DIALEKT
PUSTERTALER VOLLTREFFER
SEPTEMBER/OKTOBER 2016
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Wie sagt man in Südtirol?
Für eine besonders
große, schlaksige äußere
Erscheinung
gibt es
khrakse, khraksn
(Rückentrage),
haigaig(n)
(Gestell zum Heutrocknen),
khrukhe
(Krücke). Für
einen kräftig gebauten Mann
khlokher
(großer Kerl,
ursprünglich Kesselschmied),
prokhn
(großes
Stück)
, khlachl
(Glockenschwengel). Ein besonders
kleiner Mensch kann
portse, -n
(kleine Erhöhung im
Feld) oder
kräker
(zu
kräk(e),
„geronnenes Augen-
sekret“),
a grischer
(urspr. Grautier, Esel),
tärker
(kleiner Knirps),
tswiiflgriiter
(„einer, der kaum
über das Zwiebelkraut steigen kann“) oder
woosner
(Dengelstock, der in den Rasen gesteckt wird, weni-
ger als 30 cm hoch) genannt werden. Dasselbe be-
deutete auch
khnortsch, khnurts, khnursche,
was ur-
sprünglich wohl mit Knorren zusammenhängen
dürfte (mhd.
knorre
, gefrorene Scholle oder Aus-
wuchs am Holz). Im Burggrafenamt war auch
tärts
(urspr. Ochs im dritten Jahr) gebräuchlich.
Die
Ohren
heißen überall gleich:
Oarn.
Salopp heißen
sie auch
Oarwasch(t)l,
womit in erster Linie
allerdings die Ohrmuscheln gemeint sind.
Die Androhung von Ohrfeigen erfolgt oft als
Frage, ob jemand
tsw a tsi di Oarn
[
zwei zu
die
(
= den
)
Ohren
] oder
tsi di l schn
(eigent-
lich Schuhlappen) wolle. Eine herabsetzende
Bezeichnung ist es, wenn jemand als
schl p
aret
(mit abstehenden Ohren) tituliert wird,
wobei allerdings öfters charakterliche oder
psychische Faktoren im Vordergrund stehen,
denn es bedeutet mutlos, niedergeschlagen
oder steht auch für Weichei. Auf das Gehör
bezogen sind
tearisch, t aret, tearat, t arlt,
tearles, t arlos, t arlig, pet aret, t arlis
(taub),
iiblhearet
(schlecht hörend),
schtuur-
nig, schtuurnat
(sonst störrisch, trotzig, stür-
misch, verrückt: Da Schwerhörige nicht so
wie andere auf die Anrede reagierten, wurden
ihnen alle diese schlechten Eigenschaften an-
geheftet).
Der
Schnurrbart
ist der
schnauntser
(Schnauzbart), ein sehr
schmaler Schnurrbart kann
ein
rotsauh lter
(Rotzaufhal-
ter) sein, ein kleiner Kinn-
bart wird auch als
pokhpartl
(Bocksbärtchen) angespro-
chen.
Für das
Gesicht
gibt es neben
ksicht
noch
kfris, kfriis,
das dem um-
gangssprachlichen Ausdruck
Fresse
entspricht, und
käfe
(wohl zu
gaffen
gebildet), auch noch
prätsche
oder
preetsche
für einen breiten, unförmigen Mund – viel-
leicht abzuleiten von
braatsch,
einem alten Längenmaß,
das zu (ital.)
braccio
zu stellen ist. Für ein abweisendes,
finsteres Gesicht oder einen Schmollmund steht oft
motsch, moutsch, mootsch.
Im Passeiertal ist es
pru-
utsch
oder
puutsch
der zum Weinen verzogene Mund
von Kindern.
Die
Katze
heißt natürlich auch im Dialekt
kh
ts(e).
Allerdings gibt es auch
miina,
muina, muints(e).
Für die weibliche
Katze gibt es manchmal auch die
Bezeichhnung
katsin,
für den Kater
nur die lautlichen Varianten
khooter,
khootra, kh tra.
Für
Hunde
gibt es kaum
besondere Ausdrücke, außer im Eisacktal,
wo einmal
wautsl
(kleiner, dicker Hund) ge-
nannt wird. Die Hündin heißt im ganzen
Land
laasch(e),
wie auch die Weibchen von
Fuchs und Marder, nur in Latzfons gibt es
dafür noch das alte
matsa,
das früher im
Eisacktal auch als Schimpfwort für ein
leichtes Mädchen gängig war.
Der
Kopf
heißt meist auch im Dialekt nicht anders; er
kann allerdings auch
grint
(schon ahd./mhd.
Ausschlag, Räude [mit Haarausfall] vor allem
gebräuchlich als Kopfgrind),
scheedl, tap-
scheedl
(Schädel)
, teschtus
(zu lat.
testis
Kopf) genannt werden, vor allem wenn man
andeuten will, dass es sich um einen sturen,
starrköpfigen Menschen handelt. Dann kann
man aber auch
dikhscheedl
sagen und auch
dikhgrinted
wird häufig als Tadel
verwendet.
laasche
h
muina
l