OSTTIROLER
NUMMER 6/2009
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HEIMATBLÄTTER
lichen Bergland ist in Helmers Linol-
schnitten wunderbar aufgehoben: Es sind
die Schichten und Verschneidungen, die
aus gestaffelten Höhenzügen und Talein-
schnitten sich ergeben und den Weg für
Blicke ins Gebirge freimachen, das oft wie
eine ferne Verheißung, ein geheimnisvolles
Konstrukt im Bild erscheint. Das Blatt mit
den Kalkkögeln ist eine solche Hommage
an die Landschaft, in der man aufgewach-
sen, beheimatet ist und das berühmte Zitat
von Albin Egger-Lienz könnte dazu einfal-
len: „Je mehr Heimat je mehr Charakter.“
Helmer hat auf diesem und ähnlichen
Schnitten auch mit einer Technik experi-
mentiert, bei der die Fläche der Linolplat-
ten aufgeraut und dadurch körnig wird, so
dass beim Druck eine schleierartige, farb-
dämpfende Wirkung entsteht, die sich wie
leichter Nebel über die Blätter legt. „Hin-
ter diesem Schleier leuchten die Berge her-
vor, eingebettet in die tiefe Ruhe der
Natur“ (Marianne Hörmann).
Schon vor 1952 sind Blätter mit dem
Motiv von Segelschiffen entstanden, er
nimmt das Thema unter dem Eindruck
einer Venedigreise 1986 noch einmal auf
und liefert nun in der Auflösung von Ge-
genständen – in diesem Fall der Bootskör-
per mit den Segeln – in Flächen- und Far-
benkonstrukte wieder sehr einprägsame
Beispiele. Die zitternden Schatten, die das
Schiff auf die Meeresfläche wirft, nehmen
regelrechte Arabeskenform an, Ähnliches
gilt von den geometrisierten dunkleren
Streifen, mit denen die Bewegung der Wel-
len markiert wird: Das ist Flächenkunst
der besonderen Art, die realistische Gestal-
tungsmittel in Einklang mit dem zart struk-
turierten, nach allen Seiten fließenden
Bildraum bringt. Die „Schleier-Farben“ in
typischen zurückhaltenden Tönen auf
Ocker-Olivgrün-Grau-Basis vermitteln
eine Stimmung, die diese Schwebezu-
stände verstärkt, vielleicht auch in Rich-
tung einer leisen Melancholie.
Franz Helmers Werk umfasst an die zwei-
hundert, technisch stets perfekt und unge-
mein variantenreich ausgeführte Blätter.
Bergnatur und Tierwelt, die Stimmung der
Jahreszeiten, Bäume, Blüten und
Gräser, die Formationen von Wolken und
Horizonten sind von ihm in einer Weise be-
obachtet und zum Gegenstand seiner künst-
lerischen Arbeit geworden, die ihn zu einem
der bemerkenswertesten Meister des Linol-
schnittes in unserem Raum gemacht haben.
In Anerkennung seiner künstlerischen Ver-
dienste wurde Franz Helmer 1989 der
Berufstitel „Professor“ verliehen.
Dass seine Kunst Helmers etwas Beson-
deres an sich hat und dass damit auch
diese Ausstellung in seinem Geburtsort
Lienz, die sorgfältig vorbereitet und aufbe-
reitet worden ist, etwas Besonderes ist,
möge sich dem Osttiroler Publikum mit
Gewinn vermitteln.
IMPRESSUM DER OHBL.:
Redaktion: Univ.-Doz. Dr. Meinrad Pizzinini.
Für den Inhalt der Beiträge sind die Autoren
verantwortlich.
Anschrift der Autorin dieser Nummer: Pro-
fessor Dr. Magdalena Hörmann, A-6020 Inns-
bruck, Hunoldstraße 10.
Manuskripte für die „Osttiroler Heimatblät-
ter“ sind einzusenden an die Redaktion des
„Osttiroler Bote“ oder an Dr. Meinrad Pizzinini,
A-6176 Völs, Albertistraße
2 a.
„Meine Mutter“, Radierung, 21,0 x 18,8
cm, 1938.
Der aus Lienz gebürtige Künstler Toni
Fronthaler (1904-1981), Radierung, 14,6 x
12,4 cm, Ende 1930er-Jahre.
Lienzer Bäurin, Radierung, 22,4 x 16,0 cm,
Ende 1930er-Jahre.
„Segelboote, Murano“, Farblinolschnitt, 16,9 x 16,9 cm, 1986.