PORTRAIT
PUSTERTALER VOLLTREFFER
FEBER/MÄRZ 2017
20
1927 erblickte Edi Amoser im
Ortskern von Matrei das Licht
der Welt – sieben Jahre nachdem
Südtirol von Tirol getrennt
wurde und fortan zu Italien ge-
hörte (nachdem Österreich-Un-
garn den Ersten Weltkrieg ver-
loren hatte). Der Bezirk Lienz
erhielt dadurch seine nunmehri-
gen Grenzen. Die Abtrennung
Südtirols verstärkte die Rand-
lage Osttirols noch zusätzlich.
Der Schmerz und der Zorn über
den Verlust von Südtirol war zur
Geburt Edis auch in der Iseltaler
Bevölkerung noch stark spürbar,
sogar viele Jahre später noch.
„Bei uns daheim sprachen
meine Großeltern und Eltern
dauernd darüber. Und man hörte
aus ihren Worten genau heraus,
wie schrecklich die Abtrennung
Südtirols auch für sie gewesen
sein muss. Dies war für die Ti-
roler ein brutaler Machtmiss-
seiner Rückkehr in die Heimat
fand er 1946 eine Anstellung bei
der Agrarbehörde Lienz (Weg-
bau). Doch der Verlust des drit-
ten Landesteiles war weiterhin
stark präsent. „Schon alleine
deshalb, weil 1938 auch Osttirol
vom Mutterland isoliert wurde
und an den damaligen Gau
Kärnten angeschlossen wurde.
Außerdem mussten wir auf-
grund der Abtrennung Südtirols
einen großen Umweg nach Inns-
bruck in Kauf nehmen. Durch
Südtirol durchzufahren, war ja
nicht mehr erlaubt.“ So musste
man vorerst nach Spittal a. d.
Drau fahren, dann umsteigen,
weiter nach Schwarzach, um-
steigen, und erst dann ging es di-
rekt nach Innsbruck. „Dafür war
brauch der Siegerstaaten. Ein
großes Unrecht, das passiert ist.“
Man lernte stolzer
Tiroler zu sein
Großväterlicherseits gab es
Verwandte in Südtirol, und sein
Vater Eduard war nicht nur ge-
lernter Maurer und Bergführer,
sondern auch Gemeinderat,
somit ein politisch Interessierter.
„Auch in der Schule wurde die
Abtrennung Südtirols von Tirol
häufig thematisiert und man
lernte schon in der Volksschule,
ein stolzer Tiroler zu sein. Schon
alleine durch die etlichen Tiroler
Lieder, die wir sangen. Auch
wurde viel vom Tiroler Frei-
heitskampf und Andreas Hofer
wie auch vom Ersten Weltkrieg
und der folgenden Zerreißung
Tirols erzählt“, erinnert sich
Edi, der nach der Volksschule die
Handelsschule besuchte und an-
schließend in den Zweiten Welt-
krieg einrücken musste. Nach
man einen ganzen Tag lang un-
terwegs.“
Triebwagen
1948/49 erleichterte ein Ab-
kommen mit Italien den Eisen-
bahn- und Straßenverkehr über
Südtirol. „Endlich wurde dann
der Triebwagen eingeführt, mit
dem man zumindest durch Süd-
tirol durchfahren durfte. Aller-
dings unter strenger Bewa-
chung.“ Doch auch diese Fahrten
waren für die Bevölkerung kein
„Zuckerlecken“. „Um 3 Uhr
ging es vorerst mit einem Post-
bus von Matrei nach Lienz, in
dem fast immer jemandem
schlecht wurde, sich dieser über-
geben musste, und man schauen
musste, dass man nichts ,abbe-
kam‘.“ Doch das gelang nicht
immer, auch Edi nicht. „Dann
kam erst recht wieder die volle
Wut über die Abtrennung Südti-
rols und die Konsequenzen da-
rüber in einem hoch“, erzählt er.
Einmal musste er sich „angebro-
chen“ noch schnell in der Wiere
waschen, die am damaligen
Lienzer Hof vorbeiführte, bevor
Edi Amoser aus Matrei
i. O. gehört zu jenen
Menschen im Bezirk
Lienz, denen die Ab-
trennung Südtirols von
Tirol immer noch im
Herzen schmerzt. Sein
selbst geschriebenes
„Tiroler Heimatlied“ ist
ein Ausdruck dafür.
Amoser‘s „Tiroler Heimat-
lied“.
Foto: Martina Holzer
„Die Abtrennung Südtirols l
Edi Amoser
geht „die Ab-
trennung Süd-
tirols von Tirol
nicht aus dem
Kopf. Es
schmerzt bis
heute.“
Foto: Martina
Holzer