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Die sehr ergiebigen und fortdauernden Regenfälle der letzten

Wochen und Tage, insbesondere jener ab dem 15.8.1966, hatten

die Befürchtung wahr werden lassen, dass bei Fortbestand des

Schlechtwetters eine neuerliche Katastrophe ausgelöst werde.

Wenn auch die Verbauung – gerade im Bereich des Drauver-

laufes – innerhalb des letzten Jahres weite Fortschritte erzielen

konnte, waren es diesmal mehr denn je die oft nur unzulänglich

regulierten Seitenbäche, die sich nach ausgedehnten Hangrut-

schungen allerorts, Schlamm- und Geröllmassen mitführend,

als wilde Mure talwärts wälzten.

Bereits um 08:30 Uhr des 17. August 1966 hatte das durch den

Ortskern von Thal führende Kronenbachl im Bundesstraßenbe-

reich derartige Schuttanschwemmungen zu verzeichnen, dass

fortan eine schwere Raupe eingesetzt werden musste, um den

starken Reiseverkehr noch einigermaßen flüssig halten zu kön-

nen.

Noch am frühen Nachmittag desselben Tages waren im Gebiet

südlich der sogenannten „Leiter – Schmiede“ in Mittewald

Rauhbaumeinlagen am linken Drauufer notwendig geworden,

damit so die knapp darüberliegende Bahnanlage eine weitge-

hende Absicherung gegen die anwallenden Fluten erfahre.

Während die Drau bis gegen 16:00 Uhr den Höchststand vom

Vorjahr erreicht hatte, waren schon um diese Zeit an den ver-

schiedensten Stellen flussabwärts Gefahrenmomente zu erken-

nen, die unter ständige Kontrolle genommen werden mussten.

Abgesehen von einzelnen Direktanspülungen gegen Teilstücke

des Dammes zwischen den Bahnkilometern 283‘140 – 283‘290,

bzw. 278‘650 – 278‘770, drohte die Drau östlich des Bahnhofes

in Thal über die Ufer zu treten, wo das Grundstück und die

Wohntrakte des Kaufmannes Manfred Vergeiner einliegen.

Gendarmarie, Feuerwehrmänner und zahlreiche, freiwillige

Helfer aus dem gesamten Gemeindegebiet, in den späten Nach-

mittagsstunden durch Soldaten des Bundesheeres ergänzt, stan-

den nun unter der Einsatzleistung des Bürgermeisters Anton

Libiseller in pausenlosem Einsatz.

Nicht nur die Drau, sondern alle darin einmündenden Seitenbä-

che kleineren und größeren Ursprungs hatten, durch ein neuer-

liches Gewitter ausgelöst, noch am Abend dieses ersten

Katastrophentages gefährliche Formen angenommen.

Wiederum brachte das sonst unscheinbare Bachl aus dem

Lanergraben, das Siedlungsgebiet von Thal in seinem östlichen

Teil durchfließend, Unmengen von Schuttmaterial, um dieses im

Kreuzungsbereich Bundesstraße – Asslinger Auffahrt weit aus-

gedehnt abzusetzen. Selbst an und für sich trocken liegende

Gräben hatten neben dem Kristeinbach in Mittewald und dem

Willfernerbach in Thal plötzlich Massen von Materialien heran-

gebracht, die – soweit sie nicht drauwärts befördert werden

konnten, die Fahrbahn der Bundesstraße und sonstigen Wege

verlegten. Neben derartigen Vermurungen waren im beängsti-

gender Weise, insbesondere im hinteren Kristeinertal und in der

Bannberger Gegend wiederholt Hangrutschung großen Ausma-

ßes zu erleben, welche die ohnedies schon stark durchtränkten

Bodendecken in weitem Umkreis noch haltloser machten.

Obwohl gerade im Drauverlauf mit Unterstützung von Eisen-

bahnern intensiv gearbeitet wurde, war um 19:43 Uhr der

Bahnkörper östlich der Mittewalder Eisenbahnbrücke in einer

Länge von 50 Metern so weit eingesunken, dass der Zugsver-

kehr eingestellt werden musste.

Der die Nacht über fortwährende Regen hatte ein rasches und

ebenso sichtbares Steigen des Kristein- und Willfernerbaches

ausgelöst; schon am frühen Morgen war der erstere infolge

enormer Gesteinsanhäufungen nördlich der Vergeiner säge in

Mittewald vom eigentlichen Bachverlauf gegen den Wierkanal

hin abgekommen, so dass das tieferliegende Siedlungsgebiet in

eine nicht unbedeutende Gefahrenzone rückte. Während die

Drau durch den verstärken Zufluss aller Einmündungsbäche

nun noch mehr Wasser führte, wurde um etwa 05:00 Uhr des

18. August 1966, abgesehen von einzelnen Aussiedlungen im

Bereich von Mittewald, die erste Evakuierung eines Wohnhau-

ses, nämlich jene am Gebäude des bereits erwähnten Kaufman-

nes Vergeiner in Thal notwendig.

In ebenso gefährlicher Weise waren die Nacht hindurch der

Bahnkörper zwischen den eingangs angeführten Bahnkilome-

tern in einer Direktanspülung unterwaschen worden, so dass

die Gleisanlage – ähnlich wie im Vorjahr, um etwa 07:00 Uhr

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09/2016

Vor 50 Jahren: 1966 zweite Hochwasserkatastrophe in einem Jahr

Murabgang auf des Haus Senfter in St. Justina forderte neun Menschenleben

Nicht einmal ein Jahr war vergangen, als Mitte August

1966 wieder durch ein massives „Genuatief“, das sich tage-

lang über Osttirol und Oberkärnten hielt, ungeheure

Regenmengen fielen. Nach traumhaft schönen Sommerta-

gen und Temperaturen jenseits der 30 Grad Marke leite-

ten schwere Gewitter am Abend des „Hohen Frauentages“

die schweren Regenfälle ein. Von Dienstag, 16. August, bis

in den späten Nachmittag des 18. August 1966 regnete es

beinahe ununterbrochen sehr stark. In Lienz wurden

innerhalb von 69 Stunden 234 Liter Niederschlag pro Qua-

dratmeter gemessen, während es in den Katastrophenta-

gen von 1965 innerhalb von 48 Stunden 181 Liter pro

Quadratmeter waren.

Gottfried Trost war in diesen Jahren Asslinger Gemeinde-

chronist und hat die dramatischen Ereignisse jener Tage

in der Chronik festgehalten. Auszugsweise soll auf den fol-

genden Seiten aus Anlass des 50-jährigen Gedenkens die-

ser tragischen Tage gedacht werden.

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Thal: Verkehrsverbindungen waren unterbrochen bzw. teilweise gar

nicht mehr vorhanden.