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Ein Frevel

dem die Strafe folgte

Einen Skandal nannte der heimi-

sche Schriftsteller Oswald Sint

jenes verwerfliche Ereignis, das

sich im Sommer 1911 beim Rau-

chenbachwirt in Kartitsch zuge-

tragen hatte und die Wirtin dort-

selbst nannte es in ihrem Zorn

Gottesfrevel, dem die Strafe folg-

te. Was war geschehen?

Nach langem Ringen und auch

Streit um die Trassenführung der

neuen Straße vom Pustertal über

Kartitsch und Tilliach ins Lesach-

tal hatte die Behörde endlich ent-

schieden und die Firma Bröckl,

Spittal/Drau erhielt den Bau-

Zuschlag. In verschiedenen Stra-

ßen-Baulosen waren somit in die-

sem Sommer 1911 in Kartitsch

rund 200 Bauarbeiter beschäftigt,

überwiegend Kärntner, aber auch

Männer aus Krain, Italiener und

Einheimische.

Im Pferdestall des Rauchenbach-

wirtes hatte die Bauleitung vier

Pferde eingestellt, welche für

Steine- und Materialtransport be-

nötigt wurden, die von zwei etwa

18 jährigen Kartitscher Burschen

betreut wurden, unterstützt von

zwei Kärntner Arbeitern, die

werktags mit den Pferden fuhr-

werkten.

Es war am 20. August, einem

Sonntagvormittag. Die vier Pfer-

deknechte hatten ihre Stallarbeit

fast beendet und die beiden Kar-

titscher Buben schickten sich an,

Diese vom Historiker Dr. Martin

Kofler (TAP) im Kriegsmuseum in

Roveretto, Italien entdeckte histo-

risch vielleicht aufschlussreichste

Fotografie, datiert Frühjahr 1916,

zeigt das zum „Trachom-Feldspital

Kartitsch“ adaptierte neue Schul-

haus von Kartitsch, links davon die

im Februar 1916 errichtete Bade-

und Entlausungsstation für die

Frontsoldaten. Vorne sieht man die

auf dem Mittergasser- und Schmie-

derfeld in drei Reihen errichteten

Lagerbaracken für Ärzte und das

Pflege- und Betreuungs-Personal.

Westlich davon die Verpflegstation

mit Küche und Wäscherei mit ver-

mutlich Dienstpersonal. Vorne

etwa Mitte sieht man ein Hun-

degespann.

Zwischen Baracken und Schule

führt die neue, von 1910 bis

1914 erbaute Talstraße, links

oberhalb der Straße Reste des

Steinbruchs für den Schulhaus-

bau und des vom Oberkofler-

bauern betriebenen Kalkbrenn-

platzes, dahinter links die Mill-

nerhöfe, davon etwas rechts im

Millner Feld fleißige Korn-

Jäterinnen.

Rechts an der Straße sieht man

den

Wachposten,

dahinter

rechts den Untergasserhof, links

leicht dahinter das vor Kriegsbe-

ginn umgebaute Obergasserhaus,

(später „Kofltischler“) und dahin-

ter das im März 1917 abgebrannte

Doppelhaus

Obergasser

(Strickner)/Binder. Die vor dem

Krieg erbaute Bäckerei des Georg

Moser (später Kaufhaus Moser/

Föger, heute Haus Nr. 57) ist vom

Untergasserhaus verdeckt, nicht

sichtbar.

Interessant sind auch die vielen

Telegrafen- und Elektrostrom-

Masten, Feldspital und Militärge-

bäude hatten Strom und wurden

vom Militär-Elektrowerk versorgt.

Ludwig Wiedemayr

Historisches