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bleibt über den Pilger Jakob und
die Reliquie des Martyrers Bene-
dikt in der Pfarrkirche zu Kar-
titsch durchaus glaubwürdig zu
berichten:
Jakob Jungmann entstammte dem
Jungmannhof, einem Urhof in St.
Oswald, Gemeinde Kartitsch und
wurde im Juli 1794 als Sohn des
Franz Jungmann und der Elisa-
beth, geb. Prugger zu Unterniggi-
ler geboren. Nach der Volksschu-
le, damals noch in einer Bauern-
stube in Kartitsch, erlernte er in
der Metzmühle einer Nachbarge-
meinde das Müllerhandwerk und,
trotzdem er nie eine höhere Schu-
le besuchte, eignete er sich die
lateinische Sprache an, die er in
Wort und Schrift beherrschte.
Bald trieb es den jungen Müller
in die Fremde, er fand in einem
Müllereibetrieb in Südtirol Arbeit
und verliebte sich bald in des
Müllers einzige Tochter. Die Bei-
den wollten heiraten.
Da dem wohlhabenden Müller
der arme, dahergelaufene Bursche
zu minder war, verbot er die Be-
ziehung, die Liebenden trafen
sich heimlich und als der stolze
Müller ungewollt Großvater wur-
de, verjagte er den Gesellen mit
Schimpf und Schmach vom Haus.
Ein lediges Kind war damals eine
Schande für ein Haus, nicht selten
wurde es auch im Dorf geächtet
und benachteiligt. Bei einer Tante
fanden die Eltern einen guten
Pflegeplatz für den Sprössling,
einen Knaben, die Kosten hiefür
übernahm der junge Vater. Trotz-
dem die Lösung der Beziehung
schmerzte, gelobte der junge
Müller zur Sühne für seinen Fehl-
tritt eine Wallfahrt nach Rom und
Palästina.
Trotz schlechter Zeiten und mit
wenig Geld in der Tasche ging
der junge Mann um 1815-16 auf
Pilgerschaft. Bald ging ihm das
Geld aus, mit Betteln und langen
Fußmärschen kam er mit abgetra-
genen Kleidern und zerrissenem
Schuhen nach Rom, wo er jedoch
Hilfe bekam.
Im Pilgerhospitz an der österrei-
chischen
Nationalkirche
dell`Anima wurde der Pilger auf-
genommen, eingekleidet und
nach Vorschrift der Stiftung über
drei Tage beherbergt und verkös-
tigt. So konnte er die Sakramente
empfangen und die heiligen Stät-
ten besuchen.
Sein nächstes Ziel war Neapel,
dessen Königin als sehr wohltätig
bekannt war und sicher werden
ihm seine Lateinkenntnisse gehol-
fen haben. Tatsächlich empfing
die hohe Frau den einfachen Pil-
ger und händigte ihm nach Anhö-
ren der Pilgerpläne einen namhaf-
ten Geldbetrag aus. Damit konnte
er ein Schiff besteigen, das nach
Palästina führte.
Über Schifffahrt und Pilgererleb-
nisse in Palästina ist wenig be-
kannt. Auf dem Rückweg über-
brachte Jakob der Königin jedoch
eine Reliquie und ein elfenbeiner-
nes Kruzifix zum Geschenk. Dar-
über und den Reisebericht erfreut
überließ die gute Frau dem Pilger
nochmals einen Geldbetrag, wo-
mit Jakob bei der Heimkunft
mehr Barmittel hatte als beim An-
tritt seiner Pilgerschaft.
In der Heiligen Nacht des Jahres
1816 wurden durch einen Groß-
brand im St. Oswalder Oberdorf
zwei Doppelhäuser vernichtet,
darunter auch das Elternhaus des
Jakob Jungmann und man er-
zählte sich, dass Jakob mit äu-
ßerster Anstrengung den Korn-
kasten seines Bruders mit den
Jahresvorräten von den Flammen
retten konnte. Die nächsten Jahre
blieb der Weltenbummler da-
heim, half seinem Bruder beim
Wiederaufbau des Hofes und ver-
diente sich als Müller das not-
wendige Geld zur Finanzierung
der Studienkosten für seinen
Sohn, der Priester wurde und spä-
ter in Sillian als Hilfspriester im
kirchlichen Dienst stand.
Im reifen Mannesalter war Jakob
Jungmann wieder unterwegs.
Überliefert sind zwei Pilgerfahr-
ten nach Jerusalem und mehrere
Rom-Pilgerschaften. Nach den
bereits erwähnten Aufzeichnun-
gen des Kuraten Felician Kaler in
der Pfarchronik brachte er 1846
von den Katakomben in Rom Re-
liquien des Heiligen Leib Bene-
dikt, Martyrer mit und ersuchte
die Kirchenbehörde in Brixen um
die Erlaubnis zur Verehrung. Der
Brixner Bischof bestätigte die
Echtheit von Reliquie, Begleit-
schreiben und Siegel und erlaubte
die Verehrung in jeder Kirche der
Diözese.
Erzählt wird, dass Jungmann auf
dem Weg nach Rom in Brixen
um ein Empfehlungs-Schreiben
vorsprach, was brüsk abgelehnt
wurde. Der erstaunten Kurie in
Brixen erklärte er nun: „Was
Brixen nicht schreibt, kann Rom
nicht lesen!“ Dieser Ausspruch
hielt sich im dörflichen Sprachge-
brauch und kann fallweise noch
heute gehört werden.
Pilger Jakob Jungmann bot die
Reliquie nun seiner Heimatge-
meinde Kartitsch als Geschenk
an, nur für Weiterlieferung, Fas-
sung und Aufstellung müsse die
Gemeinde aufkommen. Darüber
erfreut, spendete die Bevölkerung
272 Gulden, womit die anfallen-
den Kosten gedeckt werden konn-
ten. Fassung und Reliquien-
schrein besorgten die Ursulinen
in Bruneck und am 26. Mai wur-
de der Hl. Leib erstmals in der
Sillianer Elendkapelle zur Vereh-
rung aufgestellt. Viele Gläubige
von Sillian, Kartitsch und Umge-
bung kamen zum Gebet. In Pro-
zession mit Gebet und Gesang
zwischen Priestern und Volk wur-
de der Schrein sodann von zwölf
Kartitscher Burschen in National-
tracht durch den Markt und bis