VP 2015 05 - page 5

WISSENSCHAFT
PUSTERTALER VOLLTREFFER
MAI/JUNI 2015
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Erregern ständig auf
der Spur
Man ist über die umfang-
reiche Ausstattung des Labors
erstaunt. Doch schließlich wer-
den hier wichtige Erkenntnisse
gewonnen: von der Routinedi-
agnostik für das Krankenhaus
und die heimischen Ärzte
bis zur Ursachenforschung un-
bekannter Krankheitsbilder.
Schwerpunkt ist der Nachweis
von Mikroorganismen. Das heißt,
man ist Parasiten, Bakterien
und Viren auf der Spur, aber
auch Keimen, die von Zecken
oder Stechmücken auf den
Menschen übertragen werden.
Wichtige Entdeckungen
Walder konnte in seinem
Labor bereits viele Erfolge ver-
buchen. So gelang es dort erst-
mals in Österreich das Bakte-
rium „Anaplasma phagocytophi-
lum“ nachzuweisen. Eines Tages
wurde eine Patientin mit hohem
Fieber und schlechtem Allge-
meinzustand von einer Osttiroler
Alm ins Lienzer Krankenhaus
eingeliefert. „Die Symptome
waren schwer. Einen Monat vor-
her hatte sie nahe von Innsbruck
zuweisen“, erklärt der 44-Jäh-
rige. Die Patientin konnte erfolg-
reich therapiert werden. Seither
wiesen Walder und sein Team an
die 30 weitere Fälle in Tirol
nach, die ebenfalls erfolgreich
behandelt werden konnten. Zu-
letzt auch einen in Südtirol.
„Chlamydia abortus“
Auch gelang dem Walder-
Team der erste Nachweis einer
chronischen Entzündung der Ei-
leiter und des Eierstocks durch
„Chlamydia abortus“. Was heißt
das? Seit 20 Jahren litt eine
39-jährige Frau in Vorarlberg an
chronischen Unterleibsschmer-
zen, hatte deshalb auch schon
mehrere Fehlgeburten erlitten.
Die Ärzte wussten nicht weiter.
„Entzündetes Gewebe, das der
Frau nach einer Operation
entnommen wurde, landete letzt-
endlich bei unserem Team.“
Doch vorerst kein Ergebnis.
Auch nicht in zwei anderen
Labors. All‘ die kommerziellen
Testsysteme brachten einfach
nichts. „Wir bauten dann eine
eigene, sehr breit wirksame
Nachweismethode für Chlamy-
dien (Bakterien) auf – gemein-
sam mit dem Friedrich-Löffler-
Institut in Jena. Bestimmte
Chlamydien waren damals ja
nicht standardmäßig nachweis-
bar, aber sie können bei Mensch
und Tier schwere, teils chroni-
sche Krankheiten verursachen.“
Frau blieb gesund
Die neue Methode führte
zu einem grandiosen Erfolg:
Eine bei Menschen in dieser
Form noch nie beobachtete
Chlamydienart, „Chlamydia
abortus“, wurde als Ursache
der Beschwerden entdeckt.
„Die Patientin konnte gezielt
behandelt werden. Der Gynä-
kologe kontrollierte die Frau
noch über Jahre. Doch die
Beschwerden traten nie mehr
wieder auf“, freut sich Walder.
Die Testmethode bewährte
sich später auch in völlig
anderen Bereichen. So wurde
es möglich, die seltene, aber für
Mutter und Kind ungemein be-
drohliche Blutinfektion durch
„Chlamydia abortus“ in der
Schwangerschaft früh zu er-
kennen und gezielt zu therapie-
ren. „Wir nutzen die Methode
heute noch in unserem Labor.
Allerdings nicht ausschließ-
lich. Denn Chlamydien sind
stets für Überraschungen gut.“
Dermacentor, in Osttirol eine seltene Zeckenart.
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eine Zecke gebissen. Deshalb
versuchten wir auch FSME oder
Borreliose nachzuweisen. Doch
kein Ergebnis.“ Standardantibio-
tika schlugen nicht an. Die
Patientin verlor stark an Gewicht,
die Zahl der Blutplättchen war
extrem niedrig, der allgemeine
körperliche Abbau war erheb-
lich. Man dachte an Krebs.
Wie schaut die
Krankheit aus?
Dann erinnerte sich das Labor-
team, dass es ein Jahr vorher
beim Untersuchen von heimi-
schen Zecken und Seren Tiroler
Blutspender ein Bakterium
entdeckte, dass bis dahin noch
wenig erforscht war: nämlich
„Anaplasma phagocytophilum“.
Man hatte nur eine vage Vor-
stellung davon, welche Art von
Krankheit das Bakterium aus-
lösen kann. „Die wenigen Fällen
in der Literatur wiesen jedoch
Parallelen mit unserer Patientin
auf“, so Walder, der sofort eine
entsprechende Untersuchung ein-
leitete. „Sie war damals aber sehr
aufwändig – mangels standardi-
sierter Tests. Doch es gelang uns
tatsächlich nach einer durchgear-
beiteten Nacht eine Infektion mit
diesem neuen Erregertyp nach-
gern unermüdlich
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