Spittal - Einsatz für Volksgruppen


Einsatz für Volksgruppen

Das Gottscheerland war eine der ältesten deutschen Sprachinseln in Mitteleuropa, im Süden Sloweniens, rund 60 km südöstlich von Laibach (Ljubljana) gelegen. Im Stadtpark Spittal erinnert ein Denkmal an das Schicksal der Gottscheer. Der Spittaler DDr. Karl Anderwald befasst sich mit Minderheiten, speziell auch mit der deutschsprachigen Volksgruppe in Slowenien. 

Die Gründung der Gottschee erfolgte unter den Grafen von Ortenburg mit Siedlern aus dem kärntnerisch-osttirolischen Grenzraum zu Beginn des 14. Jahrhunderts (um 1330). Die Siedler aus Oberkärnten und Osttirol leisteten vorbildliche Pionierarbeit. Das Schicksal der Gottscheer war bis in die jüngste Vergangenheit aufs engste mit dem der slowenischen Nachbarn verbunden. Insgesamt entstanden im Lauf der Zeit 176 Siedlungen und die Stadt Gottschee (slowenisch Kočevje). 1492 erhielten die Gottscheer das Hausierpatent. Um 1792 wurde Gottschee Herzogtum. In der Blütezeit der Sprachinsel, gegen Ende des 19. Jahrhunderts, siedelten 28.000 Deutschsprachige in diesem Gebiet. Es kam zu Auswanderungen. Bis zum Ende des Ersten Weltkrieges gehörte das Gottscheer Land zur Österreichisch-Ungarischen Monarchie. Dann wurde es Teil des SHS-Staates, später ein Teil des Königreiches Jugoslawien. Das bestehende Deutschtum wurde sehr unterdrückt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg begann der letzte tragische Abschnitt der Gottscheer Geschichte. 1941 hatten sie (durch das Hitler-Mussolini-Abkommen) nur die Wahl, sich für die Umsiedlung nach Deutschland zu entscheiden oder ihr Volkstum aufzugeben. Sie wurden umgesiedelt in die Untersteiermark, vertrieben und mussten flüchten, um ihr Leben zu retten. Hunderte gingen in Lagern (Tüchern, Sterntal) zugrunde. Im Herbst 1945 kamen Überlebende in die Bundesländer, insbesondere in die Steiermark und nach Kärnten. Von hier kam es zu weiteren Auswanderungen nach Deutschland und vor allem nach Amerika, Kanada, auch nach Australien und Südamerika. Ein kleiner Teil der Volksgruppe überlebte die ethnische Säuberung, die durch Vertreibung, Massenliquidierungen und Masseninternierungen gekennzeichnet war.

In aller Welt

Die vertriebenen und geflüchteten Gottscheer erhielten bis heute keine Entschädigung für ihr Hab und Gut. Die Gottscheer schlossen sich in den neuen Heimatländern in Heimatverbänden (Vereinen) zusammen, um ihre Sitten und Gebräuche, ihre Traditionen, den Glauben und vor allem ihre altertümliche deutsche Mundart zu erhalten. U.a. ist auch die Gottscheer Landsmannschaft in Klagenfurt, 1952 gegründet, sehr aktiv. Die Gottscheer Zeitung verbindet die Gottscheer in aller Welt, es gibt sie seit 66 Jahren, ihr Motto lautet: „Mit der Heimat im Herzen über Land und Meer verbunden“. Vereine in Slowenien kümmern sich um die Weitergabe des Kulturerbes und die Erhaltung ihrer Sprache. Für die Anerkennung als deutsche Minderheit kämpfen sie seit Jahrzehnten, bisher ohne Erfolg, stellt Martha Stalzer-Tiefenbacher, die Schriftleiterin der Gottscheer Zeitung, fest. Ein besonderes Medium, das sich umfassend dem Kulturerbe und den vielen Vereinen in aller Welt (z. B. den Festen in Cleveland, Toronto oder der Gottscheer Kulturwoche in Klagenfurt) widmet.

Die deutschsprachige Volksgruppe hat einen wesentlichen Anteil an der Siedlungsgeschichte Sloweniens. Nach der Volkszählung im Jahr 1910 lebten auf dem Gebiet des heutigen Sloweniens 106.337 Einwohner mit deutscher Umgangssprache. Der bekannte und sehr vielseitig engagierte Politikwissenschafter und Publizist aus Spittal/Drau, DDr. Karl Anderwald, widmet sich seit vielen Jahren auch Volksgruppenthemen. Eingehend befasst er sich auch mit der „ungelösten Frage der Anerkennung der deutschsprachigen Volksgruppe in Slowenien“. 1991 konnte sich die deutschsprachige Volksgruppe in Slowenien wieder konstituieren. Eine Anerkennung als Minderheit blieb ihr allerdings bis heute versagt.

Viele Bemühungen

„Einige positive Entwicklungen in den letzten vier Jahren können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Situation der Volksgruppe nach wie vor unbefriedigend ist“, sagt Anderwald. Er erwähnt die vielen Bemühungen, das Kulturabkommen, die Entschließungen im Nationalrat usw. Auch die österreichische Botschafterin Sigrid Berka, die am Ende ihrer Funktionsperiode habe feststellen können, dass die Positionen der Volksgruppe endlich Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit und in den Medien gefunden haben. 2017 habe auch der neue Obmann des Dachverbandes Christian Lautischer neuen Schwung in die Aktivitäten gebracht und auch eine Laibacher Zeitung wurde der slowenischen Öffentlichkeit präsentiert.  Auch mehr Förderungsmittel habe es gegeben. „Obwohl sich die Volksgruppe trotz vieler Anfeindungen in sieben Vereinen und in einem gemeinsamen Dachverband manifestiert, weigert sich das offizielle Slowenien, dieser Minderheit kollektive Rechte einzuräumen“, schreibt Anderwald im neuen Buch „Rechtsstaatlichkeit, Grundrechte und Solidarität in Österreich und Europa“ (2021).

Vielseitig aktiv

DDr. Karl Anderwald, Jg. 1940, hat Politikwissenschaft, Publizistik und Kommunikationswissenschaft studiert, ist Honorarprofessor und auch Ehrendoktor der Universität Czernowitz.  Von 1992 bis 2002 war er Landesamtsdirektor-Stellvertreter, ab 1999 Lehraufträge an der Universität Salzburg und der Fachhochschule Kärnten. 1999 Gründung des Carinthian-Institute for ethnic minorities (CIFEM). Von 2002 bis 2018 war er Vorsitzender des Kuratoriums und des wissenschaftlichen Beirates der FH Kärnten. Arbeitsschwerpunkte: Ethnische Minderheiten, Kommunalpolitik und Wahlkampfbeobachtung.

Der Politikwissenschafter und Publizist ist jetzt vor allem mit der Redaktion des „Kärntner Jahrbuch für Politik“ befasst, das er (zusammen mit Karl Hren und Kathrin Stainer-Hämmerle) herausgibt. Das Jahrbuch, das heuer zum 28. Mail erscheinen wird, versteht sich als Plattform für die kritische und unabhängige Behandlung gesellschaftlich relevanter Themen in Kärnten. Beim Kärntner Jahrbuch 2020 wirkten 30 Autorinnen und Autoren mit. Anderwald hat eine Fülle von Initiativen und Projekten gesetzt bzw. daran mitgewirkt und eine Vielzahl von Beiträgen publiziert. Für sein Wirken erhielt er auch zahlreiche Ehrungen.

Karl Brunner

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