OSTTIROLER
NUMMER 6/2009
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HEIMATBLÄTTER
den Zwanziger- und Dreißigerjahren zu
einem der beliebtesten Motive bei den klas-
sischen heimischen Malern der Zwischen-
kriegskunst, bei Alfons Walde, Wilhelm
Nikolaus Prachensky, Erich Torggler bis zu
Oskar Mulley und Ernst Degn gezählt.
Helmers Linolschnitte, die in den Jahren
1978 bis 1983 entstanden sind, gehören
schon einem anderen Zeitgefühl an. Es ist,
bei einem empfindsamen und aufmerksa-
men Beobachter wie er es war, geprägt
durch die Erfahrung und das Wissen um
die Vergänglichkeit alter Baulichkeiten und
alter Dorfstrukturen. Entsprechend ist das
prächtige, kraftstrotzende Element stattli-
cher Gehöfte, wie es die Bilder Waldes
noch so selbstbewusst vermittelt haben,
einer stillen, bescheidenen Motivik gewi-
chen und die besondere Farbpalette Hel-
mers, die an sich immer zurückhaltend ist
und wo für dunkle Töne wie Olivgrün,
Braun, Ocker und Schwärzen immer viel
Platz ist, wird für einen wenn man will me-
lancholischen Aussagewert dieser Blätter
eingesetzt. Häuser, Stadel und Zäune sind
ungemein präzise in ihrem Erscheinungs-
bild festgehalten und wo ihr Platz die freie
Landschaft ist, wird auch diese in eine Art
verblassende Stimmungsmelodie einbezo-
gen – der Vorfrühling mit Schneeresten und
kahlen Bäumen gibt häufig die passende
Jahreszeit für verfallende Zäune und ab-
blätterndes Mauerwerk ab. Aus dem Ab-
stand der Jahre und dem Erleben des tat-
sächlichen Verschwindens der älteren Ar-
chitektur aus der Hauslandschaft und den
Ortsbildern des Landes kommt Helmers
Blättern heute der Rang von stillen Abge-
sängen zu, es schwingt viel persönliches
Empfinden in ihrer Aussage mit.
Eine längere Arbeitsphase war Bergbil-
dern aus der näheren Umgebung Inns-
brucks gewidmet, man kann direkt von
Nordketten- und Bettelwurfzyklen reden,
auch die Kalkkögel tauchen als Motiv auf.
Helmer setzt das Mittel extremer Nah-
blicke ein, die typischen Bergformationen
sind als große Kulisse ins Bild gesetzt, ein
Streifen mit der dunklen Waldregion am
unteren Bildrand kann als eine Art Bühne
dienen, hinter der sich die Gebirgsmasse
mächtig aufbaut. Oder es gibt überhaupt in
strenger Untersicht nur die Bergkette
selbst und Wolkenballungen geben dem
Ausschnitt ein dramatisches Stimmungs-
element. Helmer beherrscht seine Technik
so, dass wie selbstverständlich rein male-
rische Werte im Bild umgesetzt werden:
Wie kleine Gemälde entwickeln sich diese
Schneelandschaften im Gebirge, wo die
weißen Felder mit den ausapernden Fels-
oder Waldhängen (Kaisersäule) als zaube-
rische Muster erscheinen und ein sanftes
Rot sich der Abendsonne folgend über die
Gebirgsketten legt, so dass die klare Topo-
graphie in Farben und Formen abstrakten
Zuschnittes eingetaucht erscheint.
Auf manchen Blättern geht Helmer noch
einen Schritt weiter und drängt das ge-
wählte Motiv überhaupt in der Bedeutung
so weit zurück, dass gleichsam nur mehr
der Charakter der Örtlichkeit zurückbleibt
als Gefüge von Schnee- und Sonnen-
flecken und der dunklen Fläche des Wal-
des. Auch ein anderes Erlebnis im heimat-
Entwurf und Ausführung: Nordkette bei Innsbruck als Aquarell mit Farbproben, 30,8 x
22,9 cm (linke Seite) und als Farblinolschnitt (oben), 14,5 x 23,3 cm, Handdruck, 1983.
Buchen im Schnee, Farblinolschnitt, 11,6 x 16,3 cm, Handdruck, 1977.
Maurer-Kapelle im Valsertal, Farblinolschnitt, 12,8 x 19,3 cm, Handdruck, 1982.