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OSTTIROLER

NUMMER 10/2015

2

HEIMATBLÄTTER

Jugend und Ausbildung

Franz Michael von Hibler (1741-1814)

hatte fünf Kinder. Nach ihm fungierte Dis-

mas (I.) Josef (1793-1851) als Oberhaupt

der Familie. Auf ihn folgte Dismas (II.)

(1819-1890) mit 16 Kindern; einige sind

freilich schon bald nach der Geburt bzw. im

Kleinkindalter gestorben. Das siebte Kind,

ein Knabe, wurde auf den Namen Eduard

(1827-1903) getauft. Er scheint es zu gro-

ßem Ansehen gebracht zu haben. Man

wählte ihn in den Gemeinderat, später in den

Gemeindeausschuss; er wirkte durch Jahre

als Feuerkommissär bzw. Feueroberkom-

missär und als städtischer Forstwart. Er

erhielt die Konzession für eine Gemischt-

warenhandlung, die er später seinem Bruder

Leo verpachtete. Eduard von Hibler ver-

mählte sich am 14. Jänner 1862 mit Sophie

Mutschlechner (1838-1924), Tochter des

Steuereinnehmers Alois Mutschlechner aus

Sterzing. Als drittes ihrer sechs Kinder kam

Emanuel zur Welt; er war der einzige Knabe

der großen Familie. Emma (1862-1886) und

Luise (1867-1950) blieben ledig, Sophie

(1863-1924) heiratete den Fabrikant Oswald

Waitz in Brixen, Maria (1864-?) Renzo

Janna in San Donà di Piave unweit von Ve-

nedig und Charlotte (Lotte) (1873-1958) den

Doktor der Medizin und Innsbrucker Uni-

versitäts-Professor Gustav Adolf Pommer.

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Emanuel Stephan Leo wurde am 25. De-

zember 1865 um ½ 5 Uhr morgens im Haus

Rosengasse Nr. 7 in Lienz geboren. Getauft

wurde das Kind von Josef Tegischer,

Kooperator an der Lienzer Stadtpfarre St.

Andrä und als Taufpate erscheint Leo Hib-

ler, ein Onkel des Täuflings. Im Taufbuch

der Pfarre St. Andrä ist auch der Name der

Hebamme, M. Schraffenauer, überliefert.

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Nach der ersten Schulausbildung in Lienz

besuchte Hibler die geistlichen Gymnasien in

Brixen und Hall, wobei er sich in die Literatur,

vor allem in die Werke von Johann Wolfgang

von Goethe vertiefte. Es ist bezeichnend,

wenn er sich parallel zu seinen naturwissen-

schaftlichen und medizinischen Studien an der

Innsbrucker Universität auch mit Philosophie

befasste, wobei er sich besonders von Arthur

Schopenhauer angezogen fühlte, was auch –

wie in einem Nachruf vermutet wird – auf sein

reiches Geistesleben in späteren Jahren Ein-

fluss genommen haben dürfte.

Emanuel von Hibler hatte das Medizin-

studium noch nicht abgeschlossen, als er

am Pathologischen Institut bei Univ.-Prof.

Dr. Gustav Adolf Pommer als Assistent an-

gestellt wurde. Die Promotion zum Doktor

med. erfolgte 1892, die Habilitierung zum

Privatdozenten 1899.

Die wissenschaftliche Arbeit

Eine Gedenkschrift charakterisiert am

besten seine wissenschaftliche Tätigkeit,

der eine geradezu überzeitliche Bedeutung

zugestanden wird:

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„Für alle Zeiten und in den fernsten

Stätten wissenschaftlicher Forschung bleibt

innerhalb der Grundfesten der Bakteriolo-

gie und Pathologie dem Namen Emanuels

v. Hibler ein hervorragender Ehrenplatz

gewahrt und gesichert durch die Errun-

genschaften seiner Arbeiten, die ihn unter

die Klassiker seines Faches erheben.“

Der Schwerpunkt von Hiblers wissen-

schaftlicher Arbeit galt der Erforschung der

pathogenen Anaëroben, besonders gefähr-

lichen Bakterien, nämlich Krankheitser-

regern, die ohne Sauerstoff leben können.

Die hochwissenschaftliche Publikation

„Untersuchungen über die pathogenen Ana-

eroben“ mit einem Umfang von 440 Druck-

seiten und zahlreichen Abbildungstafeln er-

schien in Jena im Jahr 1908. Der Studie, die

sich mit großer Gründlichkeit mit den Erre-

gern von Tetanus, Rauschbrand, des mali-

gnen Ödems und den verschiedenen Formen

des Gasbrandes befasst, wurde in Fachkrei-

sen ein sensationeller Wert zuerkannt.

Es wurde hervorgehoben, dass sich Hiblers

Erkenntnisse gegenüber den von Wiener

Der alte Ansitz „Lebmannsport“ in Lienz, Rosengasse Nr. 7,

knapp vor dem Abbruch des Hauses im Jahr 1965.

Foto: Foto Baptist, Lienz

Eintragung, Emanuel von Hibler betreffend, im Taufbuch der Pfarre St. Andrä, Lienz.

(Pfarr-Archiv Lienz, XIII. A.)

Rep.: Meinrad Pizzinini

Eingangsbereich des ehem. Ansitzes Lebmannsport in der Lien-

zer Rosengasse mit der am Erker angebrachten Gedenktafel für

Emanuel von Hibler. Deutlich sind die renaissancehaft gemalten

aufsteigenden Löwen auf beiden Seiten des Tores zu erkennen.

(Gedenkschrift als Abdruck eines Artikels in der „Lienzer Zei-

tung“ vom 14. Oktober 1913)