OSTTIROLER
NUMMER 6/2015
4
HEIMATBLÄTTER
Ambrosia artemisiifolia
– im deutschen
Sprachgebrauch Beifuß-traubenkraut oder
Ambrosie genannt, im Englischen als
„Ragweed“ bezeichnet – ist ein bis ca. 150
cm hoher, einjähriger vertreter aus der Fa-
milie der Korbblütler (
Asteraceae
). Die
Pflanze und insbesondere die Blüten sind
sehr unscheinbar und einheitlich grün ge-
färbt. Am auffälligsten sind noch die 1- bis
2-fiederschnittigen, an Beifuß erinnernden,
wechselständigen Blätter und die endstän-
digen Blütentrauben (Abb. 1).
Die Art stammt ursprünglich aus Nord-
amerika und wurde in der mitte des 19.
Jahrhunderts in Europa eingeschleppt, wo
sie sich seither in klimawarmen Lagen
ausbreitet. Neben dem auch in osttirol
nachgewiesenen und bereits erfolgreich
bekämpften Riesen-Bärenklau (
Heracleum
mantegazzianum
) handelt es sich um einen
der wenigen gesundheitsgefährdenden
Neophyten in Österreich. Das Beifuß-
traubenkraut weist einen stark allergenen
Pollen auf und kann damit zur Blütezeit im
Spätsommer-Herbst allergische Reaktio-
nen bis hin zur Atemnot auslösen. Diese
Pflanze ist heute im Ursprungsland, in den
USA, bereits der häufigste Allergieauslö-
ser: Etwa 10 % der US-Bevölkerung sind
auf die Pollen der verschiedenen
Ambro-
sia
-Arten sensibilisiert. in Ungarn sind bis
zu 80 % aller Allergien auf
Ambrosia ar-
temisiifolia
zurückzuführen, in Norditalien
(Region mailand) über 60 %, in Frank-
reich (Region Lyon) 30 bis 40 % und in
der Region Wien ca. 30 % (F
REUNDoRFER
2009). Dementsprechend viel wurde be-
reits zu dieser Art geforscht, gebietsweise
sind bereits meldeprogramme und umfas-
sendere Bekämpfungsaktionen im Gange
(siehe internet).
in Österreich liegt das verbreitungszen-
trum der Art derzeit noch im klimatisch
begünstigten osten, insbesondere im pan-
nonischen Raum. Wie aktuelle For-
schungsergebnisse zeigen (K
LEiNBAUER
et
al. 2006), wird sich die Art allerdings, be-
dingt durch den Klimawandel, künftig
noch stärker in Österreich ausbreiten – be-
reits jetzt ist die Art in allen Bundeslän-
dern vorhanden.
Wie schaut es derzeit mit
Ambrosia
artemisiifolia
in osttirol aus? Um ein Bild
vom aktuellen Stand der Ausbreitung im
Bezirk Lienz zu bekommen, werden
nachfolgend sämtliche bekannt geworde-
nen Funddaten aufgelistet. Bemerkens-
werterweise findet sich kein Nachweis in
der Datenbank der Floristischen Kartie-
rung für osttirol (DB-Auszug vom
11.3.2013), hingegen sind in der Literatur
etliche Fundmeldungen dokumentiert. Der
erste Nachweis für osttirol dürfte auf
m
ELZER
(1974) zurückgehen, der diesen
Neophyten im Jahre 1970 in oberlienz
(Anschüttung, 9142/3, obs. H. melzer)
auffand.
Weitere Literaturangaben stammen aus:
P
oLAtSCHEK
(1997):
• Lienz bis tratte, linkes isel-Ufer, [9142/3] (A. Polatschek)
• Lienz-E: Debant, Roßbacher Schottergrube, [9142/4]
(A. Kofler)
S
tÖHR
(2011):
• iseltal, oberlienz, Ruderalflur bei der Glanzer isel-
brücke, ca. 700 m, 9142/1, 28.08.2010, obs. o. Stöhr
• Lienzer talboden, Amlach-ort, Ruderalflur, ca. 685 m,
9142/4, 27.07.2010, obs. o. Stöhr
• Lienzer talboden, Dölsach, Frühaufbachgraben, Ru-
deralflur, ca. 665 m, 9143/3, 05.08.2011, obs. o. Stöhr
P
oLAtSCHEK
& N
EUNER
(2013):
• Lienz, [9142/4] (A. Heinricher)
• Lienz, Patriasdorf, [9142/4] (A. Polatschek)
• thal, Drautal Bundesstraße, 800 m, [9242/1] (A. Hein-
richer)
• matrei in osttirol W, unterer Bretterwandbach-Be-
reich, [8941/3] (A. Polatschek)
• matrei in osttirol W, Bretterwand-Bachufer, [8941/3]
(A. Polatschek)
S
tÖHR
& B
RANDES
(2014):
• Bahnhof thal-Aue, 810 m, 9242/1, 2011, obs. o. Stöhr
B
RANDES
(2015):
• matrei, 977 m, [8941/3], obs. D. Brandes
Bisher unveröffentlichte Angaben stammen zudem aus der
von oliver Stöhr geführten Datenbank „Flora von osttirol“:
• Dölsach: nahe Bahnhof Dölsach, Wegrand, 650 m,
9143/3, 23.09.2012, obs. o. Stöhr
• Dölsach: Stribach: Ruderalflur, 670 m, 9142/4,
12.10.2014, obs. o. Stöhr
• Lienz-E: mienekugel, Ruderalflur bei der Post-Zu-
stellbasis, 670 m, 9142/4, 18.09.2011 und 10.10.2014,
obs. o. Stöhr
• Nikolsdorf: Straßenrand der Bundesstraße bei der
ÖBB-Haltestelle, 635 m, 9243/1, 22.09.2013, obs.
o. Stöhr
• Nikolsdorf: NE Sportplatz, Ruderalflur im Waldbe-
reich, 655 m, 9243/1, 01.09.2013, obs. o. Stöhr
• Nikolsdorf: Lengberg S Fohlenhof, Ruderalflur, 645 m,
9243/1, 01.09.2013, obs. o. Stöhr
• Nußdorf-Debant: Alt-Debant, maisfeldrand, 660 m,
9142/4, 3.8.2012, obs. o. Stöhr
• Nußdorf-Debant: Alt-Debant, Ruderalflur, 680 m,
9142/4, 10.08.2014, obs. o. Stöhr
• oberlienz: Pölland, Bundesstraßenrand, 705 m,
9142/3, 22.09.2013, obs. o. Stöhr
• Sillian: Arnbach gegen Rauter, Ruderalflur, 1.110 m,
9240/3, 03.09.2013, obs. o. Stöhr
Zusammenfassend zeigt sich, dass die
meisten der bisherigen Nachweise von
Ambrosia artemisiifolia
in den klimatisch
am meisten begünstigten Bereichen ost-
tirols (insbes. im Lienzer talraum bis zur
Kärntner Landesgrenze) getätigt wurden
und die Art hier bislang an offenen ge-
störten Standorten (v. a. Ruderalfluren,
Ackerrändern, Bahnhöfen und Straßen-
rändern) auftritt. Allerdings sind seit we-
nigen Jahren auch erste Wuchsorte in
höher gelegenen tallagen wie in Sillian
oder matrei bekannt geworden, die bele-
gen, dass sich die Art offenbar nun auch in
osttirol weiter ausbreitet (Abb. 2).
Ambrosia artemisiifolia
tritt in osttirol
derzeit in Einzelexemplaren bis kleinen
Populationen auf, größere Bestände sind
nicht bekannt bzw. gemeldet. insofern be-
steht die berechtigte Chance, diesen ge-
sundheitsgefährdenden Neophyten im Be-
zirk Lienz künftig unter Kontrolle zu hal-
ten. Hierzu ist es nötig, das Bewusstsein
über die Art in der Bevölkerung zu veran-
kern und bekannt gewordene Populationen
umgehend durch geeignete maßnahmen
(v. a. mahd vor der Blütezeit, händisches
Ausreißen) dauerhaft zu beseitigen.
Literatur:
B
RANDES
D. (2015): Neophyten in der Siedlungsflora von
osttirol. – Braunschweiger Geobotanische Arbeiten 10:
55-66.
F
REUNDoRFER
G. (2009):
Ambrosia artemisiifolia
in Öster-
reich und angrenzenden Staaten – Ursprung, Beschrei-
bung, Ausbreitung sowie möglichkeiten der Bekämp-
fung des invasiven Neophyten. – Schriften ver. verbrei-
tung naturwissenschaftlicher Kenntnisse 147: 1-60.
K
LEiNBAUER
i., D
ULLiNGER
S., E
SSL
F. & P
EtERSEiL
J.
(2006): Ein allergener Neophyt und seine potenzielle
Ausbreitung in Österreich – Arealdynamik der Ambro-
sie (
Ambrosia artemisiifolia
) unter dem Einfluss des Kli-
mawandels. – StartClim2005.C5, Wien.
m
ELZER
H. (1974): Beiträge zur Flora von Kärnten und der
Nachbarländer Salzburg, osttirol und Friaul. – Carinthia
ii 164./84.: 227-243.
P
oLAtSCHEK
A. (1997): Flora von Nordtirol, osttirol und vor-
arlberg, Bd. 1. – tiroler Landesmuseum Ferdinandeum.
P
oLAtSCHEK
A. & N
EUNER
W. (2013): Flora von Nordtirol,
osttirol und vorarlberg, Bd. 6. – tiroler Landesmuseum
Ferdinandeum.
S
tÖHR
o. (2011): Beiträge zur Flora von osttirol iv. – Wis-
senschaftliches Jahrbuch der tiroler Landesmuseen 4:
418-433.
S
tÖHR
o. & B
RANDES
D. (2014): Flora der Bahnhöfe von
osttirol. – Carinthia ii 204./124. Jg. 631-670.
Oliver Stöhr
Zum aktuellen Stand der Ausbreitung von
Ambrosia artemisiifolia
in Osttirol
Abb. 1: Porträt des Beifuß-Traubenkrautes.
Foto: Oliver Stöhr
Abb. 2: Aktuelle Verbreitung des Beifuß-
Traubenkrautes in Osttirol.
IMPRESSUM DER OHBL.:
Redaktion: Univ.-Doz. Dr. Meinrad Pizzinini. Für
den Inhalt der Beiträge sind die Autoren verant-
wortlich.
Anschrift der Autoren dieser Nummer: HR Mag.
Dr. Alois Kofler, Meraner Straße 3, A-9900 Lienz –
Mag. Dr. Oliver Stöhr, Naturkundliche Arbeitsge-
meinschaft Osttirol (NAGO), Alt-Debant 3c/22,
A-9990 Nußdorf-Debant; E-Mail:
oliver.stoehr@gmx.at.
Manuskripte für die „Osttiroler Heimatblätter“
sind einzusenden an die Redaktion des „Osttiroler
Bote“ oder an Dr. Meinrad Pizzinini, A-6176 Völs,
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