Herr Wieser, was ist ent-
scheidend für gutes Fleisch?
Wieser:
„Die Art der Tier-
haltung. Hier gilt: Klasse statt
Masse. In kontrollierter Zucht,
etwa in Biobetrieben, werden
die Tiere artgerecht gehalten
und haben viel Zeit zumWach-
sen. So kann das Fleisch, im
Gegensatz zur industriellen
Massentierhaltung, in Ruhe zu
einem hochwertigen Lebens-
mittel heranreifen. Als Eiweiß-,
Eisen- und Vitaminlieferant lei-
stet es dann einen wichtigen
Beitrag zu einer gesunden,
ausgewogenen Ernährung.“
Wovon hängt die Qualität
des Rindfleisches ab – neben
der artgerechten Haltung?
Wieser:
„Auch von Alter und
Gewicht. In der Regel kommt
nur das Fleisch junger Tiere in
den Handel. Und es muss gut
im Kühlhaus abgehangen sein,
damit es sein typisches Aroma
bekommt, mürbe und zart wird.
Es hat einen kräftigen, typi-
schen Geschmack und ist auf-
grund seiner Vielfältigkeit zum
Kochen (Sieden), Kurzbraten
und Schmoren bestens geeignet.
Zu den gering beanspruchten
Muskelpartien, die deshalb auch
das zarteste Fleisch – jedoch mit
weniger ausgeprägtem Ge-
schmack – aufweisen, gehören
der Rücken mit Filet (Roast-
beef) und die Hüften (Spitz-
rose).“
Wovon hängt die Fleisch-
qualität von Lamm, Schaf und
Hammel ab?
Wieser:
„Sie hängt von drei
Faktoren ab: der Rasse, der
Weide und dem Alter. Das
Fleisch ist nach eine Woche gut
abgehangen und lässt sich va-
riantenreich zubereiten. Am
besten schmeckt das Lamm-
fleisch, wenn es so gegart
wird, dass es im Kern rosa
bleibt. Um die Saftigkeit zu be-
wahren, sollte es während des
Garens nicht angestochen oder
gar angeschnitten werden.
Lamm wird vor allem im Früh-
jahr und Herbst angeboten.“
Wie ist Schweinefleisch zu
bewerten?
Wieser:
„Es liefert ganz un-
terschiedliche Qualität – vom
fetten Bauchfleisch bis zum zar-
ten Filet. Schweinefleisch ist und
bleibt eine unserer Lieblings-
fleischarten, dafür gibt es zahl-
reiche Gründe. Aufgrund der
Verwendungsvielfalt, der einfa-
chen Zubereitungsmöglichkei-
ten und nicht zuletzt wegen des
ausgezeichneten Geschmacks
stellt Schweinefleisch einerseits
die Basis für unzählige traditio-
nelle Gerichte dar und eignet
sich andererseits ideal für die
AUS DER KÜCHE
PUSTERTALER VOLLTREFFER
FEBER/MÄRZ 2018
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Geschmorte
Kalbswange mit
Pilzen
Für 4 Personen
Zutaten:
8 Kalbswangen (Kalbsba-
cken), 2 EL Öl zum Bestreichen,
Salz, Pfeffer aus der Mühle, 100 g
Zwiebeln, 50 g Karotten, 50 g
Stangensellerie, 4 EL Öl zum An-
braten, 200 g Tomaten oder Toma-
ten aus der Dose, 1 l Kalbsbrühe
oder Wasser, je 1 Tymianzweig,
Rosmarinzweig, Salbeiblatt, Lor-
beerblatt, 1 Knoblauchzehe.
Weiteres:
1 EL kalte Butter, 200 g
Rahmpolenta, 150 g gebratene Stein-
pilze, 150 g gebratene Eierschwam-
merl, 1 EL Kräuter (Petersilie, Majo-
ran und Knoblauch), fein gehackt,
Majoranblätter zum Garnieren.
Zubereitung:
Kalbswangen parieren
(Sehnen und Fett entfernen), leicht
mit Öl bestreichen, dann mit Salz
und Pfeffer würzen. Zwiebeln, Ka-
rotten und Stangensellerie putzen,
waschen und in mittelgroße Würfel
schneiden. Kalbswangen in einer
Bratpfanne in heißem Öl auf allen
Seiten braun anbraten und in den
vorgeheizten Backofen (180 Grad)
geben. Nach der Hälfte der Garzeit
auf 160 Grad zurückschalten, Ge-
müse und Tomaten dazugeben,
leicht mitbraten, dann mit etwas
Kalbsbrühe aufgießen und mit den
Kräutern und Knoblauch weiterga-
ren. Das Fleisch während des Brat-
vorganges (ca. ein bis eineinhalb
Stunden) öfters mit Kalbsbrühe be-
gießen und ab und zu wenden.
Nach Garende das Fleisch heraus-
nehmen, mit Alufolie zudecken
und warm stellen.
Die Sauce einkochen lassen (etwa
15 Minuten), abschmecken, even-
tuell mit etwas angerührter Speise-
stärke binden, abseihen und mit
kalter Butter verfeinern.
Das Fleisch mit Rahmpolenta, ge-
bratenen Steinpilzen und Eier-
schwammerl auf Tellern anrichten,
mit gehackten Kräutern bestreuen
und mit der Sauce und mit Majo-
ranblättern garniert servieren.
Variation
Geschmorte Rindswange:
Neh-
men Sie anstelle der Kalbswange
eine Rindswange und ersetzen Sie
den Weißwein durch einen kräfti-
gen Rotwein (Merlot oder La-
grein). Die Garzeit muss um etwa
30 Minuten verlängert werden.
Tipps
• Wann das Fleisch gar ist, erken-
nen Sie, wenn beim Einstechen
nur noch klarer Fleischsaft aus-
tritt. Braten Sie das Fleisch gut
durch.
• Als Beilage eignen sich auch
Bratkartoffeln, Röstkartoffeln,
Broccoli, Spargel und
Artischocken.
Fleisch lässt sich leichter
zubereiten als man denkt
Weil Fleisch so vielseitig verwendbar ist, führt nicht nur ein Weg zum Ziel. Und
egal, ob mit knuspriger Kruste gebraten, in würziger Sauce geschmort oder im
eigenen Saft gegart: Meist ist die Zubereitung leichter als man denkt. Der Süd-
tiroler Meisterkoch Gerhard Wieser erzählt davon im „PVT“-Interview.
moderne und leichte Küche. Im
Handel wird überwiegend
Fleisch von Tieren angeboten,
die sieben bis acht Monate alt
sind. Bereits nach einigen Tagen
ist das Fleisch ausgereift und
schmeckt würzig und pikant.“
Was ist zum Kalbfleisch zu
sagen?
Wieser:
„Das feinfaserige
Kalbfleisch eignet sich vor allem
zum Braten und Kurzbraten. Es
hat eine rosa bis hell rosa Farbe.
Kalbfleisch ist zarter als Rind-
fleisch, weil bei den jungen Tie-
ren das Bindegewebe noch
weich ist und die Muskeln noch
nicht voll entwickelt sind. Das
Fleisch stammt in der Regel von
jungen Rindern, die fünf bis
sechs Monate alt sind. Im Ver-
gleich zum Rindfleisch hat Kalb-
fleisch einen milderen Ge-
schmack und ist so zart, dass es
nur wenige Tage abhängen muss.
Es ist besonders kalorienarm.“
Rezept
von Meisterkoch Gerhard Wieser