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OSTTIROLER

NUMMER 7-8/2017

3

HEIMATBLÄTTER

Um diese zu finden braucht es neben

Finderglück vor allem viel Geduld, denn

es fordert oft Stunden und Tage, bis man

auf das gewünschte Kreuzungsprodukt

trifft und nicht selten muss die Suche auf

das nächste Jahr verlegt werden, weil die

Seltenheiten nicht jedes Jahr zur Blüte

kommen.

Dactylorhiza fuchsii

×

Pseudorchis

albida

= ×

Pseudorhiza bruniana

Benannt ist die Gattungshybride nach

A. Brun, der sie 1865 auf dem Schimberg

bei Entlebuch im Schweizer Kanton Luzern

erstmals finden konnte. Aus der Schweiz

folgten mehrere Fundmeldungen, in Öster-

reich blieben Fundmeldungen lange Zeit

aus. Walter Vöth nennt die Hybride 1972

erstmals für Österreich, gefunden am Sölk-

pass in den Schladminger Tauern. 1987

wurde Vöth am Josefsberg und 1992 in der

Kalten Kuchl des niederösterreichischen

Alpenvorlandes fündig. Franz Fohringer

meldete Funde von den Seckauer Tauern,

der Salzburger Granatspitz-Gruppe und

der Bielerhöhe in der Silvretta, 2008 auch

einen Fund von der Lasörling-Gruppe in

Osttirol. Eigene Funde dieser Hybride ge-

langen uns 2004 bzw. 2006 amWinterlei-

tensee bzw. nahe der Frauenlacke in den

steirischen Seetaler Alpen und 2016 am

Golzentipp. Hier wuchs die Einzelpflanze

in einer windausgesetzten Gamsheide-

Matte südöstlich vom Gipfelkreuz.

Dactylorhiza majalis

×

Nigritella rhel-

licani

= ×

Dactylitella berninaensis

Größte botanische Besonderheit des

Golzentipps ist wahrscheinlich das Vor-

kommen von ×

Dactylitella berninaensis

,

dem bisher einzigen Fundort dieser Gat-

tungshybride in Österreich. Hier am Gol-

zentipp entdeckt haben es Siegfried Ka-

nitsch, Herbert Stärker, Helmut Zelesny

und das Ehepaar Welle am 19. Juli 2014.

Erstfinder und Beschreiber dieser Hy-

bride war das Ehepaar Schmid, welches

eine solche Pflanze am 27. Juli 1989 auf

der Alpe Bernina nordwestlich vom Ber-

nina-Pass im Schweizer Kanton Graubün-

den fand. Am 5. Juli 1993 konnte die

Hybride dort wiedergefunden werden, seit-

dem allerdings nicht mehr. Am 5. August

2007 fand Olivier Gerbaud ×

Dactylitella

berninaensis

imVercors der französischen

Alpen, wobei diese Pflanzen auffallend un-

gefleckte Blätter hatten. Mit diesem Fund

vom Golzentipp ist die Gattungshybride

nun auch für Österreich gesichert. Es fan-

den sich in den Jahren 2014, 2015 und

2016 jeweils zwei Pflanzen dieser Hybride

am gleichen Standort und auch in der glei-

chen Aufblühfolge (die untere Pflanze

blühte bereits auf, während die obere

Pflanze noch knospig war).

Gymnadenia conopsea

×

Nigritella

bicolor

=

×Gymnigritella hubertii

Die Hybride wurde vom Lumkofel im

Kärntner Teil der Gailtaler Alpen erstbe-

schrieben. Gefunden hat sie dort am 15.

Juli 2010 der Wiener Techniker und Ste-

ckenpferdbotaniker Peter Hubert, zu des-

sen Ehren sie auch benannt ist. Möglich

wurde eine solche Beschreibung erst nach

der Abtrennung der

Nigritella bicolor

von

Nigritella rubra

durch Wolfram Foelsche

im Jahr 2010 (F

OELSCHE

, 2010). 2013

konnte dann die ×

Gymnigritella hubertii

in

einem Stück auch am Golzentipp südwest-

lich von den Kutteschupfen in der Nähe

von

Nigritella bicolor

gefunden werden.

Gymnadenia conopsea

×

Nigritella

rhellicani

= ×

Gymnigritella suaveolens

Bei dieser Hybride handelt es sich wahr-

scheinlich um die häufigste Gattungshy-

bride Österreichs. Sie ist fast überall dort

zu finden, wo beide Elternarten gemein-

sam vorkommen. In den Gailtaler Alpen,

so auch hier am Golzentipp, ist das häufig

der Fall und dementsprechend oft lässt

sich der Bastard finden. Früher dürfte die

intergenerische Hybride in Osttirol noch

häufiger gewesen sein, denn A. Kerner be-

richtet, dass allein R. Huter über 600!

Exemplare im Gebiet um Kals gesammelt

hatte (K

ERNER

, 1865: 218).

Peter Hubert gelang am 14. Juli 2012 im

Gipfelbereich des Golzentipps der Fund

einer weißblühenden ×

Gymnigritella sua-

veolens

. Möglich wäre es hier, dass sich

ein weiß blühendes Rhellicanus-Kohlrös-

chen, wie es sie hier am Golzentipp ge-

legentlich zu finden gibt, und eine weiß

blühende Mücken-Händelwurz, wie sie

hier ebenfalls mehrfach vorkommen, ge-

kreuzt haben. Wahrscheinlicher ist es aber,

dass es sich um eine spontane Farbmuta-

tion einer Hybride handelt.

Gymnadenia conopsea

×

Pseudorchis

albida

= ×

Pseudadenia schweinfurthii

Benannt ist die Hybride zu Ehren des

deutschen Paläontologens und Botanikers

Dr. Georg August Schweinfurth (1836-

1925), der die Hybride Ende Juli 1863 am

Peterstein im Altvater-Stock des Mähri-

schen Gesenkes entdeckte. Kerner be-

schrieb die Kreuzung mit dem Namen

Schweinfurths, der noch im gleichen Jahr

Ägypten bereiste und bald ein bedeutender

Afrika-Forscher wurde. Neben der Gat-

tungshybride ist auch die Gattung

Schweinfurthia

aus der Familie der Wege-

richgewächse nach ihm benannt.

Die Hybride wurde und wird oftmals

verwechselt mit Spielformen der Mücken-

Händelwurz oder des Weißzüngels. Tat-

sächliche Funde aus Österreich liegen bis-

her von der Bürgeralm im steirischen

Hochschwab-Stock, vom Friesenkogel im

steirischen Almenland und vom Hohen-

wart aus den Wölzer Tauern vor. Vier

Pflanzen dieser Gattungshybride konnten

in den letzten Jahren nun auch am Gol-

zentipp gefunden werden, wodurch die

Hybride in Österreich nun erstmals außer-

halb der Steiermark bestätigt wurde. Mit

vier Pflanzen ist der Golzentipp auch der

Ort Österreichs mit den meisten Indivi-

duen, denn an den anderen Fundplätzen

waren es immer nur Einzelpflanzen. Hier

am Golzentipp findet sich die Pflanze im

Skilift-Bereich oberhalb der Conny-Alm

und in den ausgedehnten Bergwiesen süd-

lich vom Gipfelkreuz. Zwei Pflanzen zeig-

ten eine typische blassrosa Blütenfarbe,

die anderen zwei waren cremeweißblü-

Cirsium heterophyllum × C. spinosissi-

mum, Golzentipp (17. Juli 2010).

Dactylorhiza fuchsii × D. majalis, Gol-

zentipp (16. Juli 2010).

Dactylorhiza fuchsii x Pseudorchis albida,

Golzentipp (15. Juli 2016).