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„Entscheidend ist, dass Mayr-

Nusser selbst mit seiner Grund-

haltung Frau und Kind in die

Augen schauen konnte. Die

letzte Rechtfertigung beim Jüng-

sten Gericht geschieht imAnge-

sichte Gottes und im

Angesichte der Armen

bzw. Opfer. Weil er so

gelebt und geglaubt hat,

hatte er keine ‚Men-

schenfurcht‘. Mayr-

Nusser wollte mit seiner

Verweigerung des SS-

Eides vor Gott standhal-

ten“, erklärt der Linzer

Bischof

Manfred

Scheuer die Seligspre-

chung von Josef Mayr-

Nusser. Im Jahr 2005

hatte die Diözese

Bozen-Brixen den Pro-

zess seiner Seligspre-

chung eröffnet. Papst

Franziskus bestätigte

am 8. Juli 2016 das

Martyrium des Südtiro-

lers. Dem feierlichen

Gottesdienst zur Selig-

sprechung im Dom von

Bozen stand Kardinal

Angelo Amato, Präfekt

der Kongregation für Selig- und

Heiligsprechungsprozesse, vor.

Neben Kardinal Angelo Amato

und Diözesanbischof Ivo Muser

nahmen weitere zehn Bischöfe

am Gottesdienst teil – zudem

rund 160 Priester, 15 Ständige

Diakone und 20 Seminaristen.

Musikalisch gestaltet wurde die

Feier vom Domchor von Bozen

und dem Kirchenchor von Leng-

moss.

Das Leben von

Mayr-Nusser

Der Seliggespro-

chene wurde 1910 auf

dem Nusserhof am

Stadtrand von Bozen

geboren. Er wuchs in

einem religiösen Um-

feld auf und schloss

sich den katholischen

Jungmännern seiner

Diözese Erzbistum

Trient an. Dort wurde

er bald zu ihremVorsit-

zenden gewählt.

Nach dem Optionsab-

kommen entschied sich

Mayr-Nusser für das

Bleiben und schloss sich

dem Andreas-Hofer-

Bund, einem Südtiroler

Widerstandskreis, an.

Am 26. Mai 1942 heira-

tete er Hildegard Straub

(1907 bis 1998). Ein

Jahr später wurde Sohn Albert

Mayr geboren, der heute als

Komponist in Florenz und Bozen

wirkt. Nach dem Einmarsch der

deutschen Wehrmacht und der

Errichtung der Operationszone

Alpenvorland wurde Mayr-Nus-

ser 1944 mit vielen anderen Da-

bleibern zum deutschen Militär

eingezogen und dabei der Waf-

fen-SS zugeteilt.

Tod

Nachdem er am 3. Oktober

1944 in Konitz den SS-Eid ver-

weigert hatte, wurde er zum

Tode verurteilt. Auf dem Weg

ins Konzentrationslager Dachau

starb der 35-Jährige am 24.

Feber 1945 bei Erlangen in

einem Viehwaggon an den Fol-

gen der Haft. Josef Mayr-Nusser

ist in Lichtenstern am Ritten be-

graben. In Bozen, Meran, Ritten,

Truden, Innsbruck und Erlangen

sind Straßen nach ihm benannt.

Die Mittelschule von Vintl im

Pustertal und die Fachakademie

der Caritas in Baiersdorf tragen

seinen Namen. 2010 wurde

Mayr-Nusser vom Bozner Ge-

meinderat gemeinsam mit Franz

Thaler postum zum Ehrenbürger

ernannt. Sein Gedenktag ist der

3. Oktober, der Tag seiner

Eidesverweigerung.

CHRONIK

PUSTERTALER VOLLTREFFER

MÄRZ/APRIL 2017

25

Josef Mayr-Nusser wurde am 18. März im Bozner Dom feierlich seligge-

sprochen. Er hatte den Kriegsdienst im NS-Regime verweigert und starb

auf dem Weg ins KZ Dachau.

Gedenktafeln im Haus Lichtenstern auf dem Ritten.

Südtiroler Kriegsdienst-

verweigerer seliggesprochen