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Dezember 2015

Unterwegs auf den Weltmeeren

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die Kanaren und Asien, nächstes Jahr

folgt dann auch Mittelamerika. Es finden

auch regelmäßig Motto Reisen statt u.a.

Schlagerreisen mit Helene Fischer (sie

ist auch die Taufpatin von „Mein Schiff

3“), Rockliner mit Udo Lindenberg, Full

Metal Cruise und wir hatten auch schon

die Wiener Philharmoniker an Bord.

Ich habe auf der „Mein Schiff“ die

Stelle eines Chief Purser, des Zahlmeis-

ters (Offizierstatus - drei Streifen). Al-

les, was irgendwie mit Geld zu tun hat,

fällt in meinen Aufgabenbereich, dabei

handelt es sich um große Summen, bis

zu einer Million Euro: Ich bin quasi die

Bank an Bord: Externe Firmen, wie das

Casino, die Abrechnung mit allen auf

dem Schiff befindlichen Boutiquen,

Galerien, Geschäften und dem Frisör,

fallen in meinen Zuständigkeitsbereich.

Teilweise wird auch die Crew in bar

ausbezahlt, speziell asiatische Crews.

Zudem bin ich „Head of Departement“,

Abteilungsleiterin bzw. Letztverantwort-

liche für die Rezeptionsmitarbeiter. Jede

Reise wird extra komplett abgerechnet,

ich erledige die Zuarbeit für die Zentrale

in Hamburg.

Mir obliegt auch die Abwicklung mit

den Behörden in den Häfen, die das

Schiff anfährt. Örtliche Agenturen eru-

ieren, was an Papieren und Dokumenten

für den Zoll und die Einwanderungsbe-

hörden gebraucht wird.

Europäer die auf den Kreuzfahrt-

schiffen arbeiten, wollen in erster Linie

die Welt kennenlernen, Asiaten, die ei-

nen Großteil des Personals stellen, geht

es vor allem um das Geldverdienen. Asi-

aten haben in der Regel Neunmonats-

verträge. Versichert ist die Besatzung,

ähnlich wie Saisonarbeiter, nur während

der Vertragszeit, nachher muss sich

jeder selber versichern. Nur wer einen

fixen Vertrag hat, arbeitet vier Monate

ohne freien Tag durch und hat dann

zwei Monate frei und ist durchgehend

versichert. Dieses Privileg genieße ich

zurzeit. Man bekommt es erst ab einer

gewissen Position und wird einem von

der Firma angeboten. Abgesehen von

der Versicherung bekomme ich auch

zwölf Gehälter im Jahr. Außerdem steht

mir eine Außenkabine zur Verfügung,

meine Kabine wird gereinigt und meine

Wäsche gewaschen. Auf Grund meines

Offizierstatus darf ich zusätzlich zu den

Crew-Einrichtungen auch in den Passa-

gierrestaurants essen.

Mir macht meine Arbeit Freude.

Im Passagierbereich trete ich immer in

Uniform auf. Auf dem Schiff ist meine

zweite Familie. Ich genieße die Land-

gänge, z.B. Strandgang auf Aruba,

Shopping auf St. Marteen, Kaffee trin-

ken in Monte Carlo, abends Tapas essen

in Barcelona und die Einrichtungen für

das Personal an Bord.

Anja, jetzt hast du von deiner Ar-

beit geschwärmt. Wie steht es mit den

Schattenseiten, mit dem Druck auf das

Personal, von dem die Medien gerne be-

richten.

Für mich gibt es keine Schattensei-

ten. Ich liebe meinen Job und stehe zu

100 % hinter meiner Firma. Es ist ein

deutsches Unternehmen und es unter-

scheidet sich nicht wirklich, ob ich nun

am Schiff arbeite oder irgendwo land-

seitig in Deutschland. Klar arbeitet man

jeden Tag, aber das sind die Bedingun-

gen für diesen Job. Dafür genieße ich

anschließend zwei Monate Urlaub. Ich

habe normale Arbeitszeiten und muss

nicht putzen, waschen und kochen.

Es gibt strenge Auflagen und von

der Gewerkschaft rigorose Kontrollen.

Funktionäre der Gewerkschaft kommen

unangemeldet an Bord, überprüfen

zum Beispiel ob die vorgeschriebenen

Pausen eingehalten werden und wenn

Mängel festgestellt werden, kann es

sogar soweit kommen, dass das Schiff

am Auslaufen gehindert wird. Die See-

notrettungsübungen fanden früher am

zweiten Tag statt, seit dem großen Un-

glück von Costa Concordia müssen sie

vor dem Start durchgeführt werden. Das

nennt sich MLC Maritime Labour Con-

vention, vergleichbar mit einer Gewerk-

schaft an Land.

Für Anja Scheiber mag der Spruch

des griechischen Dichters Hesiod gel-

ten: Vor den Erfolg haben die Götter den

Schweiß gesetzt.

Burgl Kofler

Airport Beach St. Maarten

Kapverden

Das Team

Beach Time