Landwirtschaft - Weidetier-Risse machen Landwirte zu schaffen


Weidetier-Risse machen Landwirte zu schaffen

Massive Probleme mit Weidetier-Rissen auf den Almen haben derzeit Gailtaler Landwirte. Nicht nur der Wolf ist im Gailtal aktiv, auch der Bär. Aufgrund wiederholter Angriffe haben Tierhalter auf der Poludnig Alm ihre Tiere bereits vorzeitig ins Tal gebracht. Meldungen von Weidetier-Rissen durch Raubwild gibt es mittlerweile aus allen Oberkärntner Tälern.

Im Vorjahr kamen Meldungen von Wolfsrissen vor allem aus Tirol und Osttirol, In Kärnten gab es 2020 keine bestätigte Tötung eines Nutztieres durch den Wolf. Heuer änderte sich die Lage dramatisch. Der Südwesten Kärntens, vor allem Almen des Gailtals, wurden zu Jagdgebieten durchziehender Wölfe, weiß der Geschäftsführer des Kärntner Almwirtschaftsvereins, Josef Brunner. „Wir haben Meldungen von Rissen in Oberdrauburg, am Stagor und dem Rottensteinertal (Gemeinde Steinfeld, Anm.), vermisste Tiere im Lesachtal, aber hauptbetroffen ist die Karnische Region auf allen Almen“, so Brunner. Hotspot sei die Poludnig Alm (Hermagor-Pressegger See). Rund 20 Auftreiber weiden hier über die Sommermonate ihre Rinder, Pferde und Schafe. Von den heuer aufgetriebenen 95 Schafen sind binnen drei Wochen nur mehr 40 zu finden. Verantwortlich dafür ist laut Brunner eine Rotte oder ein kleines Rudel Wölfe aber auch der Bär „K3“, ein älteres Tier, das seit mehreren Jahren in diesem Gebiet beobachtet wird. Rissbegutachter des Landes Kärnten um den Wolfsbeauftragten Roman Kirnbauer haben über DNA Analysen bereits 11 Schafrisse den Wölfen zuordnen können und vier ebendiesem Bären „K3“. 30 DNA-Proben seinen noch ausständig. Zwei weitere Schafrisse im Liesertal konnten dem Goldschakal zugeordnet werden, ergänzt Brunner. 

Kurze Almsaison

Auf der Poludnig Alm hat der Großteil der Auftreiber bereits die Tiere abgetrieben, erzählt Almobmann Thomas Brugger. Er spricht von bis zu 30 Rissen auf seiner Alm. Am Poludnig habe es eine Sichtung von zwei Wölfen gegeben. „Wir finden tote und verletzte Tiere, Schafe, denen in den Hals gebissen wurde und die dadurch verenden oder notgeschlachtet werden müssen“, erzählt Brugger. Einige Tiere sind versprengt und müssen erst gefunden werden. Dass es sich bei den Räubern auch um Hunde handelt, hält Brugger für nahezu ausgeschlossen. „Das war seit dem Kuhurteil nie mehr ein Problem, denn Einheimische und Urlauber halten Hunden auf der Alm i. d. R. an der Leine.“ Auch Stefan Simschitz war 28 Jahre lang Halter auf der Poludnig Alm und alpte bis vor wenigen Tagen selbst eine kleine Herde von 16 Schafen auf dieser Alm. Jetzt hat er seine Tiere wieder abgetrieben. Von seinen 16 aufgetriebenen Schafen kamen nur mehr zehn zurück ins Tal. Eines hat er tot aufgefunden, fünf sind noch abgängig. „Wir haben das Elend nicht mehr mit anschauen können“, sagt er. Die Wolfs-Attacken finden vor allem in der Nacht statt, die Tiere werden nicht gefressen, sondern vielmals im Jagdtrieb durch Bisse in den Hals getötet. „Wir haben aufgegeben, die Almsaison ist vorbei, der Wolf wird weiterregieren“, resigniert Simschitz. Die normale Bewirtschaftung der Alm hält er nicht mehr für möglich, denn die Bauern sind nicht mehr bereit, die Tiere hinaufzutreiben. Almobmann Brugger sieht dabei ein weiteres Problem: „Was wird mit den Kühen, wenn die Schafe als Futterquelle für die Wölfe weg sind?“

Möglichkeit in Weideschutzgebieten

„Bei der heuer extremen Häufung an Wolfsrissen muss auf politischer Ebene umgehend etwas geschehen“, fordert Josef Brunner. Der Almwirtschaftsverein setze sich schon seit längerem dafür ein, dass eine Entnahme von sogenannten Problemwölfen möglich wird. Zusammen mit mehreren Gailtaler Almgemeinschaften hat der Almwirtschaftsverein nun einen Antrag auf Ausnahme von den Schonvorschriften an das Land Kärnten gestellt. „Dieser Antrag wird umgehend und raschest von der Behörde geprüft“, so Jagd- und Agrarreferent LR Martin Gruber in einer Aussendung. Er sei sofort bereit einen Abschussbescheid zu unterzeichnen, wenn die Behörde grünes Licht dafür gibt. Die Herausforderung liege aber in der Definition, ab wann ein Wolf von der Behörde als verhaltensauffällig eingestuft werden kann. Man habe sich an den Wolfsmanagementplan des „Österreichzentrums Bär, Wolf, Luchs“ zu halten, dessen Auslegung streng sei und keine Entnahmen zulassen, wenn Weidetiere sich ungeschützt auf den Almen bewegen. Gruber lässt prüfen, ob landesgesetzliche Maßnahmen möglich sind, um zumindest die Behördenverfahren zu beschleunigen, die einem Abschussbescheid vorausgehen. Herdenschutzmaßnahmen sind aufgrund des steilen und oft felsigen Geländes kaum umsetzbar, deshalb könnte man in Kärnten Weideschutzgebiete definieren, in denen diese Maßnahmen ausgeschlossen werden, so Gruber. In dasselbe Horn stieß vergangene Woche auch die Vollversammlung der Landwirtschaftskammer Kärnten. Das EU-Recht lasse Entnahmen von Wölfen zu, wenn diese Herdenschutzmaßnahmen als unzumutbar und unverhältnismäßig gelten würden. Mittels Resolution forderte die LK vom Landtag einen entsprechenden Entschluss, der diese Voraussetzungen schafft.


Weitere Bilder:
Schafbauern auf der Poludnig Alm fanden in den letzten drei Wochen über 30 gerissene oder verletzte Schafe. Foto: Simschitz
Schafbauern auf der Poludnig Alm fanden in den letzten drei Wochen über 30 gerissene oder verletzte Schafe. Foto: Simschitz

ZUR ÜBERSICHT

Bitte geben Sie in das Textfeld den gewünschten Suchbegriff ein!