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Dorfleben – Menschen
Virger
Zeitung
ums finanziell soweit möglich, aber
ich verdiente mir einen Teil mei-
nes Lebensunterhaltes durch Putz-
arbeiten, Babysitten und zuletzt ar-
beitete ich in einem medizinischen
Labor. Die Turnusausbildung ab-
solvierte ich in Reutte und Lienz,
wo ich Hans kennenlernte. 1977
haben wir geheiratet und in zwei-
jährigen Abständen kamen unsere
Kinder Karin, Claudia, Cornelia
und Martin und fünf Jahre später
Christina. Derzeit dürfen wir uns
über sieben Enkelkinder freuen.
In unserer Praxis war ich haupt-
sächlich in der Hausapotheke und
als Vertretung tätig. Die letzten
Jahre, als die Kinder schon groß
waren, habe ich auch als Sprech-
stundenhilfe mitgeholfen. Die
schulärztliche Tätigkeit habe ich
24 Jahre lang ausgeführt. Mit fünf
Kindern war ich ausgelastet und
wollte, dass die Familie an erster
Stelle steht und somit ist mein
Beruf natürlich in den Hinter-
grund geraten. Es war mir immer
ein Anliegen, mich in die Dorfge-
meinschaft einzubringen. Ich habe
mich beim Sozialkreis engagiert
und bei der Kinderliturgiegruppe
mitgearbeitet. Das war eine
schöne, unvergessliche Zeit, an die
ich gerne zurückdenke. Gerne
denke ich auch an die zehn Jahre,
die meine Mutter bei uns gelebt
hat. Ich habe sehr viel von ihr ge-
lernt, von ihrer Lebensfreude,
ihrem Optimismus. Sie war ein
wunderbarer Mensch und die
beste Großmutter, die man sich
denken kann. Auch die letzten
Jahre, in der ihre Vitalität mehr
und mehr abnahm und die Pflege
schwerer und schwerer wurde,
wollte ich nicht missen. Es ist ein
sehr tiefes und berührendes Erleb-
nis, wenn man einen lieben Men-
schen bis zu seinem Ende begleiten
und unterstützen darf. Man ver-
gisst alle Belastung, und was bleibt
ist eine große Dankbarkeit.
Mein Mann Hans und ich, wir
haben uns zeitlebens immer gut
verstanden, wir sind dankbar für
unsere Familie und für das gemein-
same Altwerden und hoffen, dass
das noch lange so bleibt.
hans über seine
leben als dorfarzt:
1979 wurde die Stelle von Dr.
Winkler, der in Pension ging, in
Matrei i. O. frei, und wir sind ins
dortige Sprengelhaus eingezogen
und haben die Ordination über-
nommen. Vor der Pensionierung
hat mich Dr. Winkler über einen
Monat auf seinen Visiten mitge-
nommen und mich mit Land und
Leuten bekannt gemacht. 1981
haben wir in Virgen mit dem
Hausbau begonnen. Die Ge-
meinde Virgen (Bürgermeister
Peter Ploner) bot uns einen Bau-
grund an, unter der Bedingung,
dass wir hier eine Allgemeinpraxis
einrichten. Obwohl nicht immer
ganz einfach, haben wir diesen
Schritt nie bereut. Schließlich er-
hielten wir auch, nach einigen
Querelen, die Berechtigung, eine
Hausapotheke zu führen; aus wirt-
schaftlicher Sicht notwendig zum
Überleben.
Ich habe meinen Beruf geliebt. Die
Anliegen meiner Patienten stan-
den da an erster Stelle, ob ich dem
auch immer gerecht geworden bin,
weiß ich nicht. Meine Familie hat
jedenfalls oft gespürt, dass ich für
sie nicht vorhanden war. 2001, im
Alter von 65 Jahren, war ich „pen-
sionsreif“. Das ist mir nicht schwer
gefallen, da ich mit Dr. Anton
Huber einen Wunschnachfolger
gefunden hatte. Zustande kam der
Kontakt über seinen Arztbruder
Michael, der mich mehrmals im
Urlaub vertreten hatte. Nach mei-
ner Pensionierung konnte ich
mich noch einige Jahre in der Ge-
meinde nützlich machen. Etwa als
Fahrer des „Virger Mobil“ oder bei
„Essen auf Rädern“ oder bei Kran-
kentransporten nach Matrei und
Lienz konnte ich den Kontakt zu
meinen Leuten weiter pflegen.
Nach einigen gesundheitlichen
Problemen, einseitiger Erblin-
dung, deutlich abnehmender Hör-
fähigkeit und notwendiger Kran-
kenhausaufenthalte wurde mein
Lebenskreis deutlich kleiner. Der
Kontakt zu Bergrettung und Flug-
rettung schlief völlig ein, meine
Freude an Musik – besonders hin-
sichtlich Chorgesang – war massiv
eingeschränkt, aber so ist das
Leben. Ich denke, es war alles in
allem ein gutes Leben und dafür
bin ich dankbar, besonders – last
but not least – für die Partner-
schaft mit Gerlinde.
Übung bei der Flugrettung in lienz.