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Ein so langes und reiches

Leben, wie jenes von der

„Grießmann Gretl“ Frau

Margaretha Duregger, würde

viele Seiten mit Erzählungen,

Ratschlägen, Weisheiten und

Wissen füllen. Jeder von uns

hat seine eigene Erinnerung

und seinen eigenen Grund für

„Dank und Denken“ an sie.

Gretl wurde am 20. Febru-

ar 1932 als Älteste von vier

Geschwistern in Lienz ge-

boren. Ihre Eltern Sepp und

Maria Leitner übersiedelten

bald nach Untergaimberg

auf einen kleinen Bauernhof.

Gretl blieb aber bis zu ih-

rem 15. Lebensjahr bei Tante

Hanni im „Wohlgemuthaus“

in Lienz. Sie erlebte dort

eine schöne Kindheit, lern-

te schwimmen und besuchte

sogar die Ballettschule. Am

Bauernhof ihrer Eltern ent-

wickelte sich Gretl dann zur

begeisterten Bäuerin. Schon

in ganz jungen Jahren war sie

ihrem Vater eine große Hilfe

beim „Holzfuhrwerken“ mit

den Rössern im Debanttal.

Als junge Frau verbrachte

Gretl ein Jahr in einer Haus-

haltungsschule in St. Wolf-

gang am Wolfgangsee. Es

war dies wohl die Basis für

ihre späteren Kochkünste.

Die Sommer verbrachte sie

schon damals einige Jahre als

Sennerin auf der Schlossherrn-

alm.

Bereits mit 22 Jahren - am

22. Feber 1954 - heiratete

Gretl Andreas Duregger, vul-

go „Grießmann Anda“. Sie

wurde dem großen Hof mit

seinen vielfältigen Herausfor-

derungen in bewundernswer-

ter Weise als tüchtige Bäuerin

gerecht. Zum Leidwesen des

jungen Paares starben die ers-

ten Zwillinge kurz nach der

Geburt. Die Freude war groß,

als sich nach vier Töchtern im

Jahre 1960 Sohn Anderle als

Stammhalter einstellte. Der

frühe Bergtod ihres Sohnes

im Jahre 1978 - Anderle war

18 Jahre alt - stellte einen tie-

fen Einschnitt in Gretls Leben

dar und hinterließ Wunden,

die wohl nie ganz verheilten.

Im Herbst 1968 wurden die

Zwillinge Norbert und Peter

geboren, Peter verstarb aber

drei Tage nach der Geburt.

Aber auch dieses Geschehen

meisterte Gretl und wuchs

mit der Verantwortung für die

große Familie zu einem star-

ken Vorbild gelebten bäuerli-

chen Alltages heran. Nun - in

ihren späten Jahren - waren

ihre Freude die neun Enkel-

kinder. An deren beruflichen

Wegen und Entwicklungen

nahm sie mit sichtlichem

Stolz regen Anteil. Bei einem

ihrer letzten Krankenhaus-

aufenthalte war ihr die große

Freude vergönnt, ihr erstes

Urenkelkind Lea, die dort das

Licht der Welt erblickte, in

ihren Armen zu halten.

Bis ins Jahr 1993 verbrachte

Gretl die Sommer als Senne-

rin auf der Schlossherrnalm -

ihre schönste Zeit, wie sie es

selber empfand. In diese Zeit

hat sie sich wohl viel Wissen

um „Werden und Vergehen“

in der Natur, von Gräsern und

Blumen, Sträuchern und Bäu-

men erworben. Gern hat sie

erzählt, wieviel sie mit den

anderen Sennerinnen auf der

Alm gelacht und was sie er-

lebt hat.

Ab dem Jahre 1992, als wie-

der die regelmäßigen Mess-

feiern im St. Michaelskirchl

am Zettersfeld durch P. All-

menroeder zustande kamen,

fand Gretl mit ihrem unver-

gleichlichen Talent für Blu-

menschmuck und Blumenste-

cken Freude und Erfüllung.

Sonntag für Sonntag grüßten

liebevoll gesteckte Arrange-

ments - oft aus Bergblumen

- die Gottesdienstbesucher

aus nah und fern. Gern gab

Gretl Auskunft über Blumen-

namen, Wachstum und Stand-

ort. Und es war ihr vergönnt,

diese segensreiche Tätigkeit

auch im vergangenen Som-

mer noch auszuüben. Ganz

besonders in Erinnerung blei-

ben werden wohl die „Hohen

Frauentage“ im St. Michaels-

kirchl am 15. August, an dem

die Kräuterbusch‘n geweiht

werden zum Schutz und Se-

gen für das ganze Jahr. Gretl

hielt an diesem Brauch fest.

Seit dem Jahr 1998 war es

ihr ganzes Bestreben, zeit-

gerecht genügend Kräuter

und Blumen vorrätig zu ha-

ben, um dem Ansturm an

„Busch’nerwerbern“ zuguns-

ten des Bergkirchls gerecht

zu werden.

Ein großesAnliegen waren ihr

auch der festlich geschmück-

Der letzte Weg der „Grießmann Gretl“

glich dem „langen und reichen Leben“

Die „Grießmann Gretl“ am Hohen Frauentag 2016 im Micha-

elskirchl am Zettersfeld.

Foto: DI Christian Kurzthaler

Unsere Mütter

Unsere Mütter sind nicht tot, wenn sie sterben.

Sie verlassen nur die Grenzen ihres Körpers,

um ihrer Liebe Raum zu geben über die Erde und darüber hinaus.

So können sie immer einen warmen Mantel der Geborgenheit

um Generationen legen, überall dort, wo diese zu Hause sind.

Die eigene Wohnung scheint leer zu sein,

und ganz vieles werden wir sehr vermissen.

Bei manchen Dingen tut es uns leid,

dass wir sie aufgeschoben haben

Vieles von ihrem Wissen verschluckt die Zeit,

das meiste von ihren Schmerzen können wir nur erahnen,

und nicht alle ihrer unerfüllten Hoffnungen

können wir an ihrer Stelle erfüllen,

auch wenn es uns ein Herzensanliegen ist.

So können wir nur mit weit offenen Augen durch unser Leben gehen,

die Zeichen ihrer Liebe in Wolken geschrieben lesen,

den Bäumen lauschen, die ihre Grüße übersetzten

und ihnen mehr von uns erzählen,

als wir es zu ihren Lebzeiten jemals gewagt hätten.

Elisabeth Ziegler-Duregger