Erinnern an NS-Opfer in Greifenburg
Bei einer Gedenk- und Befreiungsfeier wurde in Greifenburg an dien NS-Opfer des Oberen Drautales gedacht. Das Denkmal wurde dabei um den Namen einer jungen Frau erweitert, die dem Regime zum Opfer fiel.
„Es ist ein großer Tag für mich, der mich tief bewegt“, erklärte Christine Strobl-Oman. Ihre Tante Theodora Oman wurde 1941 im Alter von 22 Jahren vom NS-Regime in der Vernichtungsanstalt Hartheim ermordet. Auf Initiative von Strobl-Oman erweiterte der Verein „aegide“ das Denkmal für die NS-Opfer in Greifenburg um eine Glastafel mit dem Namen und Lebensdaten der jungen Frau.
Aus der Gesellschaft entfernt
Anna Moritz und Lea Leitner von der HLW Spittal berichteten über das Schicksal von Theodora Oman. Die Tochter des Bahnvorstands und Ortsgruppenleiter der NSDAP von Oberdrauburg, Friedrich Oman, litt an Epilepsie. Diese Krankheit gehörte nach Ansicht der NS-Mediziner zu Erbkrankheiten, die das deutsche Volk schwächten. Wer an epileptischen Anfällen litt, galt deshalb nicht als zu behandelnder Patient, sondern als „Erbkranker“, der aus der Gesellschaft auszusondern war. Theodora Oman wurde in die Irrenanstalt Klagenfurt eingewiesen. Sie bat um ihre Herausnahme, entkam dem Vernichtungsplan der Nationalsozialisten aber nicht mehr. Allein aus Kärnten ermordete das NS-Regime 1.350 kranke Menschen, die von Ärzten als „lebensunwert“ eingestuft wurden. Die meisten von ihnen wurden im Schloss Hartheim in einer Gaskammer erstickt. Während viele Täter der Medizinverbrechen nach 1945 weiterhin als Ärzte arbeiten konnten, litten Angehörige der Ermordeten an Scham- und Schuldgefühlen. So wurde der Massenmord zum gesellschaftlichen Tabu, zu einem Trauma, das weiterlebte, berichteten die Schülerinnen. Christine Strobl-Oman setzte sich in den vergangenen Jahren mit dem verschwiegenen Teil ihrer Familiengeschichte auseinander. „Mit der Glastafel auf dem Denkmal erhält meine Tante den ihr zustehenden Ehrenplatz“, so Strobl-Oman in ihrer Ansprache vor den mehr als 100 Besuchern.
Erinnern ist wichtig
Historiker Peter Pirker, Obmann des Vereins „aegide“, nahm auf die aktuelle „Krise der Demokratie“ Bezug. Erinnern sei Teil der Anstrengungen, die demokratische politische Kultur zu bewahren und weiter zu entwickeln. Dies sei angesichts der nun bekannt gewordenen antidemokratischen Äußerungen führender Politiker umso wichtiger. Obwohl es viele Warnungen gab, habe die ÖVP eine Regierung mit der FPÖ gebildet und trage deshalb ebenso Verantwortung für die tiefste Krise des demokratischen politischen Systems seit der Befreiung vom Nationalsozialismus, so Pirker. Nun gehe es darum, dass sich die Bürger wieder stärker für demokratische Werte einsetzen und sich an der Gestaltung des Gemeinwesens beteiligen. Eine weitere Rede hielt die Historikerin Brigitte Entner. Sie sprach über das slowenische Dorf Zell/Sele, das besonders stark unter der NS-Verfolgung litt, aber auch Widerstand leistete. Neben Zeitzeugen und Angehörigen von NS-Opfern nahmen der Berger Bürgermeister von Berg Wolfgang Krenn, der Bürgermeister von Irschen Gottfried Mandler, Landtagsabgeordneter Alfred Tiefnig und eine Reihe von Gemeinderäten aus dem Oberen Drautal an der Veranstaltung teil.