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geschränkt möglich. Die jungen Männer

standen aber auch schnell im Blickpunkt

der einheimischen Mädchen, denn die

eigenen Burschen und Männer zum

Verlieben hatte Hitler leider in unlauterer

Absicht an ferne Fronten gezwungen. …

In Wolfsberg, Stalag 18a, wurde ein Ge-

fangenenlager durch die Amerikaner ver-

sehentlich bombardiert und es gab 40 Tote.

So lebten die Leisacher Gefangenen in

permanenter Angst (und Gefahr), an der

Bahnlinie durch US-Bombenflieger ums

Leben zu kommen. Bombentrichter zwi-

schen Drau und Bahnlinie sind noch deut-

lich zu sehen. Der umsichtige Herr Leo

Pribil hatte die Australier aber immer wie-

der beruhigen können.“

Im Zuge seiner Recherchen konnte Roland

Domanig neue Erkenntnisse über die in Lei-

sach gefangenen Australier gewinnen:

„Phil Cleary, der Enkel des Gefangenen

Ted Dorian, konnte neue Informationen in

persönlichen Aufzeichnungen ehemaliger

Leisacher Gefangener finden. So steht fest,

dass Dorian, Goyen und Parlon geflüchtet

sind und in Leisach nicht mehr eingesetzt

wurden. Für diese drei gab es nach Auf-

greifung besonders harte Strafen und

Zwangsarbeit in Wolfsberg und Landeck

(Tunnelbau?) bis Kriegsende. Zur

Gräberöffnung am Rande des Lienzer

Friedhofs für die durch Bomberabsturz

ums Leben gekommenen Amerikaner Vin-

cent Marimpietri und Jerome Resler wur-

den Australier aus Leisach herangezo-

gen.“

Zum Ende des Gefangenenlagers

schreibt Roland Domanig:

„Noch einmal darf darauf hingewiesen

werden, dass die in den Leisacher Bara-

cken hausenden Gefangenen mit der an-

sässigen Zivilbevölkerung in gutem Ein-

vernehmen lebten und der aufrichtige Leh-

rer Franz Senfter, zum späteren Vorteil für

die Gemeinde, es daher wagen konnte, die

verbliebenen Gefangenen öffentlich zu ver-

abschieden.“

Silvester Eichhorner

(geb. 1928):

14

„Im Barackenlager Leisach waren die

nach Australien ausgewanderten engli-

schen Soldaten interniert, die über Wolfs-

berg hierher kamen und als Freigänger

vorwiegend bei der Drauverbauung in Lei-

sach eingesetzt waren. Sie wurden nach

Kriegsende im Sommer 1945 feierlich in

Leisach verabschiedet. Es gab drei Bara-

cken, zwei größere mit ca. 6 x 20 m und ca.

6 x 30 m und westlich davon eine kleine

Baracke mit ca. 6 x 8 m. Nach 1945 wurde

die nahe an der Drautalstraße stehende

lange Baracke abgetragen, und in der an-

deren Baracke zog man Trennwände ein

und vermietete drei Wohnungen. Um

1955 wurde diese Baracke abgetragen.

Der Leisacher Lehrer Franz Senfter er-

richtete mit zwei anderen Imkern aus den

abgetragenen Barackenteilen ein großes

Bienenhaus, das leider durch das Hoch-

wasser 1965 zerstört wurde. Um 1950 er-

warb mein Vater, vermutlich über die Be-

zirkshauptmannschaft Lienz, die kleine Ba-

racke und adaptierte sie als Wohnung, um

näher an der Baustelle des geplanten Ein-

familienhauses zu sein. Auch ein kleiner

Stall wurde angebaut und Vieh gehalten.

Von 1950 bis zum Umzug in das neue Ei-

genheim 1958 wohnte unsere Familie in

dieser Baracke. Wir hatten kein Wasser im

Haus, sondern mussten es von einer

Quelle holen, die von den Engländern ge-

fasst worden war. Nördlich der Baracke

verlief die Drautal-Bundesstraße und

direkt anschließend gegen Süden war ein

noch nicht zugeschütteter Teil des alten

Flussbettes der Drau. Nach dem heutigen

Stand befanden sich die Baracken westlich

der Bahnunterführung bei der Abzweigung

der neuen Zufahrt auf dem Areal der

Drautal-Bundesstraße und der Firma

Drauholz.

Wie man aus der im Jahre 1849 ange-

legten Katastralmappe entnehmen kann,

verliefen die Drau und die Pustertaler-

straße damals im Bereich von ,Leisitz‘

(Leisach – Gries) etwa gleich wie heute.

Durch die Hochwasserereignisse 1882

und 1917 wurde die Drau durch den Ge-

schiebeeinstoß des Galitzenbaches immer

mehr nach Norden gedrängt. Deshalb

wurde wohl auch die Pustertalerstraße an

die seit 1871 am nördlichen Hangfuß

verlaufende Bahnlinie verlegt. Wegen der

Gefährdung von Straße und Bahn wurde

1935-1945 die Drau wieder nach Süden

verlegt. Im Zuge dieser Bauarbeiten

wurde das Barackenlager errichtet.

Ich kann mich an den Beginn der Bau-

arbeiten für die Drauverlegung um 1935

erinnern. Für den Transport des Aushub-

materials wurde ein Netz von Feldbahnen

angelegt. Da fuhren wir Kinder an den Wo-

chenenden verbotenerweise mit den Roll-

wägen herum. Die Drauumleitung erfolgte

dann im Jahre 1940. Die Restarbeiten, wie

teilweise das Zuschütten des alten Fluss-

bettes und die Uferbefestigungen des

neuen Flussbettes dauerten bis 1945. An

Ereignisse ab 1940 kann ich mich weniger

erinnern, da ich mich von 1940 bis 1952

zur Ausbildung und nachfolgender Dienst-

zuteilung in Nordtirol befand und daher

nur kurzzeitig in Leisach war. 1952

wurde ich zur Außenstelle Lienz der Agrar-

behörde (Amt für Landwirtschaft) versetzt,

1989 ging ich in den Ruhestand.“

Der Dank des Autors geht an die

48 Zeitzeugen, die er wieder befragen

durfte und die ihm in mehreren

Gesprächen interessante Details aus

dieser Zeit erzählten, sowie an das Tiro-

ler Photoarchiv mit Herrn Dr. Martin

Kofler und seine Mitarbeiterinnen für

die Digitalisierung der Fotos.

Anmerkungen:

1

Hubert S

PECKNER

, In der Gewalt des Feindes. Kriegsge-

fangenenlager in der „Ostmark“ 1939 bis 1945, Wien-

München 2003, S. 330.

2

Zwei Gespräche erfolgten am 15. November 2014 und

am 22. Mai 2015 in ihrem Wohnhaus.

3

Zwei Gespräche wurden am 8. Oktober 2014 und am

19. Mai 2015 in ihrer Wohnung in der Lienzer Schloss-

gasse geführt.

4

Zwei Gespräche erfolgten am 3. September und am

8. Oktober 2014 in Lienz; Ergänzung durch E-Mail vom

21. Oktober 2014.

5

Ein ausführliches Telefonat mit Frau Obermoser erfolgte

am 27. November 2013.

6

Zwei Gespräche wurden am 25. März und am 20. Mai

2015 in ihrem Lienzer Eigenheim geführt.

7

Zwei Gespräche erfolgten am 27. Jänner und am 7. April

2014 in ihrem Lienzer Eigenheim.

8

Zwei Gespräche erfolgten am 17. März und 7. April 2015

in Lienz.

9

Gespräch am 19. Feber 2015 im Lienzer Südbahnheiz-

haus.

10

Zwei Telefonate mit Herrn Hofer wurden am 24. Feber

und am 20. Mai 2015 geführt.

11

Das Telefonat erfolgte am 8. August 2016.

12

Zwei Gespräche erfolgten am 10. und 17. August 2016.

13

Zwei Gespräche wurden am 1. Dezember 2014 und am

17. April 2015 in ihrem Lienzer Eigenheim geführt.

14

Zwei Gespräche erfolgten am 25. März und am 22. Mai

2015 in Lienz.

OSTTIROLER

NUMMER 9-10/2016

8

HEIMATBLÄTTER

IMPRESSUM DER OHBL.:

Redaktion: Univ.-Doz. Dr. Meinrad Pizzinini.

Für den Inhalt der Beiträge sind die Autoren

verantwortlich.

Anschrift des Autors dieser Nummer: Dipl.-

Ing. Siegfried Papsch, Bründlangerweg 2,

A-9900 Lienz; E-Mail:

s.papsch@gmx.at

Manuskripte für die „Osttiroler Heimatblät-

ter“ sind einzusenden an die Redaktion des

„Osttiroler Bote“ oder an Dr. Meinrad Pizzinini,

A-6176 Völs, Albertistraße 2 a; E-Mail:

meinrad.pizzinini@chello.at

Gattin Anni und Eltern von Silvester Eichhorner vor ihrer Wohnbaracke in Leisach, 1956.

(Sammlung Fam. Eichhorner)

Foto: Privataufnahme