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FORSCHUNG

PUSTERTALER VOLLTREFFER

SEPTEMBER/OKTOBER 2017

22

Gruppe, die schon sehr alt ist.

„Es gab sie ja schon im Erd-

altertum“, so Experte Heinz

Schatz von der Universität Inns-

bruck beim 11. internationalen

milbenkundlichen Kolloquium.

Eine Million Arten

Man schätzt, dass es weltweit

etwa eine Million Milbenarten

gibt, von denen aber erst ein

Bruchteil bekannt ist. Als Bei-

spiel ist die Erforschung der

Hornmilben genannt, einer

Gruppe von bodenlebenden

Tieren, die als Abbauer von

toter Streu und Pilzen eine

wichtige Rolle im Ökosystem

spielen. „Sie sind sehr wichtig

für die Humusbildung. Insge-

samt sind etwa 12.000 Horn-

milbenarten bekannt, aus Süd-

tirol bereits 400 Arten, von

denen mehrere erst kürzlich

in Südtirol entdeckt wurden“,

informiert Schatz.

„Es gibt so unglaublich viele

Hornmilben, dass man sagen

kann, dass das Gewicht aller

Hornmilben in Österreich un-

gefähr dasselbe ist wie das Ge-

wicht aller in Österreich leben-

den Menschen“, so Schatz.

Oder andersherum: Auf einem

Waldboden können sich auf

1 m² 20.000 bis 100.000 Horn-

milben tummeln, die ja winzig

klein sind. Der Name Horn-

milbe kommt im Übrigen vom

festen Panzer, den diese Mil-

benart ihr Eigen nennt.

Quälgeister

Die Quälgeister unter den

Milben sind für die Menschen

freilich u. a. die Hausstaubmil-

ben. „Sie fressen Haare, Schup-

pen und anderes mehr. Erst,

wenn sie sterben und ihre Kör-

perteile dann zerfallen, kann es

bei den Menschen zu einer All-

ergie kommen, indem sie diese

Teile wie Borsten einatmen.“

Auch die Zecken gehören zu

den Milben. „Die Weibchen

müssen mehrmals Blut von

Warmblütlern – auch von Re-

genwürmern – saugen, damit

sie überhaupt Eier produzieren

können. Damit man ihren Biss

vorerst nicht spürt, produzieren

sie Speichel. Auch die Gras-

milbe ist sehr lästig, weil die

Haut nach ihrem Biss beson-

ders juckt.“

Milbenarten gibt es unzählige. Etliche davon sind auch besonders nützlich.

An die 30 internationale Fachleute berichteten im September im Naturmu-

seum Südtirol über den aktuellen Forschungsstand rund um die Milben.

Milben können richtig spannend sein

Gamasina, eine Raubmilbe

(etwa 2 mm groß). Sie ernährt

sich von Insekten und anderen

Milben. Verwandte Arten

werden als Bekämpfer von

Pflanzenschädlingen

(Blattläuse, Rote

Spinne, etc.)

eingesetzt.

Foto: R. Hofer

Hornmilbe (Damaeus sp.).

Diese Tiere werden mehr als

1 mm groß und leben in der

Blattstreu. Sie spielen eine

wichtige Rolle als Verbreiter

von Bakterien und Pilzen zur

Bodenbildung. Foto: R. Hofer

Der welt-

bekannte

Milben-

spezialist

Heinz Schatz

und seine

Frau Sabine

sind Zoolo-

gen aus

Innsbruck.

Ihre wissen-

schaftliche

Tätigkeit

haben sie

auch auf

Südtirol aus-

geweitet. Auf

dem Foto

sind sie auf

einer Sam-

melexkur-

sion auf dem

Weißhorn in

Südtirol.

Foto: Vito

Zingerle

Plesiodamaeus craterifer, eine seltene Hornmilbe aus dem Mit-

telmeerraum, die in den Trockenstandorten Südtirols ihre nörd-

lichste Verbreitung hat (Länge etwa 1 mm).

Foto: K. Pfaller

Die meisten Menschen den-

ken beim Thema Milben an ne-

gative, oft juckende Reaktionen.

Für Wissenschaftler ist diese

Tiergruppe – eine Unterklasse

der Spinnentiere – jedoch eine

wichtige Quelle zur Erforschung

von Parasiten und Krankheits-

überträgern (z. B. Zecken,

Bienenmilben, Herbstbeiße).

Zudem liefern sie Informationen

zur Bewertung von unterschied-

lichen Lebensräumen (Wiesen,

Böden, Gewässer). Diese Viel-

falt macht sie auch für Nicht-

Milbenfachleute zu einer auf-

schlussreichen zoologischen