51
D
ie
S
onnseiten
N
ummer
57 - J
uli
2017
N
achrufe
Ein so langes und reiches
Leben, wie jenes von der
„Grießmann Gretl“ Frau
Margaretha Duregger, würde
viele Seiten mit Erzählungen,
Ratschlägen, Weisheiten und
Wissen füllen. Jeder von uns
hat seine eigene Erinnerung
und seinen eigenen Grund für
„Dank und Denken“ an sie.
Gretl wurde am 20. Febru-
ar 1932 als Älteste von vier
Geschwistern in Lienz ge-
boren. Ihre Eltern Sepp und
Maria Leitner übersiedelten
bald nach Untergaimberg
auf einen kleinen Bauernhof.
Gretl blieb aber bis zu ih-
rem 15. Lebensjahr bei Tante
Hanni im „Wohlgemuthaus“
in Lienz. Sie erlebte dort
eine schöne Kindheit, lern-
te schwimmen und besuchte
sogar die Ballettschule. Am
Bauernhof ihrer Eltern ent-
wickelte sich Gretl dann zur
begeisterten Bäuerin. Schon
in ganz jungen Jahren war sie
ihrem Vater eine große Hilfe
beim „Holzfuhrwerken“ mit
den Rössern im Debanttal.
Als junge Frau verbrachte
Gretl ein Jahr in einer Haus-
haltungsschule in St. Wolf-
gang am Wolfgangsee. Es
war dies wohl die Basis für
ihre späteren Kochkünste.
Die Sommer verbrachte sie
schon damals einige Jahre als
Sennerin auf der Schlossherrn-
alm.
Bereits mit 22 Jahren - am
22. Feber 1954 - heiratete
Gretl Andreas Duregger, vul-
go „Grießmann Anda“. Sie
wurde dem großen Hof mit
seinen vielfältigen Herausfor-
derungen in bewundernswer-
ter Weise als tüchtige Bäuerin
gerecht. Zum Leidwesen des
jungen Paares starben die ers-
ten Zwillinge kurz nach der
Geburt. Die Freude war groß,
als sich nach vier Töchtern im
Jahre 1960 Sohn Anderle als
Stammhalter einstellte. Der
frühe Bergtod ihres Sohnes
im Jahre 1978 - Anderle war
18 Jahre alt - stellte einen tie-
fen Einschnitt in Gretls Leben
dar und hinterließ Wunden,
die wohl nie ganz verheilten.
Im Herbst 1968 wurden die
Zwillinge Norbert und Peter
geboren, Peter verstarb aber
drei Tage nach der Geburt.
Aber auch dieses Geschehen
meisterte Gretl und wuchs
mit der Verantwortung für die
große Familie zu einem star-
ken Vorbild gelebten bäuerli-
chen Alltages heran. Nun - in
ihren späten Jahren - waren
ihre Freude die neun Enkel-
kinder. An deren beruflichen
Wegen und Entwicklungen
nahm sie mit sichtlichem
Stolz regen Anteil. Bei einem
ihrer letzten Krankenhaus-
aufenthalte war ihr die große
Freude vergönnt, ihr erstes
Urenkelkind Lea, die dort das
Licht der Welt erblickte, in
ihren Armen zu halten.
Bis ins Jahr 1993 verbrachte
Gretl die Sommer als Senne-
rin auf der Schlossherrnalm -
ihre schönste Zeit, wie sie es
selber empfand. In diese Zeit
hat sie sich wohl viel Wissen
um „Werden und Vergehen“
in der Natur, von Gräsern und
Blumen, Sträuchern und Bäu-
men erworben. Gern hat sie
erzählt, wieviel sie mit den
anderen Sennerinnen auf der
Alm gelacht und was sie er-
lebt hat.
Ab dem Jahre 1992, als wie-
der die regelmäßigen Mess-
feiern im St. Michaelskirchl
am Zettersfeld durch P. All-
menroeder zustande kamen,
fand Gretl mit ihrem unver-
gleichlichen Talent für Blu-
menschmuck und Blumenste-
cken Freude und Erfüllung.
Sonntag für Sonntag grüßten
liebevoll gesteckte Arrange-
ments - oft aus Bergblumen
- die Gottesdienstbesucher
aus nah und fern. Gern gab
Gretl Auskunft über Blumen-
namen, Wachstum und Stand-
ort. Und es war ihr vergönnt,
diese segensreiche Tätigkeit
auch im vergangenen Som-
mer noch auszuüben. Ganz
besonders in Erinnerung blei-
ben werden wohl die „Hohen
Frauentage“ im St. Michaels-
kirchl am 15. August, an dem
die Kräuterbusch‘n geweiht
werden zum Schutz und Se-
gen für das ganze Jahr. Gretl
hielt an diesem Brauch fest.
Seit dem Jahr 1998 war es
ihr ganzes Bestreben, zeit-
gerecht genügend Kräuter
und Blumen vorrätig zu ha-
ben, um dem Ansturm an
„Busch’nerwerbern“ zuguns-
ten des Bergkirchls gerecht
zu werden.
Ein großesAnliegen waren ihr
auch der festlich geschmück-
Der letzte Weg der „Grießmann Gretl“
glich dem „langen und reichen Leben“
Die „Grießmann Gretl“ am Hohen Frauentag 2016 im Micha-
elskirchl am Zettersfeld.
Foto: DI Christian Kurzthaler
Unsere Mütter
Unsere Mütter sind nicht tot, wenn sie sterben.
Sie verlassen nur die Grenzen ihres Körpers,
um ihrer Liebe Raum zu geben über die Erde und darüber hinaus.
So können sie immer einen warmen Mantel der Geborgenheit
um Generationen legen, überall dort, wo diese zu Hause sind.
Die eigene Wohnung scheint leer zu sein,
und ganz vieles werden wir sehr vermissen.
Bei manchen Dingen tut es uns leid,
dass wir sie aufgeschoben haben
Vieles von ihrem Wissen verschluckt die Zeit,
das meiste von ihren Schmerzen können wir nur erahnen,
und nicht alle ihrer unerfüllten Hoffnungen
können wir an ihrer Stelle erfüllen,
auch wenn es uns ein Herzensanliegen ist.
So können wir nur mit weit offenen Augen durch unser Leben gehen,
die Zeichen ihrer Liebe in Wolken geschrieben lesen,
den Bäumen lauschen, die ihre Grüße übersetzten
und ihnen mehr von uns erzählen,
als wir es zu ihren Lebzeiten jemals gewagt hätten.
Elisabeth Ziegler-Duregger