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Virgen

Aktiv

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I

Der Bürgermeister informiert

Die Gebiete sind in der Homepage des

Landes kartographisch dargestellt. Möge

sich jeder selbst ein Bild davon machen.

Vor der Beschlussfassung erhielt ich am

29. Juni 2015 nach 19.00 Uhr einen

Anruf von LH-Stv. Ingrid Felipe. Sie

teilte mir mit, dass bei der Regierungs-

sitzung am 30. September 2015 Natura

2000 beschlossen würde und ich sollte

von diesem Beschluss nicht aus den

Medien erfahren. Nett!

Am 30. Juni 2015 – noch vor der

Regierungssitzung – habe ich um ca.

8.00 Uhr eine SMS mit nachstehendem

Inhalt an Landeshauptmann Günther

Platter übermittelt.

Guten Morgen s. g. Hr. Landeshaupt-

mann! Gestern Abend bin ich von Ingrid

Felipe über eines eurer heutigen Vorhaben

telefonisch in Kenntnis gesetzt worden

(damit ich es nicht aus der Zeitung er-

fahre). Geplant soll sein u. a. auch die

obere Isel trotz fehlender fachlich-wissen-

schaftlicher Voraussetzungen als Natura

2000-Gebiet wider besseren Wissens von

Tirol nach Brüssel zu melden – mit klei-

nen Korrekturen zum völlig verfehlten Ver-

ordnungsentwurf der Tiroler Landesregie-

rung „Naturschutzgebiet Osttiroler Glet-

scherflüsse.....“ (hier möchte ich nur

erwähnen, dass der Rechtspartner der EU

nicht das Land Tirol ist). Im Frühjahr

2016 soll das Vorhaben beim Biogeogra-

phischen Bewertungsseminar der EU in

Wien einer Bewertung unterzogen werden.

Die Tiroler Landesregierung hat die Isel ohne Rücksicht auf die Meinung der Virgentaler

als Natura 2000-Gebiet ausgewiesen. Dieser Umgang mit den Menschen zeugt von

Respektlosigkeit, von fragwürdiger Beteiligungs- und Kommunikationskultur.

Danach wäre geplant eine Verordnung zu

einem Naturschutzgebiet in Tirol zu erlas-

sen. Schade, es wäre jetzt noch einmal die

Möglichkeit gewesen, mit den Menschen

vor Ort in einen echten Dialog zu treten.

Eure Vorgehensweise in dieser Angelegen-

heit bisher ist gekennzeichnet von vielen

Pannen, einem Zick-Zackkurs und setzt

sich sowohl über sachliche, fachliche, wis-

senschaftliche, demokratiepolitische, rechts-

staatliche und menschliche Kriterien hin-

weg. Heuer wurden 70 Jahre Tiroler Volks-

partei gefeiert und noch nie war die

VolksPartei so weit weg vom Volk.

Dem Landeshauptmann muss ich zu

Gute halten, dass er mich unmittelbar

nach Erhalt des SMS angerufen hat. Das

Gespräch hatte jedoch keinen weiteren

Einfluss auf den Regierungsbeschluss. In

jedem Fall wurde von beiden Seiten be-

tont, künftig Gespräche zu führen.

Am 1. Juli 2015 und den folgenden

Tagen hatte ich viele Gespräche mit Bür-

gerInnen. Immer wieder wurde ich auf

den Regierungsbeschluss zu Natura

2000 angesprochen.

Enttäuschung, Fassungslosigkeit, Em-

pörung sogar Zorn kamen zum Aus-

druck. Die Menschen haben das Gefühl,

sie werden von der Politik nicht ernst ge-

nommen. Im Gegenteil: Sie fühlen sich

verhöhnt und verraten. Von reiner Will-

kür, totalitärer Vorgehensweise, Unge-

rechtigkeit war die Rede. Die Menschen

verstehen nicht, weshalb die obere Isel

auf eine Länge von 22,8 km ab der

Grenze zu Matrei Natura 2000-Gebiet

sein soll, wo doch dort das Schutzgut

LRT 3230 gar nicht vorkommt. Die ein-

zelnen Tamarisken am Mullitzbach und

die Einzeltamariske beim Mitteldorfer

Fußballplatz sind ja bereits durch das

Tiroler Naturschutzgesetz geschützt und

ist dafür keine Natura 2000-Nominie-

rung erforderlich. Im Gegenzug wurden

Gebiete am Kalserbach und der

Schwarzach mit üppigen LRT 3230 Vor-

kommen nicht nominiert. Derartige

Ungleichbehandlung wird der Landes-

regierung als reine Willkür ausgelegt und

lässt Deals zum Nachteil des Virgentales

vermuten. In einer Market Umfrage

Ende April 2015 wollten 75 Prozent der

Bevölkerung ihre Meinung im Falle

einer ungerechtfertigten Ausweisung

durch eine Volksbefragung kundtun.

Derzeit prüfen wir, im Herbst 2015 eine

Volksbefragung abzuhalten. Das Virgen-

tal trägt weit über Gebühr zum Natur-

schutz in Tirol bei (Nationalpark,

Natura 2000-Nationalpark, Virger Feld-

fluren, Trockenrasen und Biotopstand-

orte, verschiedene Schutzzonen und

Naturwerte gemäß Naturwerteplan, Er-

schließungsverzichte durch überörtliche

Raumplanung des Landes etc.). Den Be-

wohnern wird dieses Korsett spürbar zu

eng. Erleichterungen und Ausgleiche

sind mit dem Land zu verhandeln.

Unsererseits war und ist Dialog-, Ge-

sprächs- und Verhandlungsbereitschaft

in alle Richtungen und in nachstehen-

dem Sinne immer gegeben.

„Ein einziges Wort, gesprochen mit Über-

zeugung in voller Aufrichtigkeit und ohne

zu schwanken während man Auge in Auge

einander gegenüber steht, sagt bei weitem

mehr als einige Dutzend Bogen beschrie-

benes Papier“.

(Fjodor Michaijlowitsch Dostojewskij,

russischer Schriftsteller, 1821-1881)

In diesem Sinne wünsche ich euch allen

einen schönen Sommer

Beste Grüße und Wünsche

Euer Bürgermeister

Ing. Dietmar Ruggenthaler