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damit einhergehenden Umzug nach Oberöster-

reich führte sie mit ihrem Mann die Bäckerei,

was sehr früh aufstehen und fleißig arbeiten

bedeutete. Für die gemeinsamen Töchter

Herta, Carmen, Frieda und Dolores war es

ganz selbstverständlich, dass die Eltern bereits

in aller Frühe unten in der Backstube hantier-

ten. Frieda kümmerte sich um den Haushalt

und die Kinder, sie führte das Brot an die Kun-

den aus und verkaufte im Geschäft nebenbei

auch die wichtigsten Grundnahrungsmittel.

Der arbeitsreiche, aber zufriedenstellende

Alltag der jungen Familie nahm nach sieben

Jahren Ehe ein schlimmes Ende, als Josef

Panhauser 1964 an einer schweren Krankheit

starb. Die Kinder waren noch klein, am Montag

nach der Beerdigung trat die älteste Tochter

Herta ihren ersten Schultag an. Abgesehen von

der menschlichen Tragödie der 33-jährigen

Witwe stand sie nun auch ohne Bäckermeister

da und funktionierte deshalb die Bäckerei in

einen kleinen Lebensmittelladen um. Doch der

Bau eines großen Supermarkts in unmittelbarer

Nähe zerstörte die Existenzgrundlage der Fami-

lie bald vollends. Privat versuchte Frieda Pflanzl

noch einmal ihr Glück: Sie heiratete 1966 den

Witwer und zweifachen Vater Johann Pflanzl,

von Beruf gelernter Wagner und Bergbauarbei-

ter. 1972, sechs Jahre später, zog die Familie

nach Leisach, da Friedas Eltern alt waren und

Hilfe brauchten. Johann fand in der Brauerei

Falkenstein eine Anstellung und Frieda, das

Arbeiten gewohnt, war im Supermarkt in der

Friedensiedlung noch drei Jahre als Verkäuferin

tätig, bis 1976 ihre Mutter starb. Von da an

blieb sie zuhause – Arbeit gab es ja genug! Sie

nahm immer wieder für einige Zeit Nichten und

Neffen bei sich auf und betreute für sechs Jahre

sogar noch Pflegekinder.

Auch sonst kannte Frieda keine Langeweile:

Insgesamt 30 Jahre sang sie bei den Kirchen-

chören in Ostermiething und Leisach und

zudem schloss sie sich dem Leisacher Theater-

verein an und spielte in ungefähr zehn

Stücken mit. Überdies war sie jahrelang in

der alten Straße für die Caritassammlung

unterwegs. Ihre größte Leidenschaft jedoch

gehört wohl den Schäferhunden. Mit 49 Jah-

ren absolvierte sie ihre erste Hundeprüfung,

dann schlitterte sie eigentlich ungewollt in die

verantwortungsvolle Rolle der „Obmann-

schaft“ des Österreichischen Vereins für deut-

sche Schäferhunde – Ortsgruppe Leisach, die

sie 21 Jahre lang ausübte. Im Jahr 1985 war

sie die erste Frau an der Spitze eines solchen

Vereins in ganz Österreich! Mit dieser Funk-

tion legte sie ihre angeborene Schüchternheit

endgültig ab, erinnert sich Frieda Pflanzl,

denn als einzige Frau unter lauter Männern

durfte sie sich zum Beispiel bei den Sitzungen

in Innsbruck keine Blöße geben. Sogar in der

Hundezüchtung versuchte sie sich ein paar

Jahre. 2008 hat der Leisacher Hundeverein in

Lavant einen Platz gefunden und zwei Jahre

vorher hat Frieda ihr Amt zurückgelegt. Aber

eine Frieda Pflanzl ohne Hund wäre wohl

trotzdem unvorstellbar. So passt Piroschka gut

auf ihr Frauchen auf und verfolgt jeglichen

Kontakt außerhalb ihrer „Zweierbeziehung“

mit eifersüchtigen Bellkaskaden.

1989 wurde Frieda Pflanzl zum zweiten Mal

Witwe und seitdem lebt sie allein in ihrer Woh-

nung in der „gelben Villa“ neben der Brauerei.

Die restlichen Stockwerke des Hauses werden

von den Töchtern mit Familien bewohnt. Im

Sommer widmet sie sich mit Hingabe der Gar-

tenarbeit, auch wenn die Beine vom Verkäufe-

rinnen-Dasein geschwächt sind und nicht mehr

so mitmachen. Nachmittags verlässt sie für

gewöhnlich ihre ebenerdige Wohnung, um bei

den Kindern oben Kaffee zu trinken und ein

bisschen zu plaudern. Herta und ihr Mann Tom

– Herta war vor ihrer Pensionierung Kranken-

schwester im Lienzer Krankenhaus – zählen zu

den ständigen Bewohnern der Villa Hansa,

aber auch Frieda, die in der Innsbrucker Klinik

arbeitet, und Dolores, die als Hebamme in Spit-

tal tätig ist, verbringen ihre freien Tage gerne

daheim in Leisach. Carmen, von Beruf Kinder-

gärtnerin, hat es nach Schwaz verschlagen,

Stieftochter Traudi ist in Oberösterreich verhei-

ratet und Stiefsohn Gerald lebt mit seiner Fami-

lie in Stribach. Mit gebührendem Stolz zeigt

Frieda die Fotos der „Ahnengalerie“, ihre

Nachkommenschaft besteht neben den sechs

Kindern schon aus sieben Enkeln und acht

Urenkeln. Während der Wandlung in der Messe

bittet sie regelmäßig um Schutz für ihre Lieben.

Der Glaube an Gott, der ihr zur Seite steht, und

die Hoffnung auf ein Wiedersehen mit ihren lie-

ben Verstorbenen haben ihr in schweren Zeiten

immer den notwendigen Halt gegeben und be-

deuten ihr auch heute Trost. Diese Vorstellung

vom Himmel und die große Lebensfreude lassen

Frieda Pflanzl den Alltag trotz Widrigkeiten ge-

nießen: Zu leben ist schön!

Cornelia Zanon