnungslosigkeit.
CHRONIK
PUSTERTALER VOLLTREFFER
FEBER/MÄRZ 2017
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„Sie hoffte auf Südfront“