Gemeindezeitung - page 21

Seite 21
02/2015
In den Jahrmillionen der Evolution
hat unser Organismus offenbar
gelernt, sich auf karge Zeiten ein-
zustellen. Noch bevor Religionen
das Fasten entdeckten, dürften die
Menschen in Klimazonen mit Jah-
reszeiten im Frühjahr, wenn ihre
Vorräte zur Neige gingen, Hunger
gelitten haben. Der Organismus
machte aus solcher Not eine
Tugend und nutzte diese Zeit für
innere Aufräumarbeiten und Rege-
nerationsprozesse. Ähnlich wie die
frühen Menschen in solchen Perioden ihre letzten Vorräte
zusammenkratzten und alles Übrig- und Liegengebliebene ver-
wendeten, ging ihr Organismus daran, liegengebliebene Schlak-
ken und Problemzonen zur Energiegewinnung heranzuziehen.
Erst danach nahm er die in besseren Zeiten angefutterten Vorräte
in Gestalt des Fettgewebes in Angriff. So gab es wohl von Anfang
an eine Art Frühjahrsputz im Haus der Seele.
In einer Zeit wie der heutigen, die dem Überfluss huldigt und
Luxus über alles stellt, entwickelt sich bei vielen Menschen
gleichsam als Gegenreaktion eine Art Überdruss am Überfluss.
Fasten bietet hier einen neuen und zugleich uralten Ausweg.
Wer schon einmal das wunderbare Gefühl nach einem Frühjahr-
sputz genossen hat oder sich nach langer Zeit dazu aufraffen
konnte, sein Arbeitszimmer oder auch nur den Schreibtisch aufzu-
räumen, weiß ungefähr, wie man sich nach einer Fastenzeit fühlt.
Wenn die Ordnung wieder hergestellt ist, steigt der Lebensmut
und die Energien fließen in nicht gekannter Weise. Schon wäh-
rend des Fastens, des inneren Ordnungsschaffens, kann sich ein
Hochgefühl einstellen. Fastentherapeuten sprechen in diesem
Zusammenhang sogar von einer Fasteneuphorie – vor allem wenn
die ersten drei Tage, die häufig von Umstellungsphänomenen
geprägt sind, hinter sich gelassen werden.
Fasten ist weit mehr als ein therapeutischer Weg zur Bewältigung
gesundheitlicher Probleme. Es ist eine wundervolle Methode, die
Lebensstimmung insgesamt zu heben. Oft versetzt es einen sogar
in die Lage, in bereits bedrohlichen Situationen das Ruder noch
herumzureißen und dem Leben eine neue Richtung zu geben.
Verwendet man eine weitere Analogie, kann man den Orga-
nismus mit dem Haus der Seele vergleichen. Das Alter verrät die
Zeit, die die Seele bereits in ihrem Haus verbracht hat. Im Laufe
der Jahre und Jahrzehnte fallen in jedem Haus Dinge an, die nicht
mehr gebraucht und folglich in Kellern und Speichern eingelagert
und verstaut werden. Anfangs ist das kein Problem, denn die Spei-
cherräume – im Organismus das Binde- und Fettgewebe – sind
leer und aufnahmebereit. Mit der Zeit und den Jahren werden die
Speicher des Hauses aber immer voller, und irgendwann – je nach
individueller Kapazität – sind sie randvoll und quellen über, auch
in den normalen Wohnbereich. Spätestens dann stören sie das
Wohnen. Es spricht einiges dafür, dass dieser Zustand dafür ver-
antwortlich ist, das Mediziner nun z.b. eine Rheumadiagnose stel-
len und mit schmerz- und entzündungshemmenden Mitteln
versuchen, die unangenehmen Symptome zu unterdrücken. Das
ist in etwa so wirksam, wie wenn man den vollen Abfalleimer des
Hauses Seele dreimal am Tag mit Parfüm besprühen würde, um
den unangenehmen Geruch in den Griff zu bekommen…..
Mit dem Fasten alte Ablagerungen und Schlacken abtragen
Dagegen setzt Fasten mit seinen Aufräumungs-, Entschlackungs-
und Neuordnungsarbeiten einen Umkehrprozess in Gang: Der
Organismus beginnt, die Ablagerungsvorgänge rückgängig zu
machen. Was zuletzt in die Keller und das Bindegewebe verfrach-
tet wurde, wird als erstes wieder abgebaut. Mit jedem Fastentag
dringt man so tiefer in die Ablagerungen vor. Der Organismus
entsorgt Schicht für Schicht, was sich in Jahren angehäuft hat,
indem er die Schlacken abbaut und über das Blut in den Stoff-
wechsel leitet. Aus diesem Grund hat der Körper beim Fasten
immer genug Brennstoff zur Verfügung.
Der Fastende dringt so in seinem „Körperhaus“ beziehungsweise
Bindegewebe Schicht für Schicht in seine eigene Geschichte vor,
die ihren körperlichen Ausdruck in den entsprechenden Ablage-
rungen des Fett- beziehungsweise Bindegewebes findet. Ähnlich
wie die Gesteinsschichten die Erdgeschichte dokumentieren, tun
es die Fett- und Bindegewebsschichten bezüglich der persön-
lichen Vergangenheit. Wer nun fastend daran geht, diese Schich-
ten einer Revision zu unterziehen, wird – falls er dafür offen ist –
erleben, dass er parallel dazu ohne große Anstrengung an die ent-
sprechenden seelischen Schichten seiner Persönlichkeit heran-
kommen kann.
Zu jedem körperlichen Knoten gehört auch einer
in der Seele
. Diese seelischen Ablagerungen aufzuspüren und sich
bewusst zu machen kann zu einer kleinen Psychotherapie in
Eigenregie führen. In alten Zeiten kannten die Menschen keine
Psychotherapie, aber sie hatten in fast allen Kulturen lebendige
Fastentraditionen, die ihnen offenbar eine ausreichende Seelenhy-
giene ermöglichten. So ist es nicht verwunderlich, dass fast jede
Religion, jedenfalls alle Hochreligionen vom Christentum über
den Islam bis zum Judentum, aber auch Hinduismus und
Buddhismus in ihren heiligen Schriften sehr genaue Fastenanwei-
sungen haben.
Die positiven Reaktionen des Geistes und der Seele ergeben sich
aus dem körperlichen Fastenergebnis. Wenn die Leitungsbahnen
des Organismus gereinigt und regeneriert werden, können sich
Gedankenimpulse leichter und schneller bewegen. Vieles spricht
dafür, dass sich auf diesem Weg das Gedächtnis verbessern lässt,
weil offenbar die Zugänge zu den Wissensspeichern freier wer-
den. Das Fasten Kreativität und Fantasie anregt, wird meist schon
nach der ersten Fastenkur deutlich. Auch auf die unmittelbare
Umwelt hat das Fasten Auswirkungen. Häufig empfindet man
anschließend Lust, das äußere Haus – Wohnung Garten, manch-
mal auch das Auto – ebenfalls in Schuss zu bringen. Viele Men-
schen werden beim Fasten erstmals erleben, wie sehr sie Seele
sind und den Körper als Behausung für die Seele brauchen. Das
setzt den Körper keineswegs herab; man widmet ihm im Gegen-
teil besondere Aufmerksamkeit und empfindet ein Gefühl von
Dankbarkeit. Den meisten wird während des Fastens klar, dass
das Körperhaus für sie wichtiger ist als das äußere Haus.
Drei wichtige Adressen zum Thema Fasten:
Otto Buchinger; Helmut Lützner; Ruediger Dahlke
Fasten - Frühjahrsputz imHaus der Seele
Die Seite für die Gesundheit
mit Doktor Adelbert Bachlechner
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