OSTTIROLER
NUMMER 10/2015
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HEIMATBLÄTTER
Hygienikern vertretenen Richtung „unter
schweren Kämpfen“ durchgesetzt hätten.
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Für medizinische Laien ist die Auflis-
tung der wichtigen Erkenntnisse in Hiblers
Forschungsarbeiten kaum erfassbar:
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„Aber auch alle seine übrigen Arbeiten,
die sich mit den verschiedensten anderen
Problemen der Infektionskrankheiten be-
schäftigen, so mit solchen, die die Eite-
rungserreger der Cerebrospinalmeningitis
und der Gonorrhoe, der Influenza, die pyä-
mische Soorinfektion, den multilocularen
Echinococcus des Gehirns und die durch
Anaërobeninfektion vom Mittelohr aus ent-
standene Abszeßbildung im Kleinhirn betref-
fen, sie alle tragen das Gepräge jenes tiefen
Dranges nach Erkenntnis, der den Fragen
nicht ausweicht, sondern mit allen Mitteln
ihrer Lösung zustrebt und damit Leistungen
von unvergänglicher, grundlegender, kurz ge-
sagt, von klassischer Bedeutung schafft. – In
diesen seinen Forschungsarbeiten suchte und
fand Emanuel v. Hibler seine Befriedigung.“
Hiblers letzte wissenschaftliche Publi-
kationen, bereits für den Druck vorbereitet,
erschienen erst nach seinem Tod.
Aufgrund seiner wissenschaftlichen Ver-
dienste wurde Emanuel von Hibler im Jahr
1909 zum außerordentlichen Professor für
pathologische Anatomie mit dem Lehr-
auftrag für Infektionskrankheiten ernannt.
Erst knapp vor seinem Tod wurde ihm die
Leitung einer am Pathologischen Institut
errichteten bakteriologischen Untersu-
chungsstelle übertragen. Sein wissen-
schaftlicher Eifer soll ihn dazu getrieben
haben, nach der eigentlichen Arbeit am In-
stitut noch bis tief in die Nacht hinein in
seinem Laboratorium Untersuchungen
durchzuführen. Er fühlte sich mit der Inns-
brucker Universität so eng verbunden, dass
er eine ihm angetragene sehr gut bezahlte
Stelle als Prosektor an einem auswärtigen
großen Krankenhaus ausschlug.
Emanuel von Hibler und seine
Heimatstadt
Hibler, beruflich in Innsbruck tätig, blieb
seiner Geburtsstadt Lienz zeitlebens verbun-
den.
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Nach dem Tod seines Vaters Eduard
am 17. Dezember 1903 wurde ihm der ge-
samte Familienbesitz mit dem „Löwenhaus“
in der Rosengasse und dem „Hibler-Garten“
überschrieben. In der Osterzeit und den gan-
zen September über hielt er sich jeweils in
Lienz auf.
„Wir sehen ihn noch vor uns“ –
heißt es in einem Beitrag in der Lienzer Zei-
tung
– „wie er sich im Frühling um die
Bäume seines Gartens bemühte oder wie er
an Herbsttagen mit der Angel zu den Ufern
der Drau und weit hinein ins Iseltal wan-
derte. …Von seiner Kindheit her, noch durch
seinen Vater, eingeführt in diese und jene Be-
tätigungen und Uebungen des Landlebens,
gewann er schon in früher Jugend Neigung
und Fähigkeit für die verschiedensten
Fertigkeiten und Arbeiten des praktischen
Lebens überhaupt, was ihm später bei seinen
wissenschaftlichen Arbeiten sehr zu statten
kam; … – In seiner in unserem Berglande
verlebten Jugendzeit mit ihren Körper und
Sinne kräftigenden, den Geist zu Mut und
Ausdauer stählenden Einflüßen wurzelt die
hohe Energie und der unermüdbare Eifer,
mit denen Emanuel v. Hibler von jeher seine
wissenschaftlichen Ziele verfolgte, die ihm
eigene, immer an ihm bestaunte Rastlosig-
keit, die endlich in so verhängnisvoller Weise
selbst noch während des Beginnes der tödli-
chen Infektionserkrankung fortbestand, …“
Seinen weiteren „Zerstreuungen“ dürfte
Hibler wohl auch bei den Lienz-Aufent-
halten nachgegangen sein:
„Beherrscht von
dem idealen Erkenntnisdrange des Men-
schengeistes suchte er auch seine Erholung
niemals im Bereiche seicht oberflächlicher,
nichtigen Zerstreuungen; er schaffte sich
am liebsten durch die Beschäftigung mit
Werken der Dichtung und Philosophie und
durch körperliche Anstrengungen, durch
Uebungen auf dem Turnboden, durch Rad-
fahrten und auf einsamen Anglerwegen;
verhältnismäßig nur selten gönnte er sich
zeitraubende Bergbesteigungen und grö-
ßere Ausflüge; in seinen letzten Lebens-
jahren waren ihm die liebste Erholung an-
strengende Skifahrten.“
Im selben Artikel werden Hiblers Be-
scheidenheit die zurückgezogene Lebens-
führung und sein schlichtes, bescheidenes
Wesen hervorgehoben. Er habe in Lienz
auch nie über seine Arbeiten und Leistungen
gesprochen, weshalb die meisten Lienzer
gar nicht gewusst hätten, welch bedeutender
Mann immer wieder unter ihnen lebte.
Prof. Dr. Emanuel von Hibler (1865-1911)
in der Porträtaufnahme eines unbekannten
Fotografen.
(Lienz, Privatbesitz)
„Untersuchungen über die pathogenen
Anaëroben“, Titelseite der wichtigsten
wissenschaftlichen Publikation von Dr.
Emanuel von Hibler, erschienen in Jena
1908.
Rep.: Meinrad Pizzinini
Todes-
anzeige für
Prof. Dr.
Emanuel
von Hibler,
veröffent-
licht in
den „Inns-
brucker
Nachrich-
ten“ vom
24. Juni
1911.
Rep.:
Meinrad
Pizzinini
Emanuel von Hibler – ein Opfer
seines Berufs
Das Ende des hervorragenden Wissen-
schaftlers, erst im 46. Lebensjahr stehend,
kam plötzlich und unvermutet, letztlich in
Ausübung seines Berufs. In einem Nachruf
wird der Hergang der tödlichen Krankheit be-
schrieben.
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Am 16. Juni 1911 habe Hibler
vor und mit Studenten die Sektion einer be-
sonders interessanten Leiche vorgenommen.
Es wurde bestätigt, dass er weder bei der
Obduktion noch bei der Demonstration der
Leichenpräparate verletzt worden sei, den-
noch habe er am folgenden Tag Schmerzen
am Rücken des Mittelfingers der linken Hand
verspürt, die mittels Wasserstrahl-Luftpumpe
zum Absaugen von eingedrungenen Infekti-
onserregern bekämpft wurden. Zunächst
stellte sich der Erfolg ein, jedoch trat in der
folgenden Nacht eine Schwellung der
Lymphdrüsen der linken Achselhöhle auf.
Hibler ließ sich nicht von einer Bergtour mit