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Engländer in Leisach. Er erzählte uns,

dass einer seiner Schützlinge passionierter

Gärtner sei und herrliches Gemüse züch-

tete und gerne etwas für uns abgeben

würde. Wir Schumi-Mädchen sollten mit

Rucksäcken kommen, die Lagerinsassen

seien schon informiert. Gerne radelten wir

dorthin und wurden von den Männern

freundlichst begrüßt. In gebrochenem

Deutsch wurde uns versichert, dass wir

wiederkommen könnten, es sei ausreichend

Gemüse da. Es war dies eine lukrative

Zubuße zu unserer doch kargen Kost.

Mit einem herzlichen ‚Dankeschön‘

und ‚Auf Wiedersehn‘ verabschiedeten wir

uns.

Einer der englischen Soldaten sah

meine Schwester Elfriede ganz lieb an und

drückte ihr verstohlen die Hand. ‚Komm

wieder!‘ flüsterte er. Gerne kam sie wieder,

nicht nur des Gemüses wegen, sondern um

‚ihn‘ wiederzusehen! So gingen die Som-

merwochen dahin. Im Überschwang der

Gefühle schrieben sie sich Briefe, die sie

sich natürlich heimlich zusteckten. Er

nannte sie zärtlich ‚Elfi‘ und für sie war er

der herzallerliebste Allan. Er hatte fest vor,

nach dem Krieg wiederzukommen und

seine Elfi heimzuholen. Vor lauter Glück-

lichsein vergaßen sie jede Vorsicht, denn

jeder schenkte seinem Schatz ein Foto.

Während dieser Zeit regierte die Gestapo.

Diese Leute schnüffelten überall herum.

Eines Tages hielten sie in diesem Lager

eine Razzia und fanden Briefe und Fotos.

Meine Schwester, sie war Schreibkraft bei

der Gestapo, wurde zum Dauernachtdienst

verurteilt, was ihr begreiflicherweise viel

Nervenkraft kostete. Die Gestapoleute

durchsuchten daraufhin auch unseren

Keller im Hoferhaus nach Lebensmitteln

englischer Herkunft, konnten aber nichts

finden. Die Zeit heilt zwar diese Unan-

nehmlichkeiten, das zarte Liebesverhältnis

war jedoch für immer zerstört.“

Der Chronist

Mag. Roland Domanig

berichtet in der „Gemeindezeitung Lei-

sach“ 127 (September 2015) unter dem

Titel „Projekt Drauverbauung Leisach Er-

gänzungen“ (S. 5-10):

„Schon vor und dann mit Beginn der

Naziherrschaft ab 1938 begann man mit

Vorbereitungsarbeiten, die Drau wieder in

ihr ursprüngliches Bett an den Fuß des

Spitzkofels zurückzuwerfen. Heutiger Zu-

stand! … Ein Netz von Kleingeleisen mit

Loren überzog das Gelände, eine Behelfs-

brücke führte auf die linke Drauseite, wo

eine Servicestelle für die E-Lok bestand. In

den Baracken, das wäre heute zwischen

ca. Fa. Steinringer und Volgger Drauholz

schliefen Osttiroler ev. auch Kärntner Bau-

arbeiter. Die Drau floss noch direkt an den

Baracken vorbei, also nahe der Bahn-

überführung und mündete weiter östlich

wieder in ihr altes Flussbett. 1941, nach

der Eroberung Griechenlands und Kretas,

zog eine ca. 26-köpfige Gefangenen-

gruppe vom Anhaltelager Wolfsberg Stalag

18a kommend in den Baracken ein. Es

waren Australier und einige Engländer, die

nun einen harten Außendienst an der

Draubefestigung antreten mussten. …

Die Gefangenen fügten sich eigentlich

problemlos in die Lagervorschriften, was

eine mehr oder weniger großzügige La-

gerführung durch das Wach- und Versor-

gungspersonal Quitt – Pribil erlaubte. So

durften sich die Australier fast frei bewe-

gen, Fußball spielen, musizieren, sich eine

primitive Duschvorrichtung bauen, einen

kleinen Generator für Stromerzeugung be-

treiben. Kontakt zur Bevölkerung war ein-

OSTTIROLER

NUMMER 9-10/2016

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HEIMATBLÄTTER

Die in Leisach internierten englischen Soldaten als Freigänger bei

einem Fußballspiel in den Feldern von Leisach/Gries, um 1943.

(Sammlung Mag. Roland Domanig)

Unbekannter Fotograf

Die internierten englischen Soldaten bei der Drauverbauung in

Leisach, 1943.

(Sammlung Mag. Roland Domanig)

Unbekannter Fotograf

Elfriede Schumi, Lagerleiter Leo Pribil

und Elisabeth Schumi (v. l.) im Areal der

Leisacher Baracken, Sommer 1942.

(Sammlung Elisabeth Aigner)

Foto: Johanna Schumi

Flugaufnahme aus dem Jahr 1960 mit eingetragener Drau (blau), Drautalstraßenführung

(gelb) und den drei Baracken (rot)

(Zur Verfügung gestellt vom Baubezirksamt Lienz)

Unbekannter Fotograf