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FODN - 61/03/2015
MENSCHEN
Von Margit Riepler
S
ilvester zu gratulieren und ihn bei
einer gemütlichern Jause über sein
Leben „auszufratscheln“ - das
war mein Plan. Nach einer ausgiebigen
Hausführung endlich am gedeckten
Tisch angekommen, habe ich dann dem
Vestl meine Fragen aufwarten dürfen.
Mit seinen 4 Brüdern, 2 Schwestern
und natürlich den Eltern ist Silvester als
3. von 7 Kindern in Dölsach auf einem
kleinen Bauernhof aufgewachsen, den
die Eltern gepachtet hatten, um dort
eine bescheidene Fassbinderwerkstätte
betreiben zu können.
Ein Teil seiner Kindheit war geprägt
von den Auswirkungen des 2. Welt-
kriegs. An so manche Episode, als die
Engländer als Besatzungssoldaten in
Dölsach plötzlich präsent waren, kann
sich der Vestl noch gut erinnern.
Er, der sich selber als ehemaligen
Durchschnittsschüler bezeichnet, war
freudig überrascht, als es auf einmal
hieß: "Von nun an fällt die Schule
aus!", denn die Engländer brauchten
das Schulgebäude, um dort ihr Lager
aufzuschlagen. Bald sprach sich auch
herum, dass die Engländer Zigaretten
gegen Eier tauschten. Der junge Vestl
war gleich mit von der Partie, als es
darum ging, ihren Stall auf Eier zu
durchsuchten, um den Soldaten die be-
gehrte Tabakware abzuringen. Silvester
lachend: "Die erste Zigarette ist nicht
fertig geworden! Und die erste war auch
die letzte!" Auch ich muß lachen, da ich
mir gerade den Vestl beim "heimlich
rauchen" vorstelle.....
Würde ich 10 KalserInnen fragen:
"Was fällt dir zum Silvester Lindsberger
ein?", dann würden ihn wahrscheinlich
7 von diesen 10 Personen in Zusam-
menhang mit kirchlichen Aktivitäten
nennen. Nicht zu unrecht! Denn dies
ist ein Lebensbereich, in dem der Vestl
schon sehr lange und kontinuierlich tä-
tig und eigentlich nicht wegzudenken
ist. Dass das bei ihm alles so "professi-
onell" wirkt, hat vielleicht ganz viel mit
folgendem Hintergrund zu tun: Vier(!)
von den fünf Lindsberger-Brüdern sind
damals von Franziskaner-Patern in das
Haller Gymnasium geworben worden -
wohl mit der Absicht sie in weiterer Fol-
ge für den Franziskanerorden zu gewin-
nen. Silvester war einer davon. Nur an
Weihnachten, Ostern und in den Som-
merferien kamen die Geschwister auf
Heimatbesuch nach Dölsach. In Schule
und Internat Brüder um sich zu haben
tat da schon gut und machte das Heim-
weh erträglicher! Allerdings war der
überraschende Tod des ältesten Bruders,
der mittlerweile bei den Franziskanern
in Schwaz Philosophie studierte, ein
schwerer Schlag für alle.
Während Silvesters beide anderen
Brüder nach der Matura ebenfalls in
den Orden eingetreten sind, hat sich der
22-jährige Vestl nach einem "Schnup-
perjahr" beim Priesterseminar dann
doch anders entschieden!
Mein Beruf
Silvester strebte nun eine Ausbildung
an der Lehrerbildungsanstalt in Inns-
bruck an. Für Mittelschulabgänger mit
bereits abgeschlossener Matura gab es
den sogenannten Abiturientenkurs, der
ein Jahr dauerte und pädagogisch-di-
daktische Fächer betraf.
Nach einem Jahr Berufserfahrung in
der Volksschule Lavant kam Silvester
dann 1961 nach Oberpeischlach. In der
einklassigen Volksschule hat Vestl 8
Schulstufen unterrichtet und er erinnert
sich: "Der Unterricht war nicht immer
leicht, die Zeit war meist knapp!"
Neben den Schulräumlichkeiten bot
das schmal geschnittene Häuschen in
Oberpeischlach auch eine bescheidene
Dienstwohnung. Ebenso eine kleine
Küche. Doch diese wurde von Vestl
eher wenig genutzt. Lieber ging er ein
paar Schritte weiter ins Dörfl, um als
Kostgänger bei den Tegischers mit am
Tisch zu sitzen. Dort hat es ihm gut ge-
schmeckt - und noch besser: Hier hat er
seine Annemarie entdeckt! (An dieser
Stelle darf sich auch mal etwas reimen,
oder?)
Ungefähr 2 Jahre später wurde Hoch-
zeit gehalten und bis 1972 waren sie
dann zu einer 6-köpfigen Familie her-
angewachsen. Mit Elisabeth, Margareta,
Martin und Monika waren die Linds-
bergers komplett.
"Als die Volkschule in Oberpeischlach
aufgegeben wurde, kam ich 1971 nach
Dem „Vestl“ Lindsberger
alles Gute zum 80iger!
‚In vier Tagen hat der Vestl seinen runden Geburtstag!‘ - fiel mir am 13. November ein, das wäre
doch Anlass genug, jetzt zu meinen Nachbarn zu spazieren und den Jubilar und seine Frau An-
nemarie für übermorgen zu uns nach Hause einzuladen.