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Juni 2016

Kirchenbaumeister Thomas Mayr

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suchung in

Abfaltersbach

gelten. Die

Wirtsfamilie Aigner hatte an der Stelle

einer zum Anwesen gehörenden Kapelle

eine Barockkirche errichten lassen. Es

mag auch in der zweiten Hälfte des 18.

Jahrhunderts nicht selbstverständlich ge-

wesen sein, dass eine Familie mit eigenen

Mitteln eine Kirche finanziert.

Das herausragendste Bauwerk des

Thomas Mayr ist sicher die Pfarrkirche St.

Alban in

Matrei.

Dem Bau gingen mehr-

jährige Verhandlungen voraus. Einerseits

wurde vom Hofbauamt der Erz-

diözese Salzburg die Einsturzge-

fahr der alten Kirche bezweifelt,

andererseits schienen die Bau-

kosten zu hoch zu sein und au-

ßerdem ritterten zwei Anbieter

um den Bau: Thomas Mayr und

der Salzburger Architekt Hage-

nauer. Schließlich bekam Mayr

den Zuschlag mit der Begrün-

dung:

Wer die beiden Pläne

vergleiche, sehe auf den ersten

Blick, dass Th. Mayrs Kirche

viel schöner und herrlicher wer-

de.

So wurde schließlich 1777

der Grundstein gelegt und die

Kirche 1783 eingeweiht.

Alte Kirchenchroniken ber-

gen viel Interessantes und Wis-

senswertes, aber auch Trauriges

und Skurriles. So fuhren die

Pfarren oft starke Geschütze auf,

um die Obrigkeiten von der Not-

wendigkeit eines Kirchenneu-

baues zu überzeugen. Drastisch

schilderten die Matreier ihr Begehr:

Der

ganze Gottesdienst sei nur eine Dränge-

rei und Stoßerei, die Leute hätten keine

rechte Andacht, es kämen immer wieder

Weibspersonen vor die Männer zu stehen,

ja öfters sei schon die Leibesfrucht oder

das Kind im Mutterleib zerdrückt worden.

Während in Matrei die ersten Maurer

ans Werk gingen, bekam Mayr den Auf-

trag, die Kirche zum Hl. Ulrich in

Ainet

(1778-1779) neu zu gestalten. Auch hier

hatte sich der Baubeginn wegen lang-

wieriger Eingaben an das Consistorium

in Salzburg und an das Haller Damen-

stift verzögert. Ainet gehörte pfarrlich bis

1771 zu St. Andrä. Um eigenes Vikariat

zu werden, führte man unter anderem fol-

genden Zwischenfall an:

Ein Kind, das an

einem kalten Wintertag nach Lienz zur

Taufe gebracht werden sollte, war unter-

wegs erfroren.

Wenn es die höchste Not erfordert,

die Kirchen beim Eingang 2 Klafter in der

Länge und 5 Klafter in der Höhe gleich

dem alten Gebäu aufzuführen und mit

einem Gewölbe zu schließen, alsdann

an der neuen Rugwand einwendig ein

Porkirchen oder Singerchor aufzurichten

“ so schreibt Mayr 1784 im Kostenvor-

anschlag für die Pfarrkirche in

Nikolsdorf

.

Er hatte schon 1778 einen Kostenvoran-

schlag eingebracht, musste aber mit dem

Baubeginn vertröstet werden, weil das

nötige Geld fehlte. Schließlich hatte Chry-

santen den Matreiern Geld für ihre Kirche

leihen müssen. 1785 durfte er endlich

mit dem Umbau der Pfarrkirche zum Hl.

Bartholomäus und Hl. Jakob dem Älteren

beginnen.

Am 7. Juni 1795 wurde der Grund-

stein für die Kirche St. Gertraud in

Außer-

villgraten

gelegt. Obwohl der Bau anfangs

zügig voran ging, fand die Einweihung, ob

der politischen Wirren jener Zeit- bay-

rische Herrschaft und Franzosenkriege -

erst 1810 statt. Ein interessantes Detail

aus der Pfarrchronik:

Auch an Sonn- und

gebotenen Feiertagen können von der

Gemeinde Baumaterialien ohne Ab-

bruch des seelsorglichen Gottesdienstes

herbeigeschafft werden.

Dieser Hinweis

wurde folgsam eingehalten, denn es heißt

weiter:

sodass kein Mensch, selbst kein

Kind zur Kirche kam, ohne etwas zu tra-

gen.

Sonntagsruhe auf Villgraterisch.

Und schließlich als letzte Kirche

baute Thomas Mayr unsere Pfarrkiche

St. Laurentius in

Tristach

. Ursprünglich

plante Anton Mutschlechner, Baumeis-

ter und Brunnerbauer aus Tristach eine

große neue Kirche. Pfarrer Johann Nep.

Stanislaus Althuber scheute die großen

Kosten und war gegen den Plan. „

Nach-

her gereute es alle“

schreibt Pfarrer Nie-

derkofler in der Pfarrchronik. Schließlich

kam der Vorschlag des Thomas Mayr zur

Ausführung. 1801 wurde mit den Vor-

bereitungen zum Bau begonnen, 1803

die Mauern der alten Kirche mit

Ausnahme des Presbyteriums

und des Turms zum Einsturz ge-

bracht und 1806 wurde der Bau

vollendet. Pfarrer Althuber be-

wahrte durch seine Fürsprache

die Kirche vor der Brandschat-

zung durch die Franzosen.

Auch bei einigen Kirchen

und Kapellen in Oberkärnten

soll Mayr seine Finger bzw. seine

„Maltakelle“ mit im Spiel gehabt

haben.

An den gestalterischen und

handwerklichen

Fähigkeiten

dieses begnadeten Baumeis-

ters besteht kein Zweifel. Sein

großer Erfolg mag auch seinem

Geschick im Verhandeln mit den

diversen Pflegern, den Bauzu-

ständigen der Erzdiözese Salz-

burg, des Bistums Brixen und

dem Haller Damenstift geschul-

det sein. Ein leiser Schatten fällt

auf sein Werk, wenn überhaupt, ob seines

Umgangs mit der Statik. In Strassen sol-

len sich bald nach dem Neubau winzige

Risse in der Kuppel gezeigt haben und

auf der Frauenseite sei immer wieder

einmal etwas Putz abgebröckelt und die

Pfarrchronik von Matrei vermerkt 1776:

Leider unterlief dem Baumeister in die-

sem Jahr der einzige gravierende Fehler.

Die Festigkeit des Untergrundes auf der

Friedhofseite hatte er wohl unterschätzt.

So kam es, dass sich die Kirche einseitig

setzte, und am Gewölbe und in der Mitte

des Kuppelbogens immer wieder Klüfte

entstehen. Um eine Untergrundverfesti-

gung wird man früher oder später nicht

herumkommen.

Thomas Mayr ist am 4. März 1810

in Lienz gestorben. Todesursache: Lun-

genentzündung.