HB 2015 04 - page 1

Wenig Erinnerung
Seinen Namen findet man in den Pro-
fessorenlisten des Brixner Priestersemi-
nars.
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Im inzwischen aufgelassenen Arka-
dengrab für das Brixner Priesterseminar
wurde Prof. Peter Aßlaber zwei Tage nach
seinem Tod am 8. November 1914 beige-
setzt.
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In seinem Heimatort Windisch-Ma-
trei (in Osttirol) dürften nicht mehr viele
seinen Namen kennen. Der 100. Todestag
scheint eine gute Gelegenheit zu sein, sich
an ihn zu erinnern.
Einige Spurensicherungen
Der Tod des 37-jährigen Priesters hatte
damals große Betroffenheit ausgelöst. Es
wird erzählt, dass beim Eintreffen der
Todesnachricht ein Bauer geklagt habe:
„Hetz freit mi mei gonzis Lebm nemma“
(d. h. jetzt freut mich mein ganzes Leben
nicht mehr).
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Der Sennerschaft in Außergschlöß galt
seine besondere Verbundenheit, verbrachte
er doch dort seine Urlaubstage in der
Motiser Alm. Er machte gerne Ausflüge in
die Matreier Bergwelt und nahm an einem
„Gungl“, wie die Einheimischen eine
„Sennerparty“ nennen, gerne teil.
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Die „Brixener Chronik“ schreibt von
Trauer in der ganzen Stadt und in der
Diözese über den unerwarteten Tod des jun-
gen Professors, der als
„Mann von seltenen
Charaktereigenschaften und geistigen
Fähigkeiten“
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beschrieben wurde. Das
Brixner Priesterseminar zählte zu dieser
Zeit zu den berühmtesten theologischen
Lehranstalten der Österreichisch-ungari-
schen Monarchie.
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Aßlabers Heimathaus „Motiser“ steht in
Klaunz. Er wurde am 12. Mai 1877 als
ältester Sohn der Eheleute Franz und Anna
geb. Thimmelthaler von Klobinger in Ganz
geboren.
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Die ärmlichen Verhältnisse ließen
ein Studieren schwierig erscheinen. Die
Zeugnisse im Gymnasium kannten dann
aber keine anderen Noten als „vorzüglich“.
In Brixen absolvierte er das Theologie-
studium, nachdem er es in Rom (Germani-
cum-Hungaricum) krankheitshalber hatte
aufgeben müssen. Im Fortkommen des Stu-
diums war er weitgehend auf sich selbst an-
gewiesen. Aus Wertschätzung durch seine
Lehrer folgte wohl die Tatsache, dass ihm
schon als Gymnasiast die Stelle eines Pri-
vatlehrers bei der großherzoglichen Familie
von Parma-Bourbon übertragen wurde, bei
der er später mehrere Ferien verbrachte. Die
Priesterweihe mit 39 Kandidaten fand am
29. Juni 1902 im Dom zu Brixen
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und die
Primiz in Windisch-Matrei statt. So kam er
wohl auch nach dem Theologiestudium in
Brixen mit lauter „eminenter“ (sehr gut) in
den Prüfungsakten
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zum Doktoratsstudium
in das Priesterstudienhaus Frintaneum nach
Wien, wo er 1907 zum Doktor der Theolo-
gie promoviert wurde.
Nach Kooperatorenjahren in Mühlbach
und Innichen bewarb er sich um die Lehr-
kanzel für Dogmatik (Glaubenslehre) an der
fürstbischöflichen Diözesan-Lehranstalt in
Brixen
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, die er auch nach einem für dama-
lige Verhältnisse komplizierten Auswahl-
vorgang zuerkannt bekam. Daneben war er
ein gesuchter Beichtvater (unter anderem im
Knabenseminar Vinzentinum) und als ex-
zellenter Prediger bekannt. Seine Fasten-
predigten waren berühmt. Zwei Jahre leitete
er als Präses die Marianische Theologen-
kongregation und war Förderer des Pius-
vereins, dessen Ziel die Verbreitung des
katholischen Pressewesens war. Seine teil-
weise aus Bescheidenheit anonymen
schriftlichen Beiträge in den damaligen Zei-
tungen wurden aufmerksam gelesen.
Sein schweres Leiden kam wohl von
einer Magenerkrankung, der er am 6. No-
vember 1914 erlag.
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Auswahlverfahren für die Professur
Wenn man die damalige Vorgangsweise
zur Besetzung einer Professur betrachtet,
ist eine solche nicht weniger kompliziert
wie etwa heute eine solche mit Hearings,
Gutachten und Auswahlverfahren.
Der damalige Kooperator Aßlaber von
Innichen bewarb sich um die Stelle eines
Professors für Dogmatik am Brixner Pries-
terseminar. Sein Mitbewerber war Dr. Karl
Telch.
12
Beide wurden zur Bewerbung zuge-
lassen. Protokolle aus dem Brixner Diö-
zesanarchiv
13
beschreiben das Prozedere:
Der Bischof von Brixen gab die Prü-
fungsfragen bekannt.
In diesem Fall waren es drei:
1. Verteidigung des Dogmas (Glaubens-
satz) vom Hervorgehen des Hl. Geistes
von Vater und Sohn;
2. Die katholische Lehre der Schöpfung
aus dem Nichts;
3. Erklärung der Verwandlung (Transsub-
stantiation) in der Eucharistie (Hl.
Messe).
Die Kandidaten hatten zuerst eine
schriftliche Arbeit über diese Themen vor-
zulegen. Dann folgte die mündliche Ver-
teidigung der schriftlichen Begründungen.
Folgende Gremien wurden dabei mit
dieser Materie befasst:
Ein Dreierkollegium verfasste das Gut-
achten. Über dieses wurde im Professo-
NUMMER 4/2015
83. JAHRGANG
OSTTIROLER
HEIMATBLÄTTER
H e i m a t k u n d l i c h e B e i l a g e d e s „ O s t t i r o l e r B o t e “
Josef Wolsegger
Professor Peter Aßlaber (1877-1914)
Biografische Spurensuche zum 100. Todestag des Theologieprofessors aus Matrei i. O.
Sterbebildchen zur Erinnerung an Prof.
Dr. Peter Aßlaber.
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