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OBERKÄRNTNER
VOLLTREFFER
3. DEZEMBER 2018
CHRONIK
MEINE
G
ESCHICHTE
Ich bin angekommen
Anita Obersteiner,
Rangersdorf/Lainach:
Sie nahm jeden Job an, um ihre unzähligen Ausbildungen zu finanzieren und dahin zu kommen, wo sie heute ist: SPA-Managerin
im 5* Grand Hotel Lienz. Doch „stehenbleiben“ ist keine Option für sie, die 50-Jährige steht derzeit kurz vor Erlangen der Ernäh-
rungstrainer B-Lizenz der Bundessportakademie.
Anita Obersteiner wollte nie,
wie es eigentlich der Familien-
tradition entsprach, in die Gas-
tronomie. „Mit zwölf Jahren
wollte ich Tierpflegerin wer-
den. Eine Fernsehserie mit
dem Verhaltensforscher Otto
König faszinierte mich so sehr,
dass ich ihm einen Brief ge-
schrieben habe. Er lud mich
überraschenderweise in den
Tierpark Schönbrunn ein, doch
dann war es mit meiner ro-
mantischen Vorstellung schnell
vorbei“, erzählt sie lachend.
Der nächste Berufswunsch:
Sportlehrerin. Der scheiterte
an einer Wirbelsäulenerkran-
kung. „Das war ein großer
Schock für mich“. Nach dem
Besuch der Handelsschule be-
suchte sie eine Animations-
schule in Gstaad (Sz). Das Tal
wurde ihr zu eng, „ich hatte
das Gefühl, ich versäume was,
ich versauere“. Das Fernweh
hatte sie gepackt und in dieser
Schule gab es ein Praktikum
auf Ibiza zu erarbeiten. „Das
hole ich mir“, dachte sie – und
behielt Recht. Von da an ließ
das Fernweh sie viele Jahre
nicht mehr los. „Auf dem Weg
vom Flughafen nach Hause
überlegte ich schon wieder,
wohin mich die Reise nächstes
Mal führt“, sagt sie. Die Arbeit
in den Robinson- und Aldiana-
Clubs führten sie in den näch-
sten Jahren u. a. nach Grie-
chenland, Spanien, Zypern, Tu-
nesien, Senegal und Gambia,
als Sportmasseurin auf Aida-
Kreuzfahrtschiffen lernte sie
das Mittelmeer und die Karibik
kennen. „Eigentlich wäre ich
mit damals mit 30 Jahren
schon zu ,alt‘ dafür gewesen,
doch der Zufall wollte es, dass
ich jenen Mann auf der Massa-
gebank hatte, der im Begriff
war, das erste Aida-Schiff in
den Dienst zu stellen. Ich er-
zählte ihm von meinem Wunsch
– und hatte den Job. Bei unserer
ersten Fahrt mussten wir mit
Olivenöl massieren, weil auf die
Öle vergessen wurde“.
Dazwischen begann sie ihre
Ausbildungen, jobbte als Ser-
vierkraft, um diese zu finanzie-
ren. Sie ist mittlerweile Dipl. Ge-
sundheitstrainerin, Kosmetike-
rin und Medizinische Masseurin
– beides mit Meisterprüfung,
Lymph-Therapeutin und Visagi-
stin. Als Aerobic-Trainerin hat
sie mehrere Zusatzausbildungen
(Karatrobic, Boxrobic, Bodyfor-
ming, Stepaerobic). „Doch ir-
gendwann war mir das Wissen
um den Körper zu wenig. Ich be-
gann die Emotionen mit hinein
zu nehmen, die Abläufe ganz-
heitlich zu sehen. Jedes Land,
jede Kultur auf meinem Weg hat
mir etwas mitgegeben. Ich habe
die Eindrücke aufgesaugt und
wollte lernen, lernen und noch-
mals lernen“, erinnert sie sich.
So folgten die Ausbildung zur
ganzheitlichen Ayurveda- und La
Stone-Therapeutin, sie erlernte
Balinesische Massagen und Kino
Mano-Bodywork mit Schwer-
punkt Lomi-Lomi-Nui. „Es heißt
nicht umsonst: Sei willkommen
und glücklich – bei uns, aber
auch in dir selbst!“
Doch so stark, wie in ihren jun-
gen Jahren das Fernweh war,
wuchs später der Wunsch, wie-
der nach Hause zu kommen.
„Ich werde Spa-Managerin“, ver-
kündete sie ihrer Mutter – und
auch das klappte. Zwölf Jahre
lang leitete sie diesem Bereich in
einem 5*Hotel in Zell am See,
und bildete sich weiter. „Meine
Mutter hat mich oft gefragt,
warum ich schon wieder lerne.
Ich hätte doch erreicht, was ich
wollte“. Als dann vor einigen
Jahren das Grand Hotel in Lienz
in Planung war, bewarb sie
sich, um die Wellness-Abtei-
lung zu leiten. „Es ist doch erst
die Baugrube zu sehen, noch
kein einiger Ziegel steht“, be-
kam sie zur Antwort. Doch ge-
rade das reizte sie, denn „ich
wollte mich einbringen, diese
Abteilung aufbauen.“ Seit 2009
ist sie nun hier, zeigt voll Stolz
„ihr“ Reich. 1.400 m² groß, mit
Hallenbad, Saunawelt sowie
großzügigen Räumen für Mas-
sagen und Kosmetikbehand-
lungen. „Besonders freue ich
mich, wenn Einheimische un-
sere Angebote nutzen und uns
kennen lernen wollen. Denn da
bekommen wir so viel positives
Feedback. Das ist bei unseren
Hotelgästen einfach nicht in
diesem Ausmaß möglich“. Das
Wissen, das sie sich angeeignet
hat, gibt sie gerne an ihr Team
weiter. Doch ihr eigener Wis-
sensdurst ist noch lange nicht
gestillt. So erwarb sie heuer
bereits an der Bundessportaka-
demie (BSA) die Fitnesstrainer
B-Lizenz – natürlich mit der
höchsten Punktezahl von allen
Teilnehmern. „Es reicht mir
nicht, Zweite zu sein“, sagt sie
ehrgeizig. Und derzeit steht
sie, ebenfalls an der BSA – vor
dem Erreichen der Ernährungs-
trainer B-Lizenz. Von ihrer Wir-
belsäulenerkrankung, die ihr
den Weg zur Sportlehrerin ver-
baute, ist übrigens nicht mehr
die Rede: „Ich bin über Um-
wege meinen ,Sportweg‘ ge-
gangen, habe mir selber gehol-
fen und damit auch vielen an-
deren!“
Maria Spittaler.