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Seite 14

G

EMEINDE

Ich bin an den tiefsten Abgründen des Krieges gestan-

den und habe hinuntergesehen ... so oder so ähnlich

hätte der Abend mit Gabriel Forcher am „Kammerlan-

derhof“ in Thurn beginnen können! Aber der bekannte

und von allen geschätzte Tischlermeister „Gaba“

wählte seine Worte mit Bedacht:

„Ich kann euch keine

Heldengeschichten erzählen, ich war kein Held, ich er-

zähle euch nur wie es war.“

Genau das war das Motto des Abends. Und genau aus diesem

Grund haben sich über 80 Besucher auf einen spannenden

Abend am „ausverkauften“ Kammerlanderhof in Thurn am 17.

Mai 2018 eingelassen. Eingelassen auf einen Menschen, einen

Überlebenden, der Dinge erlebt hat, von denen wir von der

„Nachkriegsgeneration“ in der heutigen Zeit nicht den Funken

einer Vorstellung haben.

In seiner Begrüßung hob Bürgermeister Reinhold Kollnig die

Bedeutung hervor, die Geschehnisse dieser dunklen Zeit nicht zu

vergessen, daraus Lehren zu ziehen, den Frieden noch mehr zu

schätzen und sich am Leben zu freuen. So hat sich die Gemeinde

Thurn der Herausforderung des Gedenkjahres 2018 angenähert.

Der Fokus des Gedenkjahres wird auf die Gründung der Republik

nach Ende des Ersten Weltkrieges am 12. November 1918 sowie

auf den Untergang Österreichs durch den „Anschluss“ am 11./12.

März 1938 an „Hitler-Deutschland“ gerichtet sein.

Die Besonderheit an dieser Veranstaltung war, dass sie –

organisiert vom Ausschuss für Jugend, Familie und Senioren der

Gemeinde Thurn – in erster Linie für die Region „Sonnendörfer“

(Gaimberg, Thurn, Oberlienz) ausgeschrieben wurde. Und so

war es sehr erfreulich, dass insbesondere aus Oberlienz eine

Reihe von geschichtsinteressierten Menschen, angeführt von

Bürgermeister Martin Huber, unsere Gäste in Thurn waren.

Mir ist es wahrscheinlich so wie vielen anderen faszinierten

Zuhörern an diesem Abend ergangen. Der Abend begann mit

der Frage worauf man sich da nun eingelassen hat. Sehr schnell

wurde diese beantwortet.

Im „warmen“ Ambiente des Kammerlanderhofes begann ein

Mann, hervorragend assistiert von Tochter Barbara und ohne

irgendwelche visuellen Hilfsmittel, zu erzählen. Schnell ist es

„Gaba“ gelungen, allein durch seine unglaubliche Präsenz und

seine Stimme, uns alle in jene düstere Zeit zu führen und uns eine

ungefähre Ahnung der damaligen Geschehnisse zu vermitteln.

Im ersten Teil des Abends ging Gabriel Forcher auf

seinen Kriegseinsatz im Zweiten Weltkrieg 1944/45 ein.

Als sechzehnjähriger Bub musste er im Juni 1944 zum

Reichsarbeitsdienst nach Griffen in Kärnten einrücken. Im

Schnelldurchlauf wurde eine militärische „Grundausbildung“

absolviert, die diesen Namen nicht verdient hat. Schnell, viel

zu schnell, erfolgte der Einsatz als letztes Aufgebot an der von

vornherein verlorenen Ostfront im Burgenland!

In fesselnder Art und Weise und mit einer faszinierend

lebendigen und „jungen“ Sprache verstand es Gaba Forcher,

allen Anwesenden die Grauen des Krieges, aber auch die

Zeitzeuge Gabriel Forcher -

Mein Jahr im Kriegseinsatz 1944/45

Momente der Hoffnung und des Glücks zu vermitteln. Etliche

der geschilderten Erlebnisse haben nicht nur Gaba sondern auch

uns Zuhörern manches Mal den Atem genommen und den Hals

zugeschnürt. Der Verlust von treuen Kameraden, die Freude und

das Leid beim Aufeinandertreffen mit Jugendgefährten aus der

Heimat an der Front und vieles mehr ging bei Gabriel, aber auch

bei den Zuhörern tief hinein.

Der zweite Teil war der aufregenden und schlussendlich

erfolgreichen Flucht und der Wiederkehr in die Heimat nach

einem Kriegsjahr gewidmet.

Ein besonderes Erlebnis waren die von Gaba eindrucksvoll

„verpackten“ und vermittelten Botschaften und Werte für uns

Zuhörer. Es waren dies vor allem jene Dinge, die ihn als jungen

Buben in den dunkelsten Stunden an den dunkelsten Orten

Hoffnung und Stärke schöpfen ließen:

Der Gedanke an die Worte und die Liebe seiner Mutter, die

Kraft der Heimat beim Anblick des Honigs der Firma Gebrüder

Unterweger mitten im Kriegseinsatz, das unerschütterliche

Gottvertrauen und der Glaube an einen (weit über alle Maßen

beschäftigten) Schutzengel. All diese Werte haben dazu

beigetragen, dass er diese unsagbar schwere Zeit überlebt hat -

und noch viel mehr - gesund an Körper und Geist aus dem Krieg

heimgekehrt ist.

Beim dritten (und inoffiziellen) Teil des Abends konnten wir

noch, bestens verpflegt in der bewährten Art von den Thurner

Bäuerinnen, private Einblicke in das Leben von Gabriel Forcher

erhalten. Erstaunlich war die Erkenntnis, dass auch schlimmste

Erlebnisse nicht in der Lage waren, einen Menschen wie Gabriel

zu verhärten oder abzustumpfen! Vielmehr verlieh er seiner

Freude darüber Ausdruck, dass seinetwegen kein Soldat von der

gegnerischen Armee das Leben lassen musste.

So bleibt mir nur übrig, im Namen aller Zuhörer dieses Abends,

Dank zu sagen. Dank an Ausschussobfrau Alexandra Thaler-

Gollmitzer, ihren Stellvertreter Martin Rainer, Bernhard

Kurzthaler und Bürgermeister Reinhold Kollnig für die

Organisation eines außergewöhnlichen Abends.

Der Dank an Gaba Forcher und auch an seine Tochter Barbara

ist ein vielfacher. Unschätzbar ist sein Bemühen um unsere

Kinder. Mehr als 15 Vorträge dieser Art im Jahr hält Gabriel

Forcher an den Neuen Mittelschulen in Osttirol ab. Damit

trägt er auf eindrucksvolle und unermüdliche Art, als einer der