Zuzugsstudie - Zuerst Familie, dann Natur und danach erst Arbeit


Zuzugsstudie: Zuerst Familie, dann Natur und danach erst Arbeit

In den letzten beiden Jahren zogen mehr junge und gut ausgebildete Leute aus anderen Bundesländern nach Kärnten als aus Kärnten wegzogen. Das Bundesland wächst und man spricht von „Brain Gain“ (Talentzuwanderung). Der Kärntner Zentralraum profitierte davon stärker als Oberkärnten, die Entwicklung strahle aber auf die Bezirke Hermagor und Spittal aus.

„Man kann eindeutig von einem ‚Brain Gain‘ in den Jahren 2011 bis 2020 nach Kärnten sprechen, dem Zuzug von hochqualifizierten Fach- und Führungskräften, jungen Menschen und jungen Menschen mit Kindern. Fast die Hälfte haben akademische Ausbildungen“, sagt Dr. Birgit Aigner-Walder von der FH Kärnten. Die Volkswirtin ist Autorin einer kürzlich vorgestellten Studie über Binnenmigration zwischen Kärnten und den anderen Bundesländern. Dafür hat sie sich die Jahre 2011 bis 2020 angeschaut, in diesen zehn Jahren sind rund 53.900 Personen aus anderen Bundesländern nach Kärnten zugewandert, aber Kärntner sind auch weggezogen, im Jahr über 1.300 Personen mehr als zuzogen. In den letzten drei Jahren hat sich der Trend aber umgekehrt. 2020 sind 656 Personen mehr zugezogen als weggezogen, 2021 waren es 271. Wer sind die Leute? Sie sind meist jung und im erwerbsfähigen Alter, 80 % sind unter 45 Jahre, 60 % haben Kinder und 49 % der Zuzügler haben einen Hochschulabschluss, aber nur die Hälfte davon sind Rückwanderer, also Kärntner, die zum Studieren oder Arbeiten nach Wien oder in die Steiermark gezogen sind. Offenbar ist in Kärnten leben auch für andere Bundesländer attraktiv geworden.

Weiche Standortfaktoren entscheidend

Das Hauptmotiv der Zuzügler, so Aigner-Walder, sind familiäre Gründe. Ein Teil kehrt zur Familie zurück oder will die Kinder in Kärnten großziehen. Danach kommen bei den Motiven „sonstige Gründe“, wie die Wohnsituation, die Landschaft oder die Natur, gefolgt von der Arbeit an dritter Stelle. Auch Corona leistete zu diesem Zuzugs-Plus seinen Teil: „Die weichen Standortfaktoren Natur, Umwelt, Garten oder ein Balkon, ins Freie gehen können, haben die Leute aufgrund der Pandemie wieder mehr schätzen gelernt“, sagt Aigner-Walder. Dazu kam, dass die Telearbeit während der Pandemie einen Aufschwung genommen hat, die Arbeit ist flexibler geworden. Die Kinderbetreuung in Kärnten wird als gut befunden, ein Wermutstropfen für die Neu-Kärntner sind die öffentlichen Verkehrsmittel, die im Vergleich zu den größeren Städten am Land kaum vorhanden sind.  

Oberkärnten profitiert vom Zentralraum

Der Zuzug geschieht vorwiegend im Kärntner Zentralraum. Die Oberkärntner Bezirke Hermagor und Spittal haben in den letzten Jahren eher an Bevölkerung verloren. In Hermagor sind nur 2018 (20 Personen) und 2020 (21 Personen) mehr Leute zugezogen als weggezogen. In Spittal war dies nur 2021 der Fall (75 Personen). Bis 2015 hatte der Bezirk ein negatives Wanderungssaldo von zwischen 300 und 150 Personen jährlich, die Situation sei seit 2016 aber deutlich besser geworden, meint Aigner-Walder, die die Bevölkerungs-Prognosen für beide Bezirke aber trotzdem nicht rosig sieht. „Bis 2035 – und das ist eine recht kurze Zeit – werden bis über 5 % weniger Menschen hier leben“. Dazu trägt auch das Geburtendefizit bei. Das sei aber kein reines Kärntner Problem, vier der Bundesländer haben eine negative Geburtenbilanz, Zuwanderung sei deshalb nötig. Trotzdem zieht Aigner-Walder ein positives Resümee auch für Oberkärnten: „Obwohl mehr im Zentralraum ankommen, darf man nicht außer Acht lassen, dass dies auch positive Auswirkungen auf Oberkärnten hat. Viele Jobs entstehen im Zentralraum, der sich stärker entwickelt. Davon profitieren auch die Wohngemeinden. Es gibt viele Pendler, deshalb wird der Ausbau des öffentlichen Verkehrs immer wichtiger. Das Zentrum nimmt die Peripherie mit, das darf man nicht vergessen. Man muss hier über die Regionen und Gemeindegrenzen denken“.


Weitere Bilder:
Volkswirtin und Studienautorin Dr. Birgit Aigner-Waldner von der FH Kärnten mit Markus Bliem von der strategischen Landesentwicklung und LH Peter Kaiser. Foto: LPD

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