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CHRONIK

PUSTERTALER VOLLTREFFER

NOVEMBER/DEZEMBER 2015

10

Südtiroler

in der Waffen-SS

Verlag Raetia

240 Seiten

Preis: 24,90 €

Steckbrief:

Name:

Thomas

Casagrande

geboren:

1956

Beruf:

Lehrer (dzt. Im

Hochschuldienst an

der Goethe Uni),

Autor

wohnhaft:

Frankfurt

Eltern:

Hildegard und

Otto Casagrande

Geschwister:

ein

Bruder

Thomas Casagrande (Bildmitte) beim Holzmachen mit Vater Otto

und Bruder.

Die Familie mit Mutter Hildegard.

Südtiroler in der SS-Ausbildung in München.

Aber natürlich bleibt etwa der

Holocaust ein entscheidender

Moment in der Geschichte der

Waffen-SS. Dies bleibt für

immer unentschuldbar. In mei-

nem Buch zitiere ich aus einem

Brief meines Vaters kurz vor

seinem Tod. Er schrieb, dass er

alles für seine Heimat getan

habe. Er macht dabei keinen

Unterschied zwischen VKS-

Aktivitäten und Waffen-SS. In

einem anderen Brief verurteilt

er den Holocaust und distan-

ziert sich von diesen Taten von

Angehörigen der Waffen-SS.

Es bleibt ein widersprüchliches

Bild.“

Wie erlebten Sie Ihren Vater

als Kind?

Casagrande:

„Mein Vater

sprach viel über den Krieg. Als

Kind war ich nur voller Stau-

nen und Spannung über die Ge-

schichten von der Front. Doch

wenn ich seine Autorität real

oder auch nur vermeintlich an-

griff, nicht gehorchte, war es

hart, und ich hatte dann Angst

vor ihm. Die meisten Kinder

der Krieger sind geschlagene

Kinder. Da bin ich keine Aus-

nahme. Als Jugendlicher habe

ich mit ihm gestritten – heftig,

sehr heftig. Ich habe ihn geliebt

und als Kind gefürchtet – auch

später ist immer diese Mi-

schung geblieben aus Wut auf

ihn aber auch großer Liebe.“

Wo sind Sie aufgewachsen?

Casagrande:

„Ich bin Frank-

furter und auch hier 1956 ge-

boren. Meine Mutter Hildegard

war Kriegswitwe (der erste

Mann verstarb in russischer

Gefangenschaft) und Antinazi.

Sie hatte einen wichtigen Ein-

fluss auf meinen Vater und half

ihm vieles zu verändern. Mein

Bruder – geboren 1954 – lebt

noch.“

Wie oft kommen Sie nach

Südtirol?

Casagrande:

„Ich war im

Jahr 1970 mit knapp 14 das

erste Mal da. Vorher hatten

meine Eltern kein Geld. Dann

folgten Jahre ohne Kontakt.

Seit 1998 komme ich fast jedes

Jahr und inzwischen oft auch

zweimal im Jahr.“

Interview: Martina Holzer