Rattendorf - Platz für Gemeinschaft schaffen


Klaus Flaschberger, Rattendorf: Platz für Gemeinschaft schaffen

27. Feber 2024

Klaus Flaschberger (63) stammt aus Rattendorf. Nach über 30 Jahren in Deutschland zog es den Architekten wieder zurück in seine Heimat, wo er derzeit ein ungewöhnliches Projekt umsetzt: In seinem revitalisierten Elternhaus soll das soziale Leben wie in einer Dorfgemeinschaft wiederbelebt werden.

„Unter den Linden“ – so heißt das ungewöhnliche Wohnbauprojekt von Klaus Flaschberger mitten in Rattendorf. Sein Heimathaus ist geräumig, ein großes traditionelles Gailtaler Bauernhaus mit dem Vulgonamen „Vögele“. Zur ehemaligen Landwirtschaft gehören auch Wald, Wiesen und viel Platz. „Zu viel Platz“, meint Klaus Flaschberger, weshalb er sich darangemacht hat, diesen Platz mit Gemeinschaft zu füllen. „Miteinander leben, anstatt nur nebeneinander“, lautet seine Devise. „Gerade in der Corona-Zeit haben wir gemerkt, dass viele Menschen isoliert daheimsitzen. Dabei ist durch Corona auch wieder herausgekommen, welch hohen Stellenwert das Gemeinsame, die gute Nachbarschaft, hat“. Mit Leuten, die diese Einstellung zur Gemeinschaft teilen, möchte er sein Wohnbau-Projekt füllen.

Hohe Lebensqualität im Gailtal

34 Jahre arbeitete Flaschberger in Freiburg und Bad Tölz als Architekt. Nach dem Architekturstudium in Wien zog es den gebürtigen Gailtaler nach Deutschland, wo er zuerst als Angestellter und später über seine eigene Firma Ein- und Mehrfamilienhäuser plante und baute. Als er sich in eine Apothekerin verliebte und mit ihr eine Familie gründete, hängte er die Architektur für viele Jahre an den Nagel und stieg nach einer zweiten Ausbildung in die Apotheke ein, wo er dann auch 20 Jahre arbeitete. Während dieser Zeit baute er drei eigene Häuser. Zwei verkaufte er und das dritte übergab er mittlerweile seinen Sohn, der es jetzt mit seiner jungen Familie bewohnt. Flaschbergers Ehe hielt nicht und nach der Scheidung wechselte er wieder zur Architektur. „Die Arbeit hat Spaß gemacht. Aber ich habe mir in Deutschland überlegt, wie will ich alt werden? Wie kann ich es anstellen, dass ich nicht im Altenheim lande? Dann kam die Idee mit Rattendorf. Dass ich in Kärnten ein so schönes Haus habe, war mir zuerst gar nicht bewusst“, erinnert sich der Architekt. Die Planung und Umbauarbeiten an seinem Elternhaus managte er zuerst von Deutschland aus, im Sommer des Vorjahres zog er schließlich ganz nach Kärnten und wagte damit einen Neustart. „Mit 63 noch einmal durchzustarten, das kann ich jedem nur empfehlen. Es ist unglaublich, was man noch für einen Schub kriegt“, erzählt er begeistert. Im Gailtal zeige sich eine ganz andere Lebensqualität als im Speckgürtel rund um München, wo Stress und Druck viel stärker zu spüren sind.

Am Anfang Berührungsängste

„Jetzt bau ich das Haus fertig und schau, dass ich Gleichgesinnte finde“, sagt er voll Tatendrang (Kontakt über www.unterdenlinden.at). Der Umbau ist weit fortgeschritten, sieben Wohnungen sind entstanden. Die zukünftigen Bewohner sollten seine Vision eines (Dorf)gemeinschaftlichen Zusammenlebens teilen. Neben den getrennten Wohnungen als Rückzugsorte hat Flaschberger bei seiner Planung viel Gemeinschaftsraum berücksichtigt. So gibt es z. B. einen großen Eingangsbereich als Bauernstube mit Küche, wo bei Bedarf Familienfeste gefeiert oder Tanzabende veranstaltet werden können, „bunt gemischt, Alte und Junge, Sportler und Aktive“. Es gibt viele Möglichkeiten, dass sich eine Gemeinschaft entwickelt. Dass es für diese Art des Wohnens ein eigenes Klientel in Bezug auf Offenheit braucht, ist dem Gailtaler bewusst. „Manche Leute haben dieser Idee Berührungsängste. Das muss man ansprechen. ‚Unter den Linden‘ hat aber jeder seine Rückzugsorte und die Möglichkeit an der Gemeinschaft teilzunehmen. Man kann sagen: ‚heute will ich meine Ruh haben‘“. Einige Monate ist der Idealist schon auf der Suche nach geeigneten „Mitbewohnern“, sprich Mietern oder Käufern. „Es gibt manche, die wollen nur etwas von der Gemeinschaft haben. Das funktioniert nicht. Man sollte auch etwas in die Gemeinschaft einbringen. Dafür braucht es auch Leute, die mit beiden Beinen im Leben stehen“.  

Von Harald Angerer

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