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ummer

58 - D

ezember

2017

A

llgemein

Anna ist 21 Jahre alt und die

jüngere Tochter von Barbara

und Camillo Girstmair. Sie

absolvierte bei den Domi-

nikanerinnen in Lienz den

Aufbaulehrgang für wirt-

schaftliche Berufe, den sie

im Juni 2017 mit der Matura

erfolgrich abschloss. Anna

schreibt sehr gerne und

strebt eventuell eine journa-

listische Laufbahn an.

Zur besinnlichsten Zeit des

Jahres fallen uns meistens

sehr schnell einige zentrale

Begriffe wie Adventkranz,

Kerzen, Schnee, Christkindl-

markt, Glühwein, Zuckerwat-

te, Kastanien, viele Lichter

und Geschenke ein. Wenn wir

daran denken, können wir uns

das Ambiente vor unserem

inneren Auge deutlich vor-

stellen und die verschiedenen

Düfte und Gerüche wahrneh-

men. Es wird früher dunkel,

die Stimmung ist heimelig

und irgendwie magisch. Doch

dann schaltet man zu Hause

den Fernseher ein oder scrollt

im Internet durch die Schlag-

zeilen und findet Attentate,

Terroranschläge, Flüchtlings-

krisen oder Klimakrisen.

Weihnachten als Fest der Be-

sinnung?

Was verbindest du mit Weih-

nachten?

Sind es die Geschenke, ist es

der Urlaub, die Familie oder

ist der Heilige Abend nur ein

ganz normaler Arbeitstag

für

dich

?

Vielen Menschen ist die Ge-

schichte zu diesem besonde-

ren Festtag bereits verloren

gegangen. Bei den vielen

unterschiedlichen Religionen

und Glaubensrichtungen, die

es mittlerweile auf der ganzen

Welt gibt, ist das nicht ver-

wunderlich. Biblisch gesehen

kommt an diesem besonde-

ren Abend der Sohn Gottes

auf die Erde, nachdem seine

Eltern Maria und Josef nach

langer beschwerlicher Reise

keine Unterkunft gefunden

haben und von hartherzigen

Wirten abgewiesen worden

sind. So hat Jesus ganz un-

spektakulär unter ärmsten

Verhältnissen in einem Stall

das Licht der Welt erblickt.

Wir feiern den Heiland, der

gekommen ist, um uns von

unseren Sünden zu erretten.

Weihnachten ist ein Fest des

Friedens und der Freude -

trotzdem herrscht in vielen

Ländern Krieg. Menschen

müssen unter schrecklisten

Bedingungen ihr Zuhause

verlassen und setzen dabei

ihr Leben und das ihrer Fami-

lien aufs Spiel, um in einem

friedlichen Land in Sicherheit

leben zu können.

Irgendwo rast ein LKW in

eine Menschenmenge und

auf einem Konzert schießt ein

Wahnsinniger um sich und

tötet unschuldige Zivilisten.

Aufgrund der rasenden Kli-

maveränderungen

können

wir uns auch schon länger

nicht mehr auf den Schnee

am Weihnachtsabend verlas-

sen, der immer ein wenig zur

adventlichen Atmosphäre da-

zugehört hat.

Wenn wir ehrlich sind, dann

sehen wir ganz genau, wie

unaufgeräumt die Welt ist

und wie schnell die Zeit ver-

geht. Mit den sozialen Netz-

werken und den weltweit

vernetzten Medien kann man

sich zu jeder Tagessituation

über die aktuellsten Nach-

richten informieren - und die

sind meistens nicht sehr er-

freulich.

Irgendwo liegt eine Stadt in

Schutt und Asche. Irgendwo

trauert eine Familie um ihre

Angehörigen. Irgendwo sit-

zen Kinder und Jugendliche

auf der Straße, weil sie kein

richtiges Zuhause haben. Ir-

gendwo sind Menschen ganz

allein.

Weihnachten ist das Fest der

Liebe. Es ist so einfach, je-

manden zu beschimpfen oder

zu beleidigen, aber wie oft

sagt man einer nahestehenden

Person, dass man sie liebt?

Egal ob Freund oder Freun-

din, Eltern oder Geschwister.

Ich finde, in einer Zeit wie

dieser ist es besonders wich-

tig, sich bewusst zu werden,

dass nicht nur materielle Gü-

ter unser Leben bereichern,

sondern Wertschätzung, Lie-

be, Respekt und Achtung vor

Mensch und Tier bedeutend

für uns sind. Dankbar zu sein,

dass wir in Frieden leben

können in einer Zeit, die von

Krieg, Terrorismus und Zer-

störungswut geprägt ist.

Auch jetzt sind immer noch

viele Menschen auf der

Flucht, aber nicht nur vor

Krieg, sondern auch vor

Einsamkeit, Problemen oder

Sorgen. Wir können uns je-

den Tag entscheiden, ob wir

diesen Menschen die Tür vor

der Nase zumachen, so wie

die Wirtsleute es bei Maria

und Josef getan haben oder

ob wir sie hereinlassen und

beginnen, ein Licht für ande-

re zu sein.

Wir können nicht verhindern,

was überall auf den Konti-

nenten passiert und wir soll-

ten realistisch mit gewissen

Tatsachen umgehen, aber wir

dürfen uns trotzdem über un-

ser Leben freuen. Wir können

Anteil am Leid anderer neh-

men und für sie beten, spen-

den oder selbst in Hilfsorga-

nisationen aktiv mitarbeiten.

Aber wir sollten uns nicht

runterziehen lassen oder uns

daheim verkriechen, weil die

Angst vor der Haustür herum-

schleicht. Die Welt ist groß

und sie kann beängstigend

sein, doch wir sind hier und

wir werden so lange hier in

dieser Welt bleiben, bis wir

irgendwann einmal wieder

von ihr gehen. Und bis es so-

weit ist, können wir das Beste

aus dem machen, was uns das

Leben bietet.

An Weihnachten geht es nicht

ums „Geschenke-hamstern“,

wie es uns von diversen Wer-

bungen, Online-Shops usw.

eingeredet wird, sondern um

die Liebe Gottes zu uns Men-

schen. Allerdings werden wir

regelrecht dazu gedrängt,

Konsumgüter zu erwerben

und werden hierfür kostenlos

mit bahnbrechenden Angebo-

ten überschwemmt.

Vielleicht ist es nun an der

Zeit umzudenken und nicht

den Geschenken den Vorrang

zu lassen, sondern den Lieben

in seiner Familie. Dass man

sich Zeit nimmt für Freunde,

die man schon lange nicht

mehr gesehen hat oder denen

es schlecht geht. Dass man

mit offenen Augen durch die

Welt geht und nicht immer

nur an sich denkt. Dass man

mit Worten aufpasst, die man

ausspricht, denn sie können

das Herz eines Mitmenschen

schlimmer verletzen, als ein

Wie weihnachtet es in dir?

Ein Statement von Anna Girstmair

Anna Girstmair