OSTTIROLER
NUMMER 9-10/2016
3
HEIMATBLÄTTER
Gymnasiums im Jahre 1959 musste diese
Baracke abgetragen werden, und wir über-
siedelten in die 1er-Baracke am Rinder-
markt und zwar ganz vorne. Wir hatten zu-
nächst wieder nur einen einzigen Raum;
Toilette und Waschraum waren für alle
Barackenbewohner gemeinsam. Wir hatten
einen Sparherd, der mit Holz und Kohle
beheizt wurde. Später bekamen wir noch
einen Raum dazu. Mein Mann Erwin
(1936 bis 1996) bekam eine Anstellung als
Maurer bei der Firma Krasnik, und später
arbeitete er im Tunnelbau in Deutschland.
Ich selbst war 9 ½ Jahre als Aufräumerin
im Bundesrealgymnasium und anschlie-
ßend in der Stadtgemeinde angestellt.
Mein Schwager hat uns das Wasser in
einen Raum eingeleitet und im Raum da-
neben anstelle des Holzlagerraumes eine
Toilette eingerichtet. Letztendlich hatten
wir für uns und unsere mittlerweile sieben
Kinder drei Räume zur Verfügung. Die
Wohnqualität war erbärmlich. Den frühen
Tod meiner Tochter Simone (1969-1970)
und auch meinen jetzigen schlechten Ge-
sundheitszustand schreibe ich der kalten
und feuchten Wohnung zu. Deshalb habe
ich keine guten Erinnerungen an diese
Barackenzeit. Unsere Baracke wie auch
die anderen zwei Baracken waren mit
roten Ziegelsteinen gemauert. Wir haben
diese Baracken als Steinbaracken be-
zeichnet. Mit Abbruch der Baracken über-
siedelten wir neun Personen in die jetzige
Kleinstwohnung (45 m²) in die Schloss-
gasse. Erst im Jahre 1997 bekam ich die
Mittelwohnung der Frau Seidel dazu.“
Maria Oberhauser,
geb. Tabernig (geb. 1948):
4
„Ich wurde in der Bürgerau geboren und
bin mit meinen Eltern und meinen vier Ge-
schwistern (Erich, Anna, Alois und Josef)
im Jahre 1950 in die 3er-Baracke am Gra-
fenanger gezogen. Ich erinnere mich noch
sehr gerne an das Spielen im Freien, an
die Kindergartentante Alma Griesacher,
an die Pferdekutschenfahrten im Winter
und an unseren Gemüsegarten. Zu viert
hatten wir ein eigenes Kinderzimmer, in
dem es imWinter allerdings sehr kalt war,
am Fenster blühten die schönsten Eis-
rosen. Ich erinnere mich noch, dass wir im
Küchenherd angewärmte Steine oder Zie-
gel in Tücher gewickelt und diese zum
Wärmen mit ins Bett genommen haben.
Wir haben unserem Nachbarn, Herrn
Probst, er war Stadtplakatierer, geholfen
Plakate zusammenzulegen. Für 100 zu-
sammengelegte Plakate haben wir 50 Gro-
schen bekommen. Als Kind sagte ich zu
den Leuten: ‚Mein Vater ist Tischler, der
kann alles!‘ und das stimmte wirklich. Die
Leute brachten ihm alles Mögliche und er
hat alles reparieren können: Radios,
Uhren, Messer schleifen, Fahrräder repa-
rieren usw. Als die Zeit des Baubeginns des
Gymnasiums kam, spielten wir Kinder
gerne in diesem Rohbau, obwohl es ver-
boten war. Wir sammelten Eisen- und Kup-
ferreste, brachten diese zum Alteisen-
händler neben dem Fischwirt und beka-
men dafür ein kleines Taschengeld. Viele
der Barackenbewohner sind ab 1956 in die
Friedensiedlung gezogen. Das hätte auch
ich mir gerne gewünscht. Aber mein Vater
Abtrag der 1er-Baracke im April/Mai 1973. An dieser Stelle wurde die Volksbank er-
richtet.
Foto: Heinz Rainer
Baracke Nr. 3, um 1960. Im vorderen Teil befindet sich heute noch die Werkstätte der Gla-
serei Rainer.
Foto: Heinz Rainer
Links die
2er-, rechts
die 3er-
Baracke am
Rindermarkt,
1945; mit
der Aufnahme
sollten
speziell die
zahlreichen
Schwalben
auf den
Leitungs-
drähten fest-
gehalten
werden.
(Sammlung
Elisabeth
Aigner)
Foto: Elisa-
beth Aigner