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Ferienwohnungen. Paul, der jüngste Spross
der Familie Lugger, ist zum Teil in Leisach
aufgewachsen. Er besuchte hier den Kinder-
garten, hat viele Leisacher Freunde und ist
Mitglied bei der Landjugend und bei der
Feuerwehr. Seine Ausbildung als Land-
maschinentechniker hat er gerade abge-
schlossen. Jetzt muss er noch zum Bundes-
heer und anschließend wird er als Bauer
beim Kerschbaumer voll einsteigen. Für Sepp
mit seinen 71 Jahren bedeutet das, dass er
es dann etwas ruhiger angehen kann.
In Leisach hat sich Sepp leicht eingelebt. Er
hat hier eine offene, freundliche Nachbar-
schaft vorgefunden; besonders die Bauern
und die Gemeindeverwaltung haben ihn
unterstützt, viele Hilfen angeboten und mit
ihm zusammengearbeitet. Der gute Zusam-
menhalt hat ihn schwer beeindruckt. Bei Ge-
sprächen im Leisacher Hof hat er sich immer
voll zugehörig gefühlt. Manchmal bedauert
er es schon, dass ihn seine zahlreichen Ver-
pflichtungen in Obertilliach nicht mehr Zeit
für die Kontaktpflege in Leisach lassen, aber
das kann ja bald besser werden.
Bei allen Schwierigkeiten, mit denen die Bau-
ern in einer Bergregion wie Osttirol zu kämp-
fen haben, sieht Sepp diesen Beruf doch als
einen der schönsten an. Die Freude an der
Natur und das Gespür für das Vieh sind Vor-
aussetzungen dafür, und das müssen die
Eltern den Kindern mitgeben. Ein bäuerlicher
Betrieb ist immer ein Familienbetrieb, des-
halb kommt der „Damenwahl“ (Auswahl der
jungen Bäuerin) eine ganz große Bedeutung
zu. Wo der Zusammenhalt in der Großfami-
lie gegeben ist, bietet die Landwirtschaft in
Verbindung mit einem umweltverträglichen
Tourismus viele Möglichkeiten.
Die EU sieht Sepp dabei als „eine, brave,
gute Kuh“, die den Bergbauern viel gebracht
hat. Ohne Zuschüsse von EU und Bund hätte
sich die Berglandwirtschaft in den letzten
20 Jahren nicht halten können. Dass da auch
viel Bürokratie dabei ist, muss man in Kauf
nehmen, sonst wären der Korruption Tür und
Tor geöffnet. „Der österreichische Amtsschim-
mel ist ein Lippizaner“, sagt Sepp und weiß
aus Erfahrung, dass man mit den Beamten
aus Wien im offenen, klärenden Gespräch
sehr viele Schikanen entschärfen kann.
Obwohl Leisach als Stadtrandgemeinde eine
ganz andere Bevölkerungsstruktur aufweist
als das Bergdorf Obertilliach, sieht Sepp
doch viele Gemeinsamkeiten. Beide Gemein-
den haben mit Abwanderung zu kämpfen
und müssen versuchen, den Zusammenhalt
im Dorf zu stärken. Das geschieht am besten
in den Vereinen. Neben den traditionellen
Vereinen findet Sepp besonders den Theater-
verein und den Schachklub als echte Berei-
cherung für Leisach. Als er nach Leisach
gekommen ist, hat ihn besonders auch die
lebendige Pfarrgemeinde mit den vielen
engagierten MitarbeiterInnen beeindruckt.
Natürlich wird Sepp Lugger, der im Sommer
2018 für seine Verdienste um die Entwick-
lung des Tourismus zum Ehrenbürger von
Obertilliach ernannt worden ist, immer ein
„Tillga“ bleiben. Zugleich fühlt er sich aber
auch als Leisacher, und zwar nicht als
halber, sondern als ganzer.
Früher wurde es in den Bergdörfern als Auf-
stieg gesehen, wenn jemand vom Berg ins
Tal gezogen ist. Obertilliach liegt auf 1.450
Metern, und da wachsen keine Kirschbäume
mehr. Leisach liegt auf 710 Metern, und auf
dem Kerschbaumerhof gibt es auch heute
noch fünf Kirschbäume. Gut, dass der
schöne, gepflegte Hof mit der Familie Lugger
passende Besitzer gefunden hat.
M. Habernig