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ZEITZEUGE

PUSTERTALER VOLLTREFFER

JULI/AUGUST 2017

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Goller ist Jahrgang 1928 und

wuchs mit seiner jüngeren

Schwester Gertrud in Sillian als

Sohn des Tierarztes Dr. Georg

Goller auf. Seine Mutter Bertha

war Lehrerin. Als die Abstim-

mung über den Anschluss Öster-

reichs („Wiedervereinigung

Österreichs mit dem Deutschen

Reich“) erfolgte, war Goller ge-

rade einmal zehn Jahre alt.

„Meine Eltern weinten, als man

über das Radio erfuhr, dass der

Anschluss nun erfolgte.“ Am

12. März 1938 überschritten

Truppen der deutschen Wehr-

macht dann erstmals die Grenze

und marschierten ohne Wider-

stand in Österreich ein.

Ostmärkische

Sturmscharen

Sein Vater war ein zutiefst

überzeugter Nazi-Gegner und

Mitglied der Organisation der

ostmärkischen Sturmscharen.

Sie wurde 1930 in Österreich

unter führender Mitwirkung

des christlich-sozialen Natio-

nalrates Kurt Schuschnigg ge-

gründet – als „katholische kul-

turpolitische Erneuerungs- und

Schutzbewegung“ bzw. para-

militärische Wehrformation.

„Mein Vater war Führer dieser

Organisation im Oberland. Ich

war auch oft mit ihm mit, wenn

er als Tierarzt unterwegs war.

Da wurde bei den Leuten dann

immer viel politisiert.“ Goller

bekam auch mit, dass sein Vater

oft und gerne just vor dem

Schweinestall mit dem Hitler-

gruß grüßte. „Wenn man ihn da-

rauf ansprach, sagte er, dass er

das größte Schwein begrüße.“

Der Vater unterstützte die Ein-

heimischen auch beim Schmug-

geln. „Nach dem Krieg wurde

er allerdings sehr streng.“

Kruckenkreuze

Die Nazi-Herrschaft war be-

reits angebrochen, als sich Gol-

ler beim Skifahren das Schien-

bein brach. Zur Reha wurde er

nach Kalkstein geschickt – ins

damals bestehende Badl mit

Schwefelwasser. „Auch dort in

dem Weiler ist viel getratscht

worden rund um die Politik“,

so Goller, der natürlich seine

Ohren stets offen hatte, denn

Politik interessierte ihn.

„Damals traf ich in der Kir-

che auch zwei Pfarrer an, die

gerade auf der Flucht waren“,

erinnert er sich. „Und beim Ein-

gang waren zwei Krucken-

kreuze montiert“, wirft er noch

ein. Noch heute findet man

diese Kreuze in Kalkstein, die

das christliche Germanentum

symbolisieren (das Hakenkreuz

das heidnische). Neben dem

Eingang des Hauses Betanien

säumen die Kruckenkreuze

einen großen Doppeladler. An-

gebracht wurden die Symbole

einst von Vinzenz Schaller

(verst. 2003) aus Kalkstein, der

Günther Goller aus

Sillian erlebte den

Zweiten Weltkrieg als

Jugendlicher mit. So

manche Situation hat

er noch gut in Erinne-

rung. Wie etwa jenen

Tag, an dem er einem

amerikanischen Pilo-

ten, der sich aus einer

abstürzenden Ma-

schine mit dem Fall-

schirm rettete, helfen

wollte.

Günther Goller erlebte den Zweiten Weltkrieg als junger Bursche mit, der sich auch imWiderstand

organisierte.

Foto: Peter Unterweger

Kurt Schuschnigg (1934 in Genf) war von 1934 bis 1938 Bundes-

kanzler .

Schon als junger Mann