Previous Page  53 / 72 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 53 / 72 Next Page
Page Background

53

Dorfleben – Menschen

Virger

Zeitung

ums finanziell soweit möglich, aber

ich verdiente mir einen Teil mei-

nes Lebensunterhaltes durch Putz-

arbeiten, Babysitten und zuletzt ar-

beitete ich in einem medizinischen

Labor. Die Turnusausbildung ab-

solvierte ich in Reutte und Lienz,

wo ich Hans kennenlernte. 1977

haben wir geheiratet und in zwei-

jährigen Abständen kamen unsere

Kinder Karin, Claudia, Cornelia

und Martin und fünf Jahre später

Christina. Derzeit dürfen wir uns

über sieben Enkelkinder freuen.

In unserer Praxis war ich haupt-

sächlich in der Hausapotheke und

als Vertretung tätig. Die letzten

Jahre, als die Kinder schon groß

waren, habe ich auch als Sprech-

stundenhilfe mitgeholfen. Die

schulärztliche Tätigkeit habe ich

24 Jahre lang ausgeführt. Mit fünf

Kindern war ich ausgelastet und

wollte, dass die Familie an erster

Stelle steht und somit ist mein

Beruf natürlich in den Hinter-

grund geraten. Es war mir immer

ein Anliegen, mich in die Dorfge-

meinschaft einzubringen. Ich habe

mich beim Sozialkreis engagiert

und bei der Kinderliturgiegruppe

mitgearbeitet. Das war eine

schöne, unvergessliche Zeit, an die

ich gerne zurückdenke. Gerne

denke ich auch an die zehn Jahre,

die meine Mutter bei uns gelebt

hat. Ich habe sehr viel von ihr ge-

lernt, von ihrer Lebensfreude,

ihrem Optimismus. Sie war ein

wunderbarer Mensch und die

beste Großmutter, die man sich

denken kann. Auch die letzten

Jahre, in der ihre Vitalität mehr

und mehr abnahm und die Pflege

schwerer und schwerer wurde,

wollte ich nicht missen. Es ist ein

sehr tiefes und berührendes Erleb-

nis, wenn man einen lieben Men-

schen bis zu seinem Ende begleiten

und unterstützen darf. Man ver-

gisst alle Belastung, und was bleibt

ist eine große Dankbarkeit.

Mein Mann Hans und ich, wir

haben uns zeitlebens immer gut

verstanden, wir sind dankbar für

unsere Familie und für das gemein-

same Altwerden und hoffen, dass

das noch lange so bleibt.

hans über seine

leben als dorfarzt:

1979 wurde die Stelle von Dr.

Winkler, der in Pension ging, in

Matrei i. O. frei, und wir sind ins

dortige Sprengelhaus eingezogen

und haben die Ordination über-

nommen. Vor der Pensionierung

hat mich Dr. Winkler über einen

Monat auf seinen Visiten mitge-

nommen und mich mit Land und

Leuten bekannt gemacht. 1981

haben wir in Virgen mit dem

Hausbau begonnen. Die Ge-

meinde Virgen (Bürgermeister

Peter Ploner) bot uns einen Bau-

grund an, unter der Bedingung,

dass wir hier eine Allgemeinpraxis

einrichten. Obwohl nicht immer

ganz einfach, haben wir diesen

Schritt nie bereut. Schließlich er-

hielten wir auch, nach einigen

Querelen, die Berechtigung, eine

Hausapotheke zu führen; aus wirt-

schaftlicher Sicht notwendig zum

Überleben.

Ich habe meinen Beruf geliebt. Die

Anliegen meiner Patienten stan-

den da an erster Stelle, ob ich dem

auch immer gerecht geworden bin,

weiß ich nicht. Meine Familie hat

jedenfalls oft gespürt, dass ich für

sie nicht vorhanden war. 2001, im

Alter von 65 Jahren, war ich „pen-

sionsreif“. Das ist mir nicht schwer

gefallen, da ich mit Dr. Anton

Huber einen Wunschnachfolger

gefunden hatte. Zustande kam der

Kontakt über seinen Arztbruder

Michael, der mich mehrmals im

Urlaub vertreten hatte. Nach mei-

ner Pensionierung konnte ich

mich noch einige Jahre in der Ge-

meinde nützlich machen. Etwa als

Fahrer des „Virger Mobil“ oder bei

„Essen auf Rädern“ oder bei Kran-

kentransporten nach Matrei und

Lienz konnte ich den Kontakt zu

meinen Leuten weiter pflegen.

Nach einigen gesundheitlichen

Problemen, einseitiger Erblin-

dung, deutlich abnehmender Hör-

fähigkeit und notwendiger Kran-

kenhausaufenthalte wurde mein

Lebenskreis deutlich kleiner. Der

Kontakt zu Bergrettung und Flug-

rettung schlief völlig ein, meine

Freude an Musik – besonders hin-

sichtlich Chorgesang – war massiv

eingeschränkt, aber so ist das

Leben. Ich denke, es war alles in

allem ein gutes Leben und dafür

bin ich dankbar, besonders – last

but not least – für die Partner-

schaft mit Gerlinde.

Übung bei der Flugrettung in lienz.